JudikaturOGH

5Ob645/77 – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. September 1977

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Sobalik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel, Dr. Marold, Dr. Resch und Dr. Kuderna als Richter, in der Rechtssache des Dr. Ing. P*, vertreten durch Dr. Alfons Leuprecht, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die Antragsgegnerin Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Rosenbursenstraße 1, wegen Festsetzung einer Enteignungsentschädigung, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 17. Juni 1977, GZ 2 R 166/77 80, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Rattenberg vom 23. März 1977, GZ 1 Nc 253/70 74, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 20. 3. 1970, ZI. II b-298/10 1970, wurden Teilflächen der Liegenschaft EZ 204 II KG * für den Bau der *Autobahn enteignet.

Das wegen Festsetzung der Enteignungsentschädigung angerufene Erstgericht hat mit seinem Beschluß den unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Zahlung von S 400.400,-- von der Republik Österreich noch zu leistenden restlichen Entschädigungsbetrag für diese Liegenschaften mit S 120.690,-- zuzüglich 4 % Verzugszinsen ab der Zustellung dieses Beschlusses an die Finanzprokuratur als Vertreter der Republik Österreich festgestellt. Der Entschädigungsbetrag wurde hinsichtlich des aus der Gp. 17* enteigneten Teiles von 7.194 m 2 mit S 19,50 je Quadratmeter und hinsichtlich des aus der Gp. 19* enteigneten Teiles von 2.475 m 2 mit S 110,-- je Quadratmeter berechnet, wozu noch S 49.500,-- für einen Zaun und S 2.000,-- für den Stadel kommen, sodaß der Gesamtentschädigungsbetrag auf der Berechnungsgrundlage März 1970 mit S 463.813,-- bestimmt wurde. Das Erstgericht erachtete, daß in Zeiten stärkeren Geldwertschwundes bei gleichzeitiger mehrjähriger Dauer des gerichtlichen Verfahrens zur Festsetzung der Enteignungsentschädigung diese nicht auf den Zeitpunkt der Enteignung, sondern unter Bedachtnahme auf die zwischenzeitige Indexänderungen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen sei. Es gelangte demnach unter Anwendung des Verbraucherpreisindex und der Berücksichtigung einer am 17. 11. 1970 geleisteten Zahlung der Antragsgegnerin von S 400.400,-- zu einer Valorisierung des offenen Rechnungsbetrages an Enteignungsentschädigung auf S 120.690,--.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin nur insoweit Folge, daß es die erstgerichtliche Entscheidung in ihrem Ausspruch über die Zinsen dahin abänderte, daß der restliche Entschädigungsbetrag von S 120.690,-- zuzüglich 4 % Zinsen vom Tage der Zustellung der Entscheidung zu leisten sei, soferne die Republik Österreich den Entschädigungsbetrag später als 14 Tage nach Zustellung der Entscheidung bezahle. Der Begründung der rekursgerichtlichen Entscheidung ist ausdrücklich und unzweifelhaft zu entnehmen, daß der erstgerichtliche Beschluß in seiner Entscheidung über die Hauptsache, insbesondere in dem allein streitigen Belange der Aufwertung des Entschädigungsbetrages voll bestätigt wurde und seine Abänderung nur im Hinblick auf den Zinsenzuspruch erfolgte.

Die Antragsgegnerin bekämpft den rekursgerichtlichen Beschluß mit Revisionsrekurs insoweit, als eine Enteignungsentschädigung von mehr als S 63.413,-- samt Anhang festgesetzt wurde, aus den Rekursgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung.

Das Rekursgericht hat die erstgerichtliche Entscheidung nur in ihrem Ausspruche über den Verzugszinsenanspruch, sohin nur in einem Ausspruch über Nebenforderungen abgeändert. Nach der Vorschrift des § 502 Abs 3 ZPO zweiter Satz, in der Fassung BGBl 1971/291 gilt ein Urteil auch dann im Sinne des § 502 Abs 3 Satz 1 ZPO als bestätigend, wenn das Berufungsgericht das Urteil der ersten Instanz nur in seinem Ausspruch über Nebenforderungen abgeändert hat. Ziel dieser Novellierung war, die Bestimmungen über die Revisionsbeschränkung mit den Grundsätzen über die Festsetzung des Streitwertes (§§ 5460 JN) in Übereinstimmung zu bringen (420 BlgNR XII. GP 3). Dies hat nicht nur im Prozeß im Hinblick auf die angeführte Bestimmung zu gelten, sondern auch im Außerstreitverfahren bezüglich des § 16 Abs 1, weil die Entscheidungen der zweiten Instanz über einen Beschwerdegegenstand, der oder dessen Wert S 2.000,-- nicht übersteigt, nicht anfechtbar sind (§ 14 Abs 2 AußStrG). In sinngemäßer Anwendung des § 54 Abs 2 JN sind Zinsen als Nebenforderungen bei der Wertberechnung nicht zu berücksichtigen. Da das Rekursgericht die erstgerichtliche Entscheidung nur im Punkte der Verzugszinsen abänderte, sie aber in der Hauptsache, die allein Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist, bestätigte, ist eine Überprüfung der rekursgerichtlichen Entscheidung nur aus den Gründen des § 16 AußStrG zulässig, weil diese Bestimmung auch im Verfahren wegen Festsetzung einer Entschädigung nach den Vorschriften des Eisenbahnenteignungsgesetzes gilt (vgl. SZ 23/10, SZ 33/73 ua).

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels eines in dieser Gesetzesstelle erschöpfend aufgezählten Beschwerdegrundes unzulässig. Das Vorliegen einer Aktenwidrigkeit oder einer Nichtigkeit wird im Revisionsrekurs nicht behauptet und ist auch aus dem Akteninhalt nicht erkennbar. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit ist aber nur dann gegeben, wenn eine Frage im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel an der Absicht des Gesetzgebers bestehen kann und dennoch gegenteilig entschieden wurde. Bei Besetzung einer Entschädigung nach dem Eisenbahnenteignungsgesetz, das in Enteignungsfällen nach dem Bundesstraßengesetz sinngemäß anzuwenden ist, könnte dies nur dann der Fall sein, wenn die in den §§ 4 f EisenbEntG festgelegten Richtlinien offenbar verletzt wären. Die strittige Frage, ob bei der Festsetzung der Enteignungsentschädigung auf Geldwertveränderungen zwischen dem Zeitpunkt der Enteignung und dem Zeitpunkt der Beschlußfassung des Gerichtes über die Höhe der Enteignungsentschädigung Bedacht zu nehmen ist, wurde aber im Gesetze nicht geregelt. Eine Regelung fehlt auch hinsichtlich des Aufwertungsmaßstabes und des Umfanges der Aufwertung bei Enteignungsentschädigungen.

Auch der behauptete Widerspruch der angefochtenen Entscheidung zu einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vermag den zulässigen Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit nicht zu begründen.

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.