JudikaturJustizRS0087191

RS0087191 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
30. Juni 2015

Bei der Begehungsform der Abgabenhinterziehung des § 33 Abs 2 lit a FinStrG sind Tatobjekte und geschütztes Rechtsgut die Umsatzsteuervorauszahlung, also nur die Beeinträchtigung der Umsatzsteuer im Voranmeldungsstadium, während die Vorschrift des § 33 Abs 1 FinStrG dem Schutz (unter anderem) der bescheidmäßig festzusetzenden Umsatzsteuer selbst dient (siehe Fellner, Kommentar zum FinStrG Anmerkung 43 und 45 zu § 33; siehe auch § 33 Abs 2 FinStrG: "Der Abgabenhinterziehung macht sich weiters schuldig, ..."). Eine Steuereinnahme wird nicht nur dann verkürzt, wenn sie überhaupt nicht eingeht, sondern auch dann, wenn sie ganz oder teilweise, dem Steuergläubiger nicht in dem Zeitpunkt zukommt, in dem er darauf gesetzlich Anspruch hat (Sommergruber, Das Finanzstrafgesetz S 207). Abgesehen vom Unterschied in der Schuldform - § 33 Abs 2 lit a FinStrG setzt Wissentlichkeit voraus, während nach § 33 Abs 1 FinStrG Vorsatz, auch in der Form des bedingten Vorsatzes, genügt - erschöpft sich die Bedeutung der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG nicht in der Vorbereitung der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG. Denn durch die Verletzung der Verpflichtung zur Umsatzsteuervorauszahlung ist bereits die Abgabenverkürzung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG eingetreten. Die Abgabenverkürzung nach § 33 Abs 1 FinStrG wird hingegen in der Regel bedeutend später bewirkt. Die Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG ist vollendet, sobald die Abgabe ganz oder teilweise nicht entrichtet (abgeführt) wurde, denn damit ist die Abgabenverkürzung bewirkt (§ 33 Abs 3 lit b FinStrG). Durch die vorsätzliche Verletzung der Abgabe von, dem Umsatzsteuergesetz (§ 21) entsprechenden Voranmeldungen liegt bei Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen das Vergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG vor, nicht aber gleichzeitig das der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG. Denn bei der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG geht dem Bewirken der Abgabenverkürzung unmittelbar die Einreichung der Steuererklärung voraus (Sommergruber, das FinStrG S 80). Die unrichtige Führung von Büchern und Aufzeichnungen bzw die mangelnde Versorgung des Steuerberaters mit Buchhaltungsunterlagen ist bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben selbst bei Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen noch nicht als versuchte Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG zu beurteilen. Es handelt sich vielmehr um eine Vorbereitungshandlung und keine der Ausführung unmittelbar vorausgehende Handlung im Sinne des § 13 Abs 2 FinStrG (siehe Fellner Kommentar zum FinStrG Anmerkung 10 zu §§ 13 und 14 FinStrG, Leukauf-Steininger 2.Auflage Anmerkung 6 bis 11, 15, 16 zu § 15 StGB; EvBl 1975/282; SSt 46/51 ua).

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