12Os21/25t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 2. April 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. Oshidari, Dr. Haslwanter LL.M., Dr. Sadoghi und Mag. Riffel in Gegenwart des Schriftführers Mag. Vogel in der Strafsache gegen S* F* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über den Antrag des J* F* auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 15. Jänner 2025, GZ 11 Hv 38/24w 83.1, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht bewilligt.
Die Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung wird zurückgewiesen.
J* F* fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1]Soweit hier von Interesse, wurde J*F* mit dem angefochtenen Urteil vom 15. Jänner 2025 des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 3 zweiter Fall SMG (A./III./) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (C./) schuldig erkannt.
[2] Nach Urteilsverkündung und Rechtsmittelbelehrung gab dieser – durch einen Verteidiger vertretene – Angeklagte keine Rechtsmittelerklärung ab (ON 83.1 S 32).
[3] Am 21. Jänner 2025 beantragte er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung und meldete diese Rechtsmittel zugleich an (ON 82.2).
[4] Dazu brachte er vor, der Verteidiger hätte das Fristende 20. Jänner 2025 „im System Advokat vermerkt“ und zur Vorbereitung einer allfälligen Rechtsmittelanmeldung bereits am 17. Jänner 2025 ein Dokument mit dieser Bezeichnung erstellt. Am selben Tag habe J* F* in einem Telefonat mit dem Verteidiger entschieden, dass „ein Rechtsmittel“ gegen das Urteil erhoben werden solle, und es sei besprochen worden, dass die Rechtsmittelanmeldung am 20. Jänner 2025 am späten Nachmittag oder am Abend eingebracht werde. Aufgrund „einer akuten persönlichen bzw familiären Krise auf Seiten des Verteidigers am 20. Jänner 2025 nachmittags“ sei aber der gebotene „letzte Blick“ in den Fristenkalender und damit auch die Rechtsmittelanmeldung unterblieben. Die Fristversäumnis sei erst am Morgen des nächsten Tages bemerkt worden.
Rechtliche Beurteilung
[5]Gemäß § 364 Abs 1 Z 1 StPO ist den Beteiligten des Verfahrens gegen die (hier) Versäumung der Frist zur Anmeldung eines Rechtsmittels die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, soweit sie (neben weiteren Voraussetzungen) nachweisen, dass ihnen die Einhaltung der Frist durch unvorhersehbare oder unabwendbare Ereignisse unmöglich war, es sei denn, dass ihnen oder ihren Vertretern ein Versehen nicht bloß minderen Grades zur Last liegt.
[6] Die Strafprozessordnung macht keinen Unterschied, ob ein zur Fristversäumnis führendes Versehen dem Angeklagten oder seinem Verteidiger, der einem erhöhten Sorgfaltsmaßstab unterliegt, unterlief. Bei eigenen Fehlern des Verteidigers in der Handhabung des Fristenwesens ist eine Wiedereinsetzung in der Regel ausgeschlossen (RISJustiz RS0101272 [T10 und T11]; Lewisch, WKStPO § 364 Rz 28).
[7] Vorliegend kann ein Versehen bloß minderen Grades nicht erblickt werden. Denn die Versäumnis ergab sich – nach getroffener Entscheidung über die Bekämpfung des Urteils – aufgrund des bewusst noch tagelangen Zuwartens mit dem Absenden des bereits vorbereiteten Schriftsatzes bis zum Abend des letzten Tages der Frist.
[8] Das Vorliegen des unvorhersehbaren oder unabwendbaren Ereignisses ist außerdem zu bescheinigen; bloße Behauptungen reichen insoweit nicht (vgl RISJustiz RS0107308; Lewisch, WKStPO § 364 Rz 43 f).
[9] An diesem Erfordernis mangelt es dem Antrag in Bezug auf die bloß pauschal ins Treffen geführte „persönliche bzw familiäre Krise“.
[10]In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war die Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde (§§ 285a Z 1, 285d Abs 1 StPO) und der Berufung (§§ 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO; vgl RISJustiz RS0100243) bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort (als verspätet) zurückzuweisen.
[11]Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.