1Ob548/77 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Petretto, Dr. Schragel, Dr. Petrasch und Dr. Schubert als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J* H*, Beamter, *, vertreten durch Dr. Karl Rudeck und Dr. Peter Rudeck, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei I* H*, Beamtin, *, vertreten durch Dr. Othmar Slunsky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalts (Streitwert 72.000,-- S) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 30. November 1976, GZ 45 R 492/76 12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 21. Mai 1976, GZ 26 C 88/76 7 abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.299.52 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon 155,52 S Umsatzsteuer und 1.200,-- S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile sind verheiratet und wohnen in derselben Wohnung getrennt; ein Ehescheidungsverfahren ist anhängig. Der Kläger ist für seinen ehelichen Sohn G*, geboren am * 1962, den er unmittelbar versorgt, und seine eheliche Tochter A*, geboren am * 1964, unterhaltspflichtig. Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 20. 12. 1974, 30 C 1984/74, wurde der Kläger verhalten, der Beklagten ab 1. 11. 1974 einen monatlichen Unterhalt von 3.000,-- S zu bezahlen; ein Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 1.500,-- S monatlich wurde abgewiesen. Festgestellt wurde, daß die Beklagte als Beamtin 6.158,29 S 14 mal jährlich, der Kläger, ebenfalls als Beamter, 181.803,69 S jährlich, sohin durchschnittlich 15.150,28 S monatlich verdiene sowie für die gemeinsame Wohnung einen monatlichen Aufwand von durchschnittlich 750,-- S zu leisten habe. Rechtlich ging das Bezirksgericht Innere Stadt Wien davon aus, daß der Kläger der Beklagten als seiner Ehegattin gemäß § 91 ABGB nach seinem Vermögen den anständigen Unterhalt zu verschaffen habe. Der Unterhaltsanspruch der Ehegattin während aufrechter Ehe sei an und für sich ein unbedingter und vom eigenen Einkommen der Ehegattin unabhängig, sofern dies nicht zu einem unbilligen Ergebnis führe. Bei Berücksichtigung des Einkommens beider Teile und der Sorgepflicht des Klägers sei ein Unterhaltsbetrag von 3.000.-- S monatlich angemessen. Ein weiterer Zuspruch würde mit Rücksicht auf das eigene Einkommen der Beklagten zu einem unbilligen Ergebnis führen, da unter diesen Umständen unter Berücksichtigung der Sorgepflichten des Klägers für die ehelichen Kinder ein bedeutendes Mißverhältnis zwischen dem dem Kläger verbleibenden Einkommen und dem der Beklagten entstehen würde.
Unter Berufung auf das mit 1. Jänner 1976 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe, BGBl 1975/412, durch das eine wesentliche, eine Abänderung der seinerzeitigen Unterhaltsentscheidung rechtfertigende Änderung der Grundlage eingetreten sei, auf welcher die Unterhaltsentscheidung vom 20. 12. 1974 ergangen sei, begehrt der Kläger ab 1. 2. 1976 die Herabsetzung seiner monatlichen Unterhaltsverpflichtung auf 1.000,-- S monatlich. Die Beklagte wendete dagegen ein, daß die Vorentscheidung die Änderung der Rechtslage bereits vorweggenommen habe. Im Verfahren wurde außer Streit gestellt, daß beide Ehegatten derzeit zwar ein etwas höheres Einkommen bezögen, sich aber an der Relation der Gehälter nichts geändert habe. Der Kläger verwies darauf, daß sich auch seine Aufwendungen für die Kinder und die Wohnung entsprechend erhöht hätten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger stütze sein Begehren ausdrücklich darauf, daß sich die Rechtslage seit Fällung der Vorentscheidung gravierend geändert habe. Richtig sei auch, daß bei der Vorentscheidung die Unterhaltspflicht des Ehemannes vom eigenen Vermögen (Einkommen, Erwerb) der Ehegattin grundsätzlich unabhängig gewesen, sei. Die Rechtsprechung habe jedoch aus der Beistandspflicht und unter Bedachtnahme auf den Gleichheitsgrundsatz des Bundes-Verfassungsgesetzes schon seinerzeit die Auffassung vertreten, daß jeder Ehegatte nach seinen Kräften zum Unterhalt beizutragen habe und daher bei der Bemessung des der Ehefrau gebührenden Unterhaltes im Hinblick auf ihr Einkommen und den dem Ehegatten verbleibenden Einkommensteil kein unbilliges Ergebnis entstehen dürfe; letzteres sei dann anzunehmen, wenn dem Ehemann im Ergebnis weniger Mittel zur Bestreitung des Unterhaltes zur Verfügung stünden als der Ehefrau. Diese Rechtsprechung habe ebenso wie die neue Unterhaltsregelung zum Ziel gehabt, dem Grundsatz gleichberechtigter und gleichverpflichteter Partnerschaft zum Durchbruch zu verhelfen. Die nunmehr im § 94 ABGB ausdrücklich statuierte Regelung, daß die Ehegatten nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsam beizutragen haben, und deren Zielsetzung seien somit von den Gerichten schon vor deren Inkrafttreten in einhelliger Rechtsprechung verwirklicht worden. Eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen sei vom Kläger nicht behauptet, eine wesentliche Änderung der Rechtslage aber durch § 94 ABGB nicht herbeigeführt worden.
Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es den Kläger ab 1. 2. 1976 nur mehr zu einer Unterhaltszahlung von 1.000,-- S monatlich an die Beklagte verhielt. Die Rechtskraft eines Unterhalt auferlegenden Urteiles stehe bei Änderung des ihm zugrundegelegten Sachverhaltes einer späteren Unterhaltserhöhungs- bzw. -herabsetzungsklage nicht entgegen. Für die in Zukunft fällig werdenden Unterhaltsbeträge sei nicht nur auf eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, sondern auch auf eine Änderung der Rechtslage abzustellen, da der Wille des Gesetzgebers, durch den der Anspruch eine inhaltliche oder umfängliche Änderung erfahren habe, bei der Gestaltung der Unterhaltsregelung für die Zukunft sehr wohl Beachtung zu finden habe. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe sei eine erhebliche Änderung der Rechtslage eingetreten, da § 94 ABGB nunmehr ausdrücklich auf die Einkünfte des unterhaltsberechtigten Ehegatten Bezug nehme und deren Berücksichtigung vorschreibe. Habe die frühere Rechtslage der Ehefrau grundsätzlich einen unbedingten, von eigenen Einkünften unabhängigen Anspruch gegeben, dessen Anerkennung die Rechtsprechung nur abgelehnt habe, wenn dies zu einem so unbilligen Ergebnis geführt hätte, daß der dem Ehemann verbleibende Teil des Einkommens niedriger gewesen wäre als das Einkommen der Ehefrau, wird nun die Berücksichtigung des Einkommens des unterhaltspflichtigen Ehegatten vom Gesetz ausdrücklich angeordnet. Die Absicht des Gesetzes gehe dahin, nicht nur die Vorrangstellung des Ehemannes, sondern auch den Überhang an Pflichten, die ihm das bis 31. 12. 1975 geltende Recht auferlegt habe, zu beseitigen. Bei Berufstätigkeit beider Ehegatten könne eine Unterhaltsverpflichtung eines Partners nur eintreten, wenn ihre Einkommenshöhen erheblich auseinanderklaffen und der wirtschaftlich schwächere Ehegatte nicht in der Lage sei, die den gemeinsamen Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Bedürfnisse aus eigenem Einkommen zu decken. Es komme nur eine Bemessung in der Form in Frage, daß bei größeren Einkommensdifferenzen im Wege einer Unterhaltsverpflichtung dem wirtschaftlich Schwächeren ein angemessener Teil am Familieneinkommen gesichert werde, der aber nicht zu einem Ausgleich der beiderseitigen Einkommenshöhen, zu einer Nivellierung, führen dürfe. Die Beklagte habe bei einer Sorgepflicht des Klägers für zwei Kinder ein eigenes Einkommen von rund 32 % des Familieneinkommens. Da sich an den Sorgepflichten und der Relation der Einkommen der Streitteile nichts geändert habe, bedürfe es keiner weiteren Feststellungen, um dahin zu gelangen, daß die begehrte Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung des Klägers von 1.000,-- S monatlich der neuen Rechtsklage jedenfalls entspreche.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten, die den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag geltend macht, das angefochtene Urteil abzuändern und das Klagebegehren abzuweisen.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben und das Urteil des Berufungsgerichtes zu bestätigen. Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.
Gemäß § 502 Abs 2 Z 1 ZPO ist gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes über die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes ein weiterer Rechtszug unzulässig. Zur Bemessung des Unterhaltes gehört die Beurteilung der Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten, der zur Deckung dieser Bedürfnisse vorhandenen Mittel, die vor der Leistung des Unterhaltspflichtigen heranzuziehen sind, sowie der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (Judikat 60 neu = SZ 27/177 u.v.a.). Im Revisionsverfahren ist strittig, ob eine Rechtsänderung die Herabsetzung einer rechtskräftig festgesetzten Unterhaltsverpflichtung rechtfertigen kann. Diese Frage hat mit der Beurteilung der eben genannten als Bemessung anzusehenden Kriterien nichts zu tun. Der Oberste Gerichtshof hat daher auch schon ausgesprochen, daß die Beurteilung der Frage, ob die durch das Bundesgesetz über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe, BGBl 1975/412, entstandene neue Rechtslage eine Änderung des rechtskräftig zuerkannten Unterhaltsanspruches bewirken kann und trotz Bestehens einer rechtskräftigen Entscheidung über die Unterhaltsbemessung nach früherer Gesetzeslage ein Begehren auf Herabsetzung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches oder dessen Neufestsetzung mit Null zulässig erscheinen läßt, keine Frage der Unterhaltsbemessung ist (1 Ob 816/76). Bei Klärung dieser grundsätzlichen Frage geht es nicht um einen Bemessungsvorgang, sondern darum, ob mit einer Gesetzesänderung solche Änderungen eingetreten sind, daß eine Neubemessung stattfinden könnte. Es ist rechtlich zu klären, ob einer neuen Klageführung die Rechtskraft der Vorentscheidung im Wege steht. Bei der Beurteilung verfahrensrechtlicher Voraussetzungen der Entscheidung über ein gestelltes Begehren auf Unterhaltsbemessung handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung nicht um eine Bemessungsfrage (Judikat 60 neu = 27/177; SZ 45/31; EvBl 1969/168; RZ 1968, 137 u.a.; Fasching IV 272). Das gilt insbesondere, wenn es um die Beurteilung der Frage geht, ob einer Unterhaltsklage die Rechtskraft einer Vorentscheidung im Wege steht (EvBl 1958/323). Stellung zu nehmen ist nur noch zur Frage, ob das Bestreiten der Berechtigung einer neuen Klageführung als prozessuale Einwendung der Rechtskraft angesehen werden müßte, über die beschlußmäßig zu entscheiden wäre. Zur Abgrenzung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit wird einhellig die Ansicht vertreten, daß dann, wenn die die Zuständigkeit begründenden Tatsachen mit den den Klageanspruch begründenden Umständen zusammenfallen, die unbewiesene Behauptung dieser Tatsachen in der Klage genügt, um die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes zu begründen, und daß die Klage abzuweisen ist, wenn sich im Verfahren die Unrichtigkeit des behaupteten Anspruches herausstellt (EvBl 1968/239; SZ 39/192; SZ 26/109 u.a.). Behauptet der Kläger eine Änderung der Umstände nach Ergehen der Vorentscheidung, die eine neue Klage rechtfertigen, ist die Rechtslage nicht anders. Wenn sich die Behauptung als unrichtig herausstellt, ist das Klagebegehren also abzuweisen, nicht aber die Klage wegen Rechtskraft zurückzuweisen.
Grundsätzlich kommt einer nicht mehr anfechtbaren Entscheidung Rechtskraftwirkung zu (§ 411 ZPO). Die damit verbundene Einmaligkeitswirkung schließt zwischen den selben Parteien die neuerliche Verfolgung eines identen Anspruches, der auf denselben rechtserzeugenden Tatsachen aufbaut, aus und verwehrt die Sachverhandlung und die Entscheidung über das idente Rechtsschutzbegehren (EvBl 1969/343; Fasching III 694). Ständige Rechtsprechung ist es jedoch, daß die materielle Rechtskraft erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung eingetretenen rechtserheblichen Änderungen des rechtserzeugenden Tatbestandes nicht standhält, so daß eine neue selbständige Klage gerechtfertigt ist (SZ 41/179; SZ 40/120; RZ 1957, 123; SZ 22/167 u.a.; Fasching III 724). Das gilt insbesondere für Unterhaltsansprüche (EvBl 1958/323; Fasching III 725). Zur Frage, ob auch eine Änderung der Rechtslage eine neue Klage zuläßt, ist gewiß der Auffassung FaschingsIII 726 beizupflichten, daß es eine Folge der Fixierung des Streitverhältnisses auf den Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung auch ist, daß die auf Grund der Rechtslage zu diesem Zeitpunkt erflossene Entscheidung grundsätzlich nicht dadurch ihre Rechtskraftwirkung verliert, daß nachher eine Änderung der Rechtslage eingetreten ist. Diese Rechtsauffassung gilt aber nur für den Fall, daß es sich um einen Rechtsstreit handelt, bei dem die Fälligkeit des Anspruches zur Zeit der Urteilsschöpfung bereits eingetreten war (§ 406 Satz 1 ZPO). Anders ist es bei Ansprüchen auf Gewährung des gesetzlichen Unterhaltes, wenn gemäß § 406 Satz 2 ZPO zu Leistungen verurteilt wurde, welche erst nach der Erlassung des Urteiles fällig werden. Bei der Zulassung zur Verurteilung zu erst künftig fällig werdenden Leistungen handelt es sich um eine aus Zweckmäßigkeitsgründen getroffene gesetzliche Regelung, um dem Anspruchsberechtigten nicht nur die Führung zahlreicher Prozesse zu ersparen, sondern auch zu gewährleisten, daß die Ansprüche laufend und zeitgerecht erfüllt werden. Die Entscheidung des Prozeßgerichtes muß auch in einem solchen Fall nicht nur auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse ergehen, wie sie zur Zeit des Schlusses der Verhandlung bestanden, sondern auch auf Grund der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage. Der Entscheidung liegt dann die Annahme zugrunde, daß auch die Rechtsgrundlage des Anspruches in Zukunft unverändert bleibe. Tritt eine Änderung der Rechtslage für dieses Dauerschuldverhältnis ein, muß sich jede Partei ohne Rücksicht auf die Rechtskraft der Vorentscheidung darauf berufen können. Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits ausgesprochen, daß ein Urteil, mit dem dem Ehemann die Leistung des Unterhaltes an seine Ehegattin aufgetragen wurde, nicht über den Zeitpunkt der Scheidung hinaus wirke, weil durch die Scheidung eine Änderung des Rechtsgrundes des Unterhaltsanspruches eintritt (SZ 24/75). Nichts anderes kann aber gelten, wenn die Änderung der Rechtsgrundlage eines Unterhaltsanspruches nicht durch eine rechtsgestaltende gerichtliche Entscheidung wie ein Ehescheidungsurteil, sondern durch Gesetz eintritt. In einem solchen Fall ist die Rechtsgrundlage, auf Grund derer mit der rechtskräftigen Vorentscheidung unter der Annahme der Weitergeltung der bisherigen Bestimmungen die Unterhaltsverpflichtung für die Zukunft auferlegt worden war, weggefallen, so daß auch einer Klage unter Berufung auf die neue Gesetzeslage die Rechtskraft der bisherigen Entscheidung nicht mehr im Wege steht. In diesem Sinne anerkennt Fasching a.a.O. 726, daß eine Änderung der Rechtslage nach dem Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung im rechtskräftig beendeten Prozeß sehr wohl einen neuen Anspruch ab dem Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit gewähren kann. Der Oberste Gerichtshof hat daher auch schon für noch nicht rechtskräftig beendete Unterhaltsstreitigkeiten zwischen Ehegatten zu der durch das Bundesgesetz über die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe, BGBl 1975/412, entstandenen Rechtslage ausgeführt, daß das Gericht auf diese Gesetzesänderung in jeder Lage des Rechtsstreites, also auch noch im Rechtsmittelverfahren, Bedacht zu nehmen hat, sofern die neuen Bestimmungen ihrem Inhalt nach auf das in Streit stehende Rechtsverhältnis anzuwenden sind; bei Unterhaltsansprüchen für die Zukunft war damit auf das bereits in Kraft getretene Gesetz Bedacht zu nehmen (1 Ob 671, 672/76; 1 Ob 610, 611/76; 5 Ob 522/76). Es ist demnach der Anspruch auf Unterhalt für die Zeit vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes (1. 1. 1976) nach altem Recht, für die Zeit nachher nach der neuen Rechtslage zu beurteilen (JBl 1976, 581). War ein Unterhaltsstreit zu einem Zeitpunkt beendet, zu dem die neue Rechtslage noch nicht zu berücksichtigen, ja noch nicht einmal bekannt war, wurden aber Unterhaltsverpflichtungen festgesetzt, die über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Gesetzes durch Auferlegung künftig fällig werdender Unterhaltsverpflichtungen Bedeutung haben mußten, muß dann aber ohne Rücksicht auf die Rechtskraft dieser Entscheidung jedem Teil das Recht zustehen, die Änderung der Unterhaltsverpflichtung unter Bedachtnahme auf das neue Recht zu verlangen, wenn dadurch eine Änderung der materiellen Rechtslage eingetreten ist (1 Ob 816/76; JBl 1976, 481).
Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, daß das Bundesgesetz über die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe im neuen § 94 ABGB eine wesentliche Änderung der materiellen Rechtslage brachte. Nach § 91 ABGB alter Fassung hatte der Ehemann die Verbindlichkeit, der Ehegattin nach seinem Vermögen den anständigen Unterhalt zu verschaffen. Nach dem Konzept des Gesetzes war der Unterhaltsanspruch der Ehefrau grundsätzlich ein unbedingter, d.h. von ihrem Einkommen völlig unabhängig. Einer verbreiteten, aber umstrittenen Lehrmeinung (vgl. dazu Koziol-Welser 3II 157 und die unter Fußnote 7 zitierte Literatur) folgend berücksichtigte zwar die Rechtsprechung bis zu einem gewissen Grad den Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse und verpflichtete die Frau, die selbst Einkommen besaß, zu einem verhältnismäßigen Beitrag zum gemeinsamen ehelichen Aufwand. Auch das Erstgericht trug dieser durch die Rechtsprechung des Landesgerichtes für ZRS Wien gedeckten Auffassung in seiner Entscheidung vom 20. 12. 1974 dahin Rechnung, daß es zwar davon ausging, daß der Unterhaltsanspruch der Ehegattin während aufrechter Ehe an und für sich ein unbedingter und vom eigenen Einkommen unabhängig sei, aber nur „sofern dies nicht zu einem unbilligen Ergebnis führe“; als unbillig erachtete das Erstgericht ein bedeutendes Mißverhältnis zwischen dem dem Ehemann verbleibenden Einkommen und dem der Ehefrau, wie es durch die Unterhaltsverpflichtung entstehen würde. Es kann keine Frage sein, daß Billigkeitserwägungen den Grundsatz des Gesetzes nicht beseitigen, sondern nur unangemessen Ergebnisse mildern konnten. Mit dem neuen § 94 ABGB ist eine Änderung der Rechtslage eingetreten, die vom Grundsatz gleichberechtigter und gleichverpflichteter Partnerschaft ausgeht, so daß beide Ehegatten zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsam beizutragen haben (Justizausschußbericht, 1662 Blg. NR. XIII. GP.); die Begriffe „nach ihren Kräften“ und „gemäß der Gestaltung ihrer Lebensgemeinschaft“ im § 94 Abs 1 ABGB geben dabei die Rechtsgrundlage für eine gerechte und zweckmäßige Aufteilung und Gestaltung der Beiträge der Ehegatten im Einzelfall ( Ent in Ent-Hopf, Die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe, 127). Auch beim Ehegatten, der den Haushalt führt(e), sind die eigenen Einkünfte angemessen zu berücksichtigen (§ 94 Abs 2 ABGB; 1 Ob 508, 509/77). Nur mehr eine wesentlich verschiedene Höhe der Einkommen zweier berufstätiger Ehegatten führt dazu, daß der Ehegatte mit höherem Einkommen dem Ehegatten mit niedrigerem Einkommen Mittel zuschießen muß, um diesem die Deckung der den Lebensverhältnissen beider Ehegatten angemessenen Bedürfnisse zu ermöglichen ( Ent a.a.O. 57). Diese grundlegende Neuregelung des Unterhaltsrechtes der Ehegatten rechtfertigt dann aber die Erhebung einer Klage auf Neufestsetzung des Unterhaltes wegen wesentlicher Änderung der materiellen Rechtslage, auch wenn schon nach der alten Rechtslage aus Billigkeitsgründen auf das eigene Einkommen der Ehegattin bis zu einem gewissen Grad Bedacht genommen worden war; es kann nämlich keine Frage bestehen, daß die neue Gesetzeslage, die den unbedingten Unterhaltsanspruch der Ehegatten beseitigte, zu einem anderen Ergebnis führen kann. Der Auffassung der Beklagten, daß das neue Gesetz lediglich die frühere Rechtslage neu definierte, ist ebensowenig beizupflichten wie der Meinung, daß keine wesentliche Änderung der Rechtslage eingetreten sei; die Beklagte gibt in ihrer Revision im übrigen selbst zu, daß die neue Rechtslage die Berücksichtigung des eigenen Einkommens der Ehefrau in erheblicherem Ausmaß ermöglichen kann. Die Rechtskraft der Vorentscheidung stand damit aber der nunmehrigen Klage auf Herabsetzung der seinerzeitigen Unterhaltsverpflichtung nicht im Wege. Ob bzw. inwieweit eine solche Herabsetzung stattzufinden hat, ist eine Frage der Unterhaltsbemessung und wird auch von der Revision richtigerweise nicht berührt. Ihr ist ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.