JudikaturJustizRS0112806

RS0112806 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
15. September 1999

1. Es besteht im Hinblick darauf, daß vom Gesetzgeber ausdrücklich die Einschaltung eines Arztes mit bestimmten Fachkenntnissen für die Plasmaspende verlangt wird, kein Anlaß, die Aufklärungspflicht im Rahmen einer solchen Plasmaspende enger oder anders zu fassen, als es die Rechtsprechung bei der ärztlichen Heilbehandlung tut. Daraus ergibt sich, daß jedenfalls über ein typisches Risiko, also ein solches, welches speziell dem geplanten Eingriff anhaftet und auch bei Anwendung allergrößter Sorgfalt und fehlerfreier Durchführung nicht sicher zu vermeiden ist, aufzuklären ist. Nur für den Fall, daß nach dem dargelegten Wissensstandard zur fraglichen Zeit eine Plasmaspende in der üblichen Form überhaupt kein typisches Risiko aufgewiesen hätte, käme es zu keiner Haftung wegen Verletzung von Aufklärungspflichten. Sollte sich herausstellen, daß dem zweifellos vorgenommenen Eingriff in die körperliche Integrität des Plasmaspenders auch nur irgendein typisches Risiko (wie etwa das einer Hepatitis-B-Infektion) angehaftet habe, und zwar nach dem damals gültigen Maßstab, dann träte die aufgrund des vom Berufungsgericht bejahten Anscheinsbeweises der Kausalität der Schäden des Klägers die Schadenersatzpflicht des Beklagten unabhängig davon ein, ob damals bereits über das Hepatitis C-Risiko aufgeklärt hätte werden müssen.

2. Zweck der Grundaufklärung ist es, dem Patienten zunächst die Basis für seine Risikoabwägung zu verschaffen.

3. Ein Plasmaspender, der sein Blut in der Regel weitgehend aus Idealismus zur Verfügung stellt (sollte nicht die "Aufwandsentschädigung" für ihn überlebensnotwendig sein) ist noch in höherem Maß schutzwürdig als Personen, die sich (bloß) kosmetischen Operationen unterziehen wollen, damit aber ausschließlich eigene Interessen verfolgen.

4. Für den Fall, daß nach damaligem Wissensstand bei Plasmaspenden eine über das allgemeine Hygienerisiko bei Blutabnahmen bzw Bluttransfusionen hinausgehende Gefahr nicht anzunehmen gewesen wäre, müßte auch die Verletzung einer Aufklärungspflicht verneint werden.