JudikaturJustizRS0097308

RS0097308 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
18. Dezember 1936

1. Im Auslieferungsverkehr kommt den allgemein anerkannten Grundsätzen des Auslieferungsrechtes die Bedeutung von Gesetzen zu.

2. Es ist kein allgemein anerkannter Grundsatz des Auslieferungsrechtes, daß über den Ausgelieferten in dem ersuchenden Staate nicht eine strengere Strafe verhängt werden darf, als in dem ersuchten Staate über ihn verhängt werden könnte, sofern diese strengere Strafe in dem ersuchten Staate nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist.

3. Im Auslieferungsverkehr sind die Staaten, die die Todesstrafe abgeschafft haben, berechtigt, die Auslieferung an die Bedingung zu knüpfen, daß die dem Ausgelieferten in dem ersuchenden Staate drohende Todesstrafe nicht vollstreckt werde.

4. Das Auslieferungsrecht besteht auch in Fällen, in denen eine Auslieferungspflicht nicht begründet ist.

5. Durch die Entscheidung über die angesuchte Auslieferung erwirbt der Auszuliefernde keine Rechte. Eine nachträgliche Änderung der Auslieferungsbewilligung ist zulässig.

6. Daß der Täter nach Begehung eines mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens wegen einer anderen strafbaren Handlung eine Freiheitsstrafe verbüßt hat, steht der Verhängung der Todesstrafe nicht entgegen.