JudikaturOGH

14Os60/25t – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
12. Juni 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Juni 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Eißler in der Strafsache gegen * K* wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, AZ 15 U 13/25a des Bezirksgerichts Dornbirn, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des genannten Gerichts vom 28. Februar 2025, GZ 15 U 13/25a-14, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin MMag. Sauter Longitsch LL.M., und des Verurteilten K* zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom 28. Februar 2025, GZ 15 U 13/25a-14, verletzt in seinem Strafausspruch § 39a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 Z 1 StGB.

Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Ausspruch über die Strafe ebenso aufgehoben wie der zugleich ergangene Beschluss nach § 494a StPO und es wird die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Dornbirn verwiesen.

Text

Gründe:

[1] Mit unangefochten in Rechtskraft erwachsenem Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom 28. Februar 2025, GZ 15 U 13/25a-14, wurde * K* des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und „in Anwendung des § 39a StGB“ zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt.

[2] Danach hat er am 21. Dezember 2024 in H* * A* vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihn würgte, wodurch dieser Rötungen und Kratzer im Halsbereich erlitt.

[3] Zugleich fasste das Gericht den Beschluss auf Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu AZ 23 Hv 46/24h des Landesgerichts Feldkirch (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO), auf Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu AZ 21 Hv 31/23m des Landesgerichts Feldkirch (§ 494a Abs 1 Z 2 StPO) sowie dahin, dass die Entscheidung über den Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu AZ 16 Hv 131/24g des Landesgerichts Feldkirch diesem Gericht vorbehalten wird (§ 494a Abs 2 letzter Satz StPO).

[4] Nach den Urteilsf eststellungen (US 2 ff) hat der am * 1992 geborene Angeklagte am 21. Dezember 2024 in einem Linienbus in H* den 14 jährigen (vgl auch ON 2.8, 2) * A* am Hals gepackt, etwa sieben Sekunden lang gewürgt und dabei gegen die Wand in der hintersten Busreihe gedrückt, wodurch dieser einen zirka sieben Zentimeter langen Kratzer und Rötungen im Halsbereich erlitt. Als der Angeklagte den Minderjährigen würgte, hielt er es zumindest ernstlich für möglich und fand sich damit ab, diesen am Körper zu verletzen.

[5] Bei der Strafbemessung ging das Bezirksgericht auf Basis der Strafdrohung des § 83 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 39a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 Z 1 StGB – „aufgrund dessen, dass der Angeklagte seine Tat als Volljähriger gegen eine unmündige Person richtete“ – von einem Strafrahmen einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten bis zu einem Jahr aus (US 5). * K* befindet sich seit 24. April 2025 in Strafhaft (ON 22.1).

Rechtliche Beurteilung

[6] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht dieses Urteil in seinem Strafausspruch mit dem Gesetz nicht im Einklang:

[7] Das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen bedroht.

[8] Hat ein Täter eine vorsätzliche strafbare Handlung unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung als volljährige gegen eine unmündige Person begangen, tritt – wenn dieser Umstand nicht schon die Strafdrohung bestimmt – gemäß § 39a Abs 1 Z 1 (iVm Abs 2 Z 1) StGB an die Stelle der Androhung – wie hier – einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen eine Freiheitsstrafe von zwei Monaten bis zu einem Jahr.

[9] Unmündig ist, wer das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 74 Abs 1 Z 1 StGB).

[10] Da nach den Feststellungen der (volljährige) Angeklagte das ihm zur Last gelegte Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB gegen eine 14 jährige und damit nicht gegen eine unmündige Person begangen hat, lagen die Voraussetzungen des § 39a Abs 1 Z 1 StGB für einen nach § 39a Abs 2 Z 1 StGB (zwingend) verschärften Strafrahmen (vgl dazu Flora in WK² StGB § 39a Rz 19) nicht vor. Die dennoch erfolgte Anwendung des § 39a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 Z 1 StGB verletzt das Gesetz in der genannten Bestimmung.

[11] Diese Gesetzesverletzung gereicht dem Verurteilten zum Nachteil, sie war daher wie aus dem Spruch ersichtlich mit konkreter Wirkung zu verbinden (§ 292 letzter Satz StPO; zur Aufhebung des gemäß § 494a StPO gefassten Beschlusses vgl RIS-Justiz RS0100194 [T5]). V on der Kassation rechtslogisch abhängige Entscheidungen und Verfügungen gelten damit gleichfalls als beseitigt (RIS-Justiz RS0100444).