JudikaturLG Innsbruck

54 R 18/13p – LG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
07. Februar 2013

Kopf

Das Landesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat durch HR Dr. Grössl als Vorsitzenden sowie Dr. Weber und Dr. Nigg als weitere Mitglieder des Senats in der Sachwalterschafts- sache für A* , vertreten durch die Sachwalterin Dr. B*, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, über den Rekurs der Sachwalterin gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 13.12.2012, **-37, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird k e i n e Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls u n z u l ä s s i g .

Text

BEGRÜNDUNG:

Dr. B* wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 30.5.2011 (ON 16) zur Sachwalterin für die Betroffene bestellt. Sie hat alle Angelegenheiten für die Betroffene zu besorgen.

Die Sachwalterin übergab am 8.10.2012 den Jahresbericht samt Rechnungslegung für den Zeitraum 5.9.2011 bis 5.9.2012. Darin begehrte die Sachwalterin für diesen Zeitraum (unter anderem) eine Entschädigung von insgesamt EUR 7.169,98 (10 % der Einkünfte in Höhe von EUR 12.699,76 = EUR 1.269,98; sowie 2 % des EUR 10.000,-- übersteigenden Vermögens in Höhe von EUR 295,000,-- = EUR 5.900,--).

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht - soweit im Rekursverfahren von Relevanz - die Entschädigung der Sachwalterin mit EUR 2.941,79 festgelegt und das Mehr- begehren von EUR 4.228,19 abgewiesen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht hiezu aus, dass gemäß § 276 Abs 1 ABGB eine jährliche Entschädigung in Höhe von 5 % - bei besonders umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen des Sachwalters in Höhe von 10 % - der Einkünfte gebühre. Des Weitere bestehe ein Anspruch von bis zu 2 % des EUR 10.000,-- übersteigenden Vermögens. Eine Entschädigung von 10 % vom Einkommen der Betroffenen sei hier im Hinblick auf die unüblich umfangreiche und erfolgreiche Tätigkeit der Sachwalterin zuzuerkennen. Bei der Ermittlung des Werts des Vermögens sei nach derzeit jüngster Judikatur nicht vom Schätzwert der Liegenschaft auszugehen, sondern vom dreifachen Einheitswert, somit von EUR 72.752,76. Unter Berücksichtigung des Kontoguthabens und Taschengeldguthabens abzüglich des im Gesetz genannten Sockelbetrags errechne sich daher hinsichtlich des Ver- mögens der Betroffenen eine Bemessungsgrundlage von EUR 66.213,53. Die Schulden seien beim Vermögen hingegen nicht zum Abzug zu bringen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der fristgerechte Rekurs der Sachwalterin mit dem Antrag, die erstgerichtliche Entscheidung im Umfang der Abweisung von EUR 4.228,19 auf- zuheben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen; hilfsweise wird beantragt, den angefochtenen Beschluss dahin abzu- ändern, dass „die Entschädigung auf Basis der Bemessungsgrundlage Schätzwert der Liegenschaft abzüglich EUR 10.000,-- neu bemessen werde”.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

§ 167 Abs 2 AußStrG sind unbewegliche Sachen grundsätzlich mit ihrem dreifachen Einheits- wert zu bewerten. Nur dann, wenn eine Partei dies beantragt oder es im Interesse des Pflege- befohlenen erforderlich ist, ist die unbewegliche Sache nach dem Liegenschaftsbewertungs- gesetz zu bewerten.

Legt man vorliegendenfalls dem Liegenschaftsvermögen der Betroffenen den dreifachen Einheitswert zugrunde, so ergibt sich auch unter Berücksichtigung ihres sonstigen dokumentierten Vermögens, dass dieses insgesamt EUR 100.000,-- nicht übersteigt. Aus dem Akteninhalt geht nicht hervor, dass die Sachwalterin als Vertreterin der Betroffenen und damit

Verfahrenspartei zu irgendeinem Zeitpunkt im Zusammenhang mit der Frage, ob für die Überwachung der Verwaltung des Pflegschaftsvermögens die Zuständigkeit des Richters gegeben ist oder die Zuständigkeit des Rechtspflegers iSd § 19 RpflG gegeben ist, eine Bewertung des Liegenschaftsvermögens im Sinne der Bestimmungen des Liegenschaftsbewertungsgesetzes gemäß § 167 Abs 2 zweiter Fall AußStrG beantragt hat. Soweit nunmehr die Sachwalterin den Wert des Liegenschaftsvermögens im Sinne des Verkehrswertes angewandt sehen will, so handelt es sich bei diesen Ausführungen aus- schließlich um solche im Zusammenhang mit der Berechnung der von ihr angestrebten Entlohnung, nicht aber für die Zuständigkeit zur Entscheidung in gegenständlicher Sachwalterschaftssache iSd § 19 Abs 2 RpflG. Letztlich ist noch darauf hinzuweisen, dass aus dem Akteninhalt auch der dritte Fall des § 167 Abs 2 AußStrG nicht ersichtlich ist, nämlich dass die Anwendung der Liegenschaftsbewertungsregeln und damit des Verkehrswerts im Zusammenhang mit der Berechnung des Vermögens der Betroffenen in deren Interesse läge.

Zusammengefasst ist daher im Zusammenhang mit der von der Sachwalterin geltend gemachten Nichtigkeit festzuhalten, dass nach der grundsätzlich anzuwendenden Bewertung nach dem Einheitswert ein Vermögen der Betroffenen, welches EUR 100.000,-- übersteigt, nicht vorliegt, sodass zu Recht der gegenständliche Beschluss vom zuständigen Rechtspfleger erlassen wurde. Die von der Sachwalterin behauptete Nichtigkeit liegt daher nicht vor.

Das Rekursgericht teilt diese Rechtsansicht nicht.

Vielmehr folgt der erkennende Senat hinsichtlich der Bewertung von Liegenschaften der über- wiegenden Rechtsprechung der zweitinstanzlichen Gerichte, wonach vom dreifachen Einheitswert der Liegenschaft auszugehen ist, wobei alle mit der Finanzierung der Liegenschaft in Zusammenhang stehenden Belastungen, aber auch Vermögenswerte, wie auf der Liegenschaft haftende Darlehen, außer Acht zu lassen sind (LG Salzburg 21 R 252/10w, LG Wels 21 R 170/10i, LGZ Wien 44 R 49/10x = EFSlg 126.997, LGZ Wien EFSlg 119.842,

LG Wels EFSlg 123.487). Dies gilt auch für den Fall, dass der Verkehrswert der Liegenschaft

- wie hier - aus dem Akt ersichtlich ist (Schätzwertgutachten; vgl. jüngst LG Innsbruck 54 R 116/11x, 54 R 1/12m). Eine Differenzierung danach, ob ein Schätzwertgutachten vorliegt oder nicht, wäre nach Ansicht des erkennenden Senats unsachgemäß, weil in diesem Fall die Entschädigung des Sachwalters von der Einholung eines Schätzwertgutachtens und damit

von einem durch den Betroffenen und dem Sachwalter nicht beeinflussbaren Umstand ab- hängen würde.

Die Sachwalterin kann sich deshalb mit der angefochtenen Entscheidung keinesfalls für beschwert erachten: Auch wenn der Abzug „realer“ Schulden vom „fiktiven“ Einheitswert unsachlich ist, wären die Schulden der Betroffenen in Höhe von EUR 141.697,71 beim sonstigen Vermögen der Betroffenen (Kontoguthaben: EUR 3.320,78, Taschengeldguthaben: EUR 140,10) richtigerweise zu berücksichtigen, weil diesbezüglich nicht von einem fiktiven Wert ausgegangen wird (54 R 13/13b, LG Innsbruck). Zu Gunsten der Sachwalterin hat das Erstgericht eine derartige Berücksichtigung ohnedies nicht vorgenommen. Auch hat das Erstgericht bei der Berechnung der 10%-igen Mühewaltungsentschädigung das Realisat aus dem Autoverkauf in Höhe von EUR 4.000,-- den Einkünften der Betroffenen hinzugerechnet, obwohl es sich hiebei ausschließlich um ein Vermögenssurrogat handelte, das ohnedies letztlich dem Kontoguthaben als Vermögenswert der Betroffenen zugerechnet wurde. Letztlich ist nur der Vollständigkeit halber noch darauf hinzuweisen, dass unter Berücksichtigung der Einkommenssituation der Betroffenen in Anwendung des § 276 Abs 1 letzter Satz ABGB ohnedies eine höhere Entschädigung für die Sachwalterin keinesfalls als angemessen erscheint.

Zusammengefasst kommt deshalb dem Rekurs keine Berechtigung zu.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 72 Abs 2 Z 1 AußStrG jedenfalls unzulässig.