JudikaturOGH

3Ob76/24h – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Mai 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*, vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OG in Kapfenberg, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch Mag. Leopold Zechner, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wegen 7.000 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 6. März 2024, GZ 5 R 175/23d 51, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Feststellungsklage bedarf eines konkreten, aktuellen Anlasses, der zur Hintanhaltung einer nicht bloß vermeintlichen, sondern tatsächlichen und ernstlichen Gefährdung der Rechtslage des Klägers eine ehebaldige gerichtliche Entscheidung notwendig macht (RS0039215; vgl auch RS0039071 [T1]). Ob ein dadurch entstandenes rechtliches Interesse dann wegfällt, wenn der Beklagte während des Rechtsstreits seine Rechtsanmaßung oder Rechtsbestreitung zurückzieht oder sogar den Bestand oder Nichtbestand des streitigen Rechts oder Rechtsverhältnisses im Rechtsstreit anerkennt, ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (RS0039224).

[2] 2. Aus dem Verhalten des Gegners kann nur dann ein Fortfall des Feststellungsinteresses abgeleitet werden, wenn dadurch völlig zweifelsfrei die bisher aktuelle Gefährdung der Rechtsposition auf Dauer beseitigt wird; nicht aber auch schon dann, wenn nur das streitige Rechtsverhältnis als solches während des Prozesses anerkannt oder zugestanden wird und zu befürchten ist, dass diese rein privatrechtlich wirksame Erklärung Gegenstand eines neuen Rechtsstreits werden kann (7 Ob 67/23p mwN).

[3] 3. Ob ein konstitutives Anerkenntnis vorliegt, ist durch Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln ( RS0032666 [ T6]).

[4] 4. Die Auslegung des Berufungsgerichts, wonach das vom Beklagten erklärte Anerkenntnis seiner Haftung dem Grunde nach für alle kausalen künftigen Spät und Dauerfolgen aus der von ihm begangenen schweren Körperverletzung des Klägers das Feststellungsinteresse des Klägers nicht beseitigt habe, stellt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar:

[5] 4.1. Bereits das Berufungsgericht hat zutreffend auf die Widersprüchlichkeit des Prozessvorbringens des Beklagten hingewiesen, die die Annahme eines konstitutiven Anerkenntnisses ausschließt. Der Beklagte anerkannte nämlich zwar seine Haftung dem Grunde nach für alle künftigen Spät- und Dauerfolgen, bestritt allerdings unmittelbar im Anschluss das Feststellungsinteresse des Klägers mit der Begründung, die Kausalität müsse ohnehin für jeden einzelnen künftigen Schaden im Leistungsprozess konkret geprüft werden, und wendete auch noch unmittelbar vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz ein, dass Spät oder Dauerfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen seien.

[6] 4.2. Dazu kommt, dass ein konstitutives Anerkenntnis (ein Anerkenntnisvertrag) grundsätzlich als zweiseitiges Rechtsgeschäft gegenüber dem anderen Vertragsteil erklärt oder wenigstens für ihn bestimmt und von ihm (zumindest schlüssig) angenommen werden muss (RS0032621). Auch mangels Annahme durch den Kläger scheidet hier daher ein konstitutives Anerkenntnis aus (vgl 7 Ob 67/23p).

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