JudikaturJustizRS0120169

RS0120169 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
26. Juli 2005

Als Zwangslage im Sinne des § 207b Abs 2 StGB ist ein solches Zusammentreffen widriger Umstände zu verstehen, durch die eine unter sechzehn Jahre alte Person sich nach ihren persönlichen Verhältnissen genötigt sieht, geschlechtliche Handlungen vorzunehmen oder an sich vornehmen zu lassen, zu denen sie sich ohne diese Umstände nie verstanden hätte. Diese Zwangslage muss zwar die unter sechzehnjährige Person betreffen, kann aber - ebenso wie bei einer durch gefährliche Drohung ausgelösten Drucksituation - auch durch ein Übel, das einem der unter sechzehn Jahre alten Person Nahestehenden („Sympathieperson") droht, begründet werden. Für die Annahme einer Zwangslage ist zudem nicht entscheidend, ob das ihr zu Grunde liegende Übel objektiv gegeben ist oder bloß vorgetäuscht wird. In letzterem Fall würde das Vergehen des sexuellen Missbrauches von Jugendlichen nach § 207b Abs 2 StGB mit dem Vergehen der Täuschung nach § 108 Abs 1 StGB in Tateinheit zusammentreffen.