JudikaturJustizRS0103810

RS0103810 – AUSL BGH Rechtssatz

Rechtssatz
22. April 1983

1. Bei regulärem Geburtsverlauf kann der Beginn der Geburt, mit dem die Leibesfrucht zum Menschen im Sinne der Tötungsdelikte wird, nicht vor Einsetzen der Eröffnungswehen angenommen werden.

2. Es liegt ein Schwangerschaftsabruch und nicht ein allgemeines Tötungsdelikt vor, wenn die Abtreibung in der Weise vorgenommen wird, daß die Einwirkung auf die Leibesfrucht zur Geburt eines lebenden Kindes führt, das alsbald nach der Geburt, also schon als Mensch, verstirbt. Wandelt sich die Rechtsqualität des Opfers nach dem Eingriff von der Leibesfrucht zum Menschen, so ist der Zeitpunkt der Einwirkung auf das Opfer, nicht der des Todeseintritts maßgebend für die Frage, ob eine vorsätzliche Tötung eines Menschen oder ein Schwangerschaftsabbruch anzunehmen ist.

3. Die eben vorgenommene Abgrenzung muß auch dann gelten, wenn es sich um eine fahrlässige Todesverursachung handelt (Straflosigkeit fahrlässiger pränataler Einwirkungen mit tödlichen Folgen).

Veröff: NStZ 1983,501 = NJW 1983,2097 (vgl hiezu auch Lüttger in NStZ 1983,481 ff)

Entscheidung
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