JudikaturJustizRS0107117

RS0107117 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
20. Mai 2008

Nach der Kernbereichslehre sind solche Vertragsänderungen dem Mehrheitsbeschluss entzogen, die die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses ("den materiellen Gehalt der Mitgliedschaft") betreffen oder durch die wohlerworbene Sonderrechte verletzt werden. Die zum Kernbereich zählenden Rechte können nur mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters entzogen werden. Die Frage, welche Rechte zum Kernbereich der Mitgliedschaft zu zählen sind, ist nicht abschließend geklärt; sie lässt sich auch nicht ohne Rücksicht auf die Besonderheiten der jeweiligen Gesellschaft beantworten. Gegenstand des Minderheitenschutzes bei den Personengesellschaften sind nicht nur die Kapitalbeteiligung als solche und die Mitverwaltungsrechte der Gesellschafter, sondern - soweit deren persönliche Haftung reicht - ihr gesamtes Vermögen. In dem Maße, in dem der persönliche Lebensbereich eines Gesellschafters mit der Gesellschaft verwoben ist, muss auch dieser Bereich geschützt sein. Inhalt und Umfang des Schutzes richten sich daher nach dem Gesellschaftstyp (personalistische oder kapitalistische Struktur), nach der Stellung des Minderheitsgesellschafters in der Gesellschaft (unbeschränkt haftend oder Kommanditist), ferner nach den Beziehungen des Gesellschafters zur Gesellschaft (zum Beispiel Arbeitsgesellschafter oder Kapitalist) und zu den anderen Gesellschaftern (Berücksichtigung persönlicher Abhängigkeiten) sowie schließlich nach den Auswirkungen des Beschlusses auf die gesamten wirtschaftlichen und persönlichen Lebensumstände des Betroffenen.

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3