JudikaturJustiz9Bs304/00

9Bs304/00 – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
24. November 2000

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Kollmann als Vorsitzenden, den Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Lutschounig und den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Rotter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Wörter als Schriftführerin und des Oberstaatsanwaltes Dr.Gasser sowie in Anwesenheit des Angeklagten W***** K***** und seines Verteidigers Dr.H***** G*****, Rechtsanwalt in Wien, über die Berufung und die Beschwerde des Angeklagten gegen das Urteil und den Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 30. November 1999, 21 EVr 2370/98-27, nach der am 24. November 2000, durchgeführten Berufungsverhandlung

I.) zu Recht erkannt:

Spruch

Auf die Berufung des Angeklagten W***** K***** wegen Nichtigkeit wird gemäß § 467 Abs 2 StPO keine Rücksicht genommen.

Seiner Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld wird nicht Folge gegeben.

Aus Anlass der Berufung werden in amtswegiger Wahrnehmung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO dem § 477 Abs 1 StPO gemäß das Urteil in Punkt A sowie in seinem Punkt B bezüglich der Videokassetten Nr. 23, 26, 30 und 263, im Strafausspruch und in seinem diese Videokassetten betreffenden Einziehungserkenntnis sowie der gemäß § 494 a StPO ergangene Beschluss aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt:

W***** K***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe seit einem unbekannten Zeitpunkt bis zum 11.9.1998 in Graz in gewinnsüchtiger Absicht nachangeführte unzüchtige Laufbilder, nämlich Videofilme mit Darstellungen harter Pornographie zur Verbreitung vorrätig gehalten, eingeführt, anderen angeboten und überlassen, und zwar Filme mit Darstellung von Unzuchtsakten mit Personen des gleichen Geschlechtes (homosexueller oder lesbischer Natur), teilweise mit Darstellungen sexueller Gewalttätigkei- ten, teilweise Unzuchtsakten mit Tieren und teilweise mit fäkal-pornographischem Inhalt mit den Bezeichnungen:

3. Gero Gay Classics, 4. Zur Fick Kascheme, 5. Arabische Nächte, 6. Cocks and Bike, 8. Black Energy, 9. Three the hard way, 12. Geballte Ladung 4, 13. Jail Nr. 17, 14. Fist power, 15. Männersache 15, 20. Die Fallensteller, 21. Mr. Fist, 25. Whiz kids, 27. Pisse und Schmant, 29. Männersache 19, 31. Männer- sache 17, 35. Sperma Boys 21, 36. Sperma Boys 24, 37. Sinnliche Knabenträume, 38. Time for Sex,

39. Sieben Samen Spender, 40. Heiß auf Eiß, 41. Big easy, 42. Action Boys, 43. Peep Show 8, 44. Sport Affairs, 45. Feelings, 46. Boys auf Bangkok, 48. Teeny Love, 49. Bühnensex, 50. Robin of Gaywood, 51. Falkenfels, 52. Mexican Golden Boys 28, 57. Boys and Sex, 58. Flurspanner, 59. Smiling Boys, 60. Spring Time, 61. Pleasure Party,

62. Heiße Bengel, 63. Kunst Knilche, 64. Fitness Fans, 65., 66., 67. Kabelsalat, 68. Jet Ski macht geil, 69. Mexican Golden Boys, 70. Messen und Spritzen, 71., 72. Zauberboy, 73. Geil- boy, 74. Heißes Bangkok, 75. Peepshow 8., 76. Robin of Gaywood, 77. Lektion d´Amour,

