JudikaturLG für ZRS Wien

34R210/23v – LG für ZRS Wien Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
28. November 2023

Kopf

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht fasst durch den Richter Mag. Ulf Marschner als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Ingeborg Hawlicek und Dr. Julia Kömürcü-Spielbüchler in der Rechtssache der klagenden Partei S*** GmbH , K***platz ***, **** Wien, vertreten durch Mag. Michael Leibel, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dipl. Ing. A*** L*** , F***gasse ***, *** Wien, wegen Besitzstörung, über den Rekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 18.9.2023, 29 C 293/23i-6, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s :

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei deren mit 336,82 Euro bestimmte Kosten des Rekursverfahrens (darin 56,14 Euro USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

B e g r ü n d u n g :

Text

Klägerin und Beklagte sind Miteigentümer einer Liegenschaft. Mit Bescheid der (damaligen) Bau-, Feuer- und Gewerbepolizei vom 1. Juli 1960 wurde die Bewilligung erteilt, auf der Liegenschaft „im Hofe sechs Kraftfahrzeuge abstellen zu lassen.“ Zwischen den Miteigentümern besteht die Vereinbarung, dass die auf einer Liste aufscheinenden Personen, so auch die Beklagte, mit den dort aufscheinenden Fahrzeugen diese Fahrzeuge im Innenhof abstellen dürfen, wobei es keine zahlenmäßige Beschränkung der Fahrzeuge gibt. Seit Jahrzehnten werden regelmäßig mehr als sechs Fahrzeuge im Innenhof abgestellt. Es wurden auch keine Parkplatzeinzeichnung vorgenommen. Nicht nur die Beklagte, sondern auch andere parkberechtigte Personen stellten ihre Fahrzeuge dort ab, wo sie Platz fanden .

Mit ihrer Besitzstörungsklage begehrt die Klägerin festzustellen, dass die Beklagte dadurch, dass sie ihr Fahrzeug auf einem nicht als Parkplatz prädestinierten Bereich im Innenhof abgestellt habe, den ruhigen Mitbesitz der Klägerin gestört habe und schuldig zu erkennen, derartige Störungen zu unterlassen.

Das Erstgericht wies die Klage ab.

Ausgehend von dem eingangs auszugsweise wiedergegebenen Sachverhalt folgerte es rechtlich, dass die Besitzstörungsklage auch gegen den Mitbesitzer zulässig sei, wenn er durch die Störung in der bisherigen Gebrauchsart den Besitz an der gemeinschaftlichen Sache gänzlich oder teilweise entzieht. Dabei stelle jede faktische Beeinträchtigung der faktisch bestehenden Gebrauchsordnung eine Besitzstörung dar. Das Beweisverfahren habe jedoch keine „gelebte“ Parkordnung ergeben. Vielmehr seien während der letzten Jahrzehnte ständig deutlich mehr als sechs Fahrzeuge im Innenhof geparkt gewesen und zwar dort, wo gerade Platz gewesen sei. Da der Klägerin der Nachweis einer faktischen Gebrauchsordnung nicht gelungen sei, könne im Abstellen des Fahrzeuges der Beklagten kein Verstoß gegen den letzten tatsächlichen Besitzstand und somit keine Besitzstörung erblickt werden. Ob der Bescheid der (damaligen) Bau-, Feuer- und Gewerbepolizei über die Anzahl der bewilligten Abstellplätze in Rechtskraft erwachsen sei, sei unbeachtlich, da es im Possesorium ausschließlich auf den letzten tatsächlichen Besitzstand ankomme.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin. Sie strebt eine Klagsstattgebung an; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin trägt im Rekurs vor, eine Vereinbarung im Sinne einer Benützungsregelung sei nicht geeignet den seinerzeitigen Bescheid abzuändern. Denn eine Benützungsvereinbarung im Sinne des § 7 WEG müsse bei sonstiger Nichtigkeit den baurechtlichen Bestimmungen zu folgen. Eine Benützungsvereinbarung könne demnach nur zB zum Gegenstand haben, wer die (vorhandenen und behördlich genehmigten sechs) Parkplätze unter welchen Voraussetzungen benützen dürfe. Sie könne jedoch niemals zum Gegenstand haben, ob auch auf anderen als den behördlich vorgesehenen Flächen im Innenhof der genannten Liegenschaft Fahrzeuge abgestellt werden dürfen. Für die hier gegenständlich zu lösende Rechtsfrage ist es daher völlig ohne Bedeutung, ob hier eine Benützungsregelung im Sinne des Vorbringens der Beklagten bestehe. Denn selbst wenn eine solche bestünde, sei diese aus den genannten Gründen rechtlich unerheblich, zumal diese den genannten Bescheid gar nicht inhaltlich erweitern oder abändern könne.

Diese Ausführungen gehen am Wesen des Besitzschutzes vorbei. Denn § 457 ZPO beschränkt die Erörterung allein auf Besitzfragen ( Kodek in Fasching/Konecny 3 § 457 ZPO Rz 1). Genauso wenig wie auf die Rechtmäßigkeit des Besitzes (vgl dazu Welser/Kletečka , Bürgerliches Recht I 15 Rz 872), kommt es im Besitzstörungsverfahren darauf an, ob eine von den Mitbesitzern ausgeübte Gebrauchsart rechtmäßig ist.

Vielmehr ist bei einer Besitzstörungsklage gegen einen Mitbesitzer ausschließlich zu erörtern, ob dieser dem Kläger durch die Störung in der bisherigen Gebrauchsart den Besitz an der gemeinschaftlichen Sache gänzlich oder teilweise entzieht ( Kodek in Fasching/Konecny 3 § 454 ZPO Rz 21). Dazu kann auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts verwiesen werden, denen nichts hinzuzufügen ist (§§ 500a iVm 526 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.

Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ergibt sich aus § 528 Abs 2 Z 6 ZPO.