JudikaturJustizRS0124837

RS0124837 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
24. Juni 2009

Bei der Feststellung des Bedeutungsinhalts einer Textstelle, eines Bildes oder eines Films ist auch das aktuelle Vor- und Begleitwissen jenes Rezipienten, an den sich die Publikation nach ihrer Aufmachung und Schreibweise sowie den behandelten Themen richtet, zu berücksichtigen. Dieser Wissensstand ist - neben der sinnfälligen Äußerung als solcher - ebenfalls Gegenstand des Beweisverfahrens. Daher sind auch zu Tatsachen, die insofern eine entscheidende Indizwirkung entfalten können, wie etwa eine entsprechende Vorberichterstattung, in der Hauptverhandlung Beweise aufzunehmen. Dies ist allerdings nur soweit nötig, als diese Tatsachen nicht ohnehin als notorisch vorausgesetzt werden können. Insbesondere in engem zeitlichen Konnex zu einer inkriminierten Publikation im Rahmen einer breiten öffentlichen Diskussion zu einem aktuellen Thema in Massenmedien verbreitete Wortmeldungen politischer Funktionsträger werden als solche allgemeinkundige und somit notorische Tatsachen anzusehen sein, wobei dies aber nur den Umstand der Veröffentlichung, nicht aber den tatsächlichen Wahrheitsgehalt erfasst (so schon 15 Os 6/08h).