78. Geile Wünsche, 79. Süße Früchte, 80. Süße Bengels, 81. Young and hung, 83. Heiß im Mais, 84. Thai BOAT TRIP, 87. Michel mon Amour, 89. Hot nights, 90. Lauben Zauber, 91. I Want Sex, 92. Fick Festival, 93. 200 Boy Spritzer, 95. Junge Boys und alte Karren, 96. Andrzej und Pawek in Aktion, 97. Erste Versuche, 98., 99. Kuhjungen, 102. Duschen macht geil, 103. Trabi Sex, 104. Love Game, 105. Frischfleisch Festival, 106. Sexakrobaten, 107. Herbst Triebe, 108. Immer Geil Naturgeil, 109. Ein heißer Spanner, 110. Dschungel Boy Sex, 111. 200 Boy Spritzer etc., 112. Legends, 113. Wasserflöhe, 114., 115., 116., 117. Magic Moments, 118. Flurspanner, 119. Magic Moments, 120. Affengeiles Haus, 121. Massage Praxis, 122. Sperma Boys 3, 123. Manuel 2, 124. Das Spritz Hotel, 125. High Lights, 126. Sexy Eyes,

Text

Gründe:

Zu I.):

Mit dem angefochtenen Urteil - es enthält auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch und eine Teilabweisung des Verfallsantrages - wurde der Angeklagte W***** K***** des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit a, b und c PornG schuldig erkannt und hiefür gemäß dem Abs 2 des § 1 PornG in Anwendung des § 37 Abs 1 StGB zur Geldstrafe von 200 Tagessätzen á S 200,--, im Uneinbringlichkeitsfall zu 100 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß § 3 Abs 1 PornG erkannte das Erstgericht auf den Verfall der im Rahmen des Schuldspruchs bezeichneten Videokassetten einschließlich ihrer Schutzhüllen. Nach dem Spruch des Erstgerichtes hat der Angeklagte zwischen Dezember 1996 und 11.9.1998 in Graz als Betreiber eines Videogeschäftes im Rahmen einer Einzelfirma "Sex-World" in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Laufbilder, nämlich Videofilme mit Darstellungen harter Pornografie zum Zwecke der Verbreitung vorrätig gehalten, in das Bundesgebiet eingeführt sowie anderen angeboten und überlassen, und zwar Filme mit Darstellungen von Unzuchtsakten mit Personen des gleichen Geschlechtes (homosexueller und lesbischer Natur), teilweise zusätzlich verbunden mit Darstellungen sexueller Gewalttätigkeiten, mit Unzuchtsakten mit Tieren und fäkal-pornografischen Darstellungen, wobei die wie folgend betitelten Videokassetten solche Darstellungen harter Pornografie enthalten, und zwar von Unzuchtsakten

(A) von Personen desselben Geschlechts homosexueller oder lesbischer Natur mit intensivem sexualbezogenem Stimulieren der Geschlechtsorgane samt gleichzeitiger zentraler, exzessiver, verzerrender und auf die geschlechtliche Handlung allein reduzierter sowie teilweise abstoßender Darstellung dieser geschlechtlichen Handlungen (es folgt die Auflistung von Videofilmen nach einer laufenden Nummer und unter Angabe des Filmtitels);

(B) von Personen desselben Geschlechts homosexeuller oder lesbischer Natur mit intensivem sexualbezogenem Stimulieren der Geschlechtsorgane samt gleichzeitiger zentraler, exzessiver, verzerrender und auf die geschlechtliche Handlung allein reduzierter sowie teilweise abstoßender Darstellung dieser geschlechtlichen Handlungen, verbunden mit Darstellungen sexueller Gewalttätigkeiten, von Unzuchtsakten mit Tieren und mit fäkal-pornografischen Darstellungen, wobei die wie folgend betitelten Videokassetten solche Darstellungen derartiger harter Pornografie enthalten, und zwar (es folgt die Auflistung von Videofilmen nach einer laufenden Nummer und unter Angabe des Filmtitels).

Gegen das Urteil meldete der Angeklagte rechtzeitig die Berufung wegen Nichtigkeit sowie wegen des Ausspruches über die Schuld und die Strafe an. Die Ausführung der Berufung erfolgte verspätet. Auf die Berufung des Angeklagten wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe war dem § 467 Abs 2 StPO gemäß keine Rücksicht zu nehmen, da er weder bei der Anmeldung der Berufung noch in einer rechtzeitigen Berufungsschrift ausdrücklich erklärte, welche Nichtigkeitsgründe er geltend machen wolle.

Die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld bleibt erfolglos. Dem Rechtsmittel zuwider konnte das Erstgericht ohne Verstoß gegen Denkgesetze und die allgemeine Lebenserfahrung die Annahme des subjektiven Tatbestandes auch bezüglich der Videokassetten mit sodomitischem Inhalt auf die schriftlichen Aufzeichnungen des Angeklagten, die Preisbezeichnungen und darauf stützen, dass ein "Durchrutschen" dieser Kassetten im Zuge eines Umtauschs gegen andere, nicht tierpornografische Kassetten unwahrscheinlich ist. Insofern die Beweisrüge gegen den vom Erstgericht angenommenen Beginn des Tatzeitraumes (Dezember 1996) remonstriert, tangiert sie keine entscheidungswesentliche Feststellung.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlass der Berufung musste sich das Rechtsmittelgericht davon überzeugen, dass der Schuldspruch des Erstgerichtes zu (A) und teilweise auch zu (B) mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO behaftet ist. Da die materielle Nichtigkeit zum Nachteil des Angeklagten ausschlägt, war sie dem § 477 Abs 1 StPO gemäß von Amts wegen aufzugreifen.

Das Erstgericht wendete das Strafgesetz insoferne unrichtig an, als es den objektiven Tatbestand des § 1 Abs 1 a, b und c auch bezüglich der vom Freispruch des Berufungsgerichtes umfassten Videokassetten als erfüllt ansah.

Pornografie an sich ist eine exzessiv aufdringliche, anreißerisch verzerrte und nur das Obszöne betonende, den Wertvorstellungen der Gesellschaft in geschlechtlicher Hinsicht gröblich widersprechende Darstellung von Geschlechtsakten (OGH vom 13.9.1988, 15 Os 100/88). Solches ist bei sämtlichen Videokassetten der Fall, die dem Schuldspruch des Erstgerichtes zugrundeliegen. Dass eine Darstellung in diesem Sinne pornografisch ist, sagt jedoch noch nichts darüber aus, ob Unzüchtigkeit im Sinne des § 1 PornG vorliegt, ist doch die Auslegung dieses vom Gesetz nicht näher beschriebenen normativen Begriffes im Wandel der Zeiten und der gesellschaftlichen Anschauungen mancherlei Änderungen unterworfen. Konsequenz dessen, war (jedenfalls bislang) eine Verabsolutierung dessen, was nach dieser Gesetzesstelle toleriert und was nicht toleriert ist, nicht möglich (vgl OGH (verst. Senat) vom 6.6.1977, 13 Os 39/77 = EvBl 1977/186).

An der Gültigkeit dieser vom Höchstgericht dokumentierten Kategorien hat sich nichts geändert. Das ebenfalls in der zitierten Entscheidung enthaltene Interpretationspostualt, dass nämlich auch hier das Strafrecht erst dann einzugreifen hat, wenn ein Verhalten vorliegt, das das Zusammenleben grob stört, hat uneingeschränkte Gültigkeit. Legt man, davon ausgehend, den normativen Begriff der Unzüchtigkeit im Sinne des § 1 PornG den (aktuellen) Wertvorstellungen der Gesellschaft, den Schutzzwecken des Gesetzes und den Erfordernissen der Rechtssicherheit Rechnung tragend aus (OGH vom 22.11.1988, 11 Os 76/88) und bemüht sich dabei um eine EMRK-konforme Vorgangsweise, so gelangt man - ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen, die im Zuge der teilweisen Beweiswiederholung durch Besichtigung von vier Videokassetten keine Ergänzung zu erfahren haben - zu folgender Beurteilung der Rechtsfrage (OGH vom 25.10.1990, 13 Os 87/90), bezüglich welcher verfahrensgegenständlicher Videokassetten das Tatbestandsmerkmal "unzüchtig" erfüllt ist bzw nicht erfüllt ist. Vorweg genommen sei, dass zufolge der durch BGBl 599/1988 per 1. Jänner 1989 geänderten Zuständigkeit für den Vollzug des Pornografiegesetzes eine Befassung des Obersten Gerichtshofes im ordentlichen Rechtszug seit dieser Zeit nicht mehr möglich war, was das Nichtvorhandensein höchstgerichtlicher Judikatur seit etwa einem Jahrzehnt erklärt.

Seit der, den damaligen Änderungen der gesellschaftlichen Anschauungen im sexuellen Bereich Rechnung tragenden Entscheidung des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes vom 6.6.1977, 13 Os 39/77, wird zwischen absoluter Unzüchtigkeit (harter Pornografie) und relativer Pornografie unterschieden. In diesem Judikat werden (neben hier nicht aktuellen pornografischen Darstellungen von Unzuchtsakten mit Unmündigen) pornografische Darstellungen sexueller Gewalttätigkeiten und von Unzuchtsakten mit Personen des gleichen Geschlechtes oder mit Tieren der absoluten Unzüchtigkeit zugeordnet. Bei sonstigen pornografischen Darstellungen ist der Begriff der strafbaren Unzucht im Sinne des § 1 PornG relativ auf den Schutzzweck des Gesetzes abzustellen und dann nicht tatbestandsmäßig im Sinne der zitierten Gesetzesstelle, wenn die pornografische Darstellungen nur einem bestimmt angesprochenen Interessentenkreis erwachsener Personen vorbehalten sind und durch die Art ihrer Präsentation auch die abstrakte Möglichkeit der Erregung eines öffentlichen Ärgernisses oder der Gefährdung Jugendlicher ausgeschlossen ist. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen reduziert sich die aktuelle Rechtsfrage darauf, ob und welche der Videokassetten der harten Pornografie zuzuordnen sind.

Jene Videokassetten, die gleichgeschlechtliche Unzuchtsakte ohne sexuelle Gewalttätigkeit und ohne Beteiligung von Tieren zum Inhalt haben, sind nach Ansicht des erkennenden Senates nicht - mehr - als absolut unzüchtig im Sinne des § 1 PornG zu beurteilen. Dies deshalb, weil der allgemeine Auffassungswandel bezüglich der Gleichgeschlechtlichkeit, auf den auch der Gesetzgeber - wie darzustellen sein wird - mehrfach reagierte, im Bemühen um eine zeitgemäße Interpretation zu einem Abgehen von der dargestellten Judikatur veranlasst.

Die Beurteilung, dass anreißerisch verzerrte, exzessive, von Zusammenhängen mit anderen Lebensäußerungen losgelöste, auf sich selbst reduzierte, also pornografische Darstellungen gleichgeschlechtlicher Unzuchtsakte absolut unzüchtig seien, rekurriert in den meisten Judikaten (OGH vom 22.11.1988, 11 Os 76/88, vom 18.4.1989, 11 Os 169/88, vom 25.10.1990, 13 Os 87/90 uva) auch darauf, dass für solche gleichgeschlechtliche Unzuchtsakte das die Missbilligung der Gesellschaft ausdrückende Werbeverbot des § 220 StGB bestehe, wobei jedenfalls in zwei Judikaten (OGH (verst. Senat) vom 24.11.1980, 12 Os 111/80 = SSt 51/51, und vom 27.6.1985, 12 Os 55/85) explizit allein aus diesem Argument heraus ("daher", "deshalb") die absolute Unzüchtigkeit abgeleitet wird. Nach Aufhebung des § 210 StGB, der die gewerbsmäßige gleichgeschlechtliche Unzucht pönalisierte, durch die Strafgesetznovelle 1989, BGBl 1989/243 per 1. Juli 1989, kam es durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1996, BGBl 1996/762 per 1. März 1997 zur Ausscheidung der §§ 220, 221 StGB aus dem Rechtsbestand, die (soweit aktuell) die Werbung für Unzucht mit Personen des gleichen Geschlechts in Druckwerken, Laufbildern oder sonst öffentlich sowie Verbindungen zur Begünstigung gleichgeschlechtlicher Unzucht unter Strafe gestellt hatten. Damit ist das Argument des strafgesetzlichen "Werbeverbots" für die absolute Unzüchtigkeit der gleichgeschlechtlichen Pornografie in Wegfall geraten. Die den Haltungswandel der Gesellschaft gegenüber der Gleichgeschlechtlichkeit dokumentierenden Änderungen der Gesetzeslage waren damit nicht zu ende. Das Strafrechtsänderungsgesetz 1998, BGBl I 1998/153, brachte per 1. Oktober 1998 die materiellrechtliche und damit auch prozessrechtliche Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen mit der verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaft, wobei unter dem Gesetzesbegriff "Lebensgemeinschaft" eine auf eine längere Dauer ausgerichtete Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft verstanden wird (vgl Leukauf/Steininger, Komm3 § 72 RN 15 und dort zitierte Judikatur). Betrachtet man diese legistische Entwicklung, so muss nicht nur von einer revidierten Einstellung des Gesetzgebers gegenüber der Gleichgeschlechtlichkeit ausgegangen werden, sondern auch davon, dass sich die Einstellung der primär heterosexuell orientierten Gesellschaft gegenüber der Homosexualität wandelte, kann man doch dem demokratischen Gesetzgeber nicht unterstellen, gesellschaftlich kontraindiziert vorgegangen zu sein. Diesem Befund, nämlich einer doch wesentlich geänderten gesellschaftlichen Haltung gegenüber der Homosexualität, entspricht die im Alltag insbesondere auch medial zu beobachtende Toleranz bishin zur Akzeptanz in vielen Bereichen. Im Lichte der gesellschaftlichen und rechtlich geänderten Verhältnisse ist das für die Annahme einer absoluten Unzüchtigkeit im Sinne des § 1 PornG allein verbleibende Kriterium der Gleichgeschlechtlichkeit nicht mehr ausreichend.

Diese Auslegung entspricht auch dem Diskriminierungsverbot des Art 14 EMRK, der eine unterschiedliche Behandlung des Heterosexuellen gegenüber dem Homosexuellen dann als diskriminierend ansieht, wenn sie keine objektive und sachliche Rechtfertigung aufweist, also kein legitimes Ziel verfolgt, oder wenn zwischen den eingesetzten Mitteln und dem angestrebten Ziel kein angemessenes Verhältnis besteht (vgl Urteile des EGMR vom 21.12.1999 NL00/1/8 im Verfahren Da Silva Mouta gegen Portugal sowie vom 1.7.1997, NL97/6/3 im Verfahren Sutherland gegen Großbritannien). Sachlich nicht gerechtfertigt erscheint es, einlassungswilligen Erwachsenen (Besuchern eines als solchen deklarierten Sex-Shops oder Porno-Kinos) strafrechtlichen Schutz gegen eine Konfrontation (auch) mit gleichgeschlechtlicher Pornografie angedeihen zu lassen. Ein die Gleichbehandlung hetero- und homosexueller Pornografie prävalierender Schutzzweck der in Rede stehenden Norm ist hier jedenfalls zu verneinen.

Konsequenz all dessen, war die vom Erstgericht vorgenommene perhorreszierende Beurteilung der unter (A) des Ersturteils angeführten Videokassetten als rechtsirrig anzusehen und der Angeklagte diesbezüglich zu exkulpieren.

Dasselbe gilt für vier vom Schuldspruch zu (B) erfassten Videokassetten (Nr. 23, Tattoo, Nr. 26, Männersache 15, Nr. 30, Männersache 6 und Nr. 263, Whiz Kids), die weder Gewalt- noch sodomitische Pornografie zum Inