JudikaturOGH

10ObS116/23s – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. Oktober 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Hofrat Dr. Nowotny als Vorsitzenden sowie den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter (Senat gemäß § 11a Abs 3 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A*, Ungarn, gegen die beklagte Partei Österreichische Gesundheitskasse, 1100 Wien, Wienerbergstraße 15–19, vertreten durch Dr. Anton Ehm ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Kinderbetreuungsgeld, infolge der Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 28. Juni 2023, GZ 8 Rs 47/23z 17, mit dem das Urteil des Arbeits und Sozialgerichts Wien vom 16. November 2022, GZ 8 Cgs 48/22i 12, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, sie unter Anschluss eines Nachweises über eine bereits erfolgte Zustellung des Urteils des Berufungsgerichts und der Revision an die Klägerin wieder vorzulegen. Sollte dies nicht möglich sein, wird dem Erstgericht aufgetragen, neuerlich eine Gleichschrift des Urteils des Berufungsgerichts und der Revision der beklagten Partei der Klägerin nachweislich zur allfälligen Erstattung einer Revisionsbeantwortung binnen vier Wochen zuzustellen sowie die Akten nach Erstattung einer Revisionsbeantwortung oder einer Revision bzw fruchtlosem Verstreichen der Frist erneut dem Obersten Gerichtshof vorzulegen.

Text

Begründung:

[1] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf Feststellung, dass die Klägerin nicht zum Rückersatz des aus Anlass der Geburt ihres Sohnes am 15. 3. 2020 bezogenen Kinderbetreuungsgeldes in Höhe von 16.617,35 EUR verpflichtet sei, statt.

[2] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil teilweise Folge. Es stellte fest, dass der von der Beklagten erhobene Anspruch auf Rückersatz der aus Anlass der Geburt des Sohnes der Klägerin am 15. 3. 2020 bezogenen Ausgleichszahlung zum Kinderbetreuungsgeld im Zeitraum 24. 5. 2020 bis 31. 1. 2021 in der Höhe von 56,33 EUR täglich nicht zu Recht bestehe. Das weitere Klagebegehren, es werde festgestellt, dass die Klägerin nicht zum Rückersatz der Ausgleichszahlung zum Kinderbetreuungsgeld im Zeitraum 1. 2. 2021 bis 14. 3. 2021 in der Höhe von 56,33 EUR täglich verpflichtet sei, wies es hingegen ab. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung zulässig sei.

[3] Gegen diese Entscheidung im Umfang der Stattgebung des Klagebegehrens hinsichtlich des Zeitraums vom 1. 8. 2020 bis 31. 1. 2021 und des unterlassenen Auftrags an die Klägerin zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Leistungen im Gesamtbetrag von 12.730,58 EUR, hilfsweise von 2.365,86 EUR richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Abweisung des Klagebegehrens und den Rückersatz von von der Klägerin unberechtigt empfangenen Leistungen anstrebt.

[4] Das Erstgericht verfügte zunächst am 4. 7. 2023 die Zustellung der Entscheidung des Berufungsgerichts an die Beklagte, die am 6. 7. 2023 erfolgte, sowie die Anfertigung einer Übersetzung der Entscheidung des Berufungsgerichts samt Rechtsmittelbelehrung in die ungarische Sprache durch die Justizbetreuungsagentur (ON 18). Nach Ablehnung dieses Auftrags durch die Justizbetreuungsagentur wegen Überlastung mit Schreiben vom 10. 7. 2023 (ON 19) und Beauftragung einer Dolmetscherin mit dieser Übersetzung durch das Erstgericht langte die Revision der Beklagten am 13. 7. 2023 beim Erstgericht ein. Am 24. 7. 2023 langte die von einer Dolmetscherin angefertigte Übersetzung der Entscheidung des Berufungsgerichts samt Rechtsmittelbelehrung beim Erstgericht ein (ON 22). Am 25. 7. 2023 verfügte das Erstgericht die Zustellung der Entscheidung des Berufungsgerichts samt Rechtsmittelbelehrung und samt deren Übersetzungen sowie die Zustellung der Revision der Beklagten an die Klägerin mit internationalem Rückschein (ON 23). Über diese Zustellung existiert zwar eine Sendungsverfolgung der Post. Ein Nachweis über die erfolgte Zustellung der Entscheidung des Berufungsgerichts samt Rechtsmittelbelehrung sowie der Revision an die Klägerin liegt hingegen nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

[5] Die Aktenvorlage ist verfrüht.

[6] Der Klägerin steht es im vorliegenden Fall frei, eine Revision gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts innerhalb der Frist des § 505 Abs 2 ZPO beim Erstgericht (§ 505 Abs 1 ZPO) einzubringen sowie eine Revisionsbeantwortung zur Revision der Beklagten zu erstatten. Nach § 22 Abs 1 ZustG ist die Zustellung vom Zusteller auf dem Zustellnachweis zu beurkunden. Die vom Zusteller ausgestellten Zustellnachweise sind nach § 292 Abs 1 ZPO öffentliche Urkunden, die – wenn sie die gehörige äußere Form aufweisen – den vollen Beweis dafür erbringen, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist (RS0036420; RS0006957 [T5]).

[7] Das Erstgericht wird daher einen derartigen Nachweis über eine bereits erfolgte Zustellung der Entscheidung des Berufungsgerichts samt Rechtsmittelbelehrung sowie der Revision der Beklagten an die Klägerin vorzulegen haben. Sollte dies nicht möglich sein, wird das Erstgericht diese Schriftstücke neuerlich an die Klägerin zuzustellen haben. In diesem Fall ist der Akt erst nach Einlangen einer Revision der Klägerin sowie einer dazu erstatteten Revisionsbeantwortung der Beklagten sowie nach Erstattung einer Revisionsbeantwortung der Klägerin zur Revision der Beklagten oder nach fruchtlosem Ablauf der dafür jeweils erforderlichen Fristen wieder vorzulegen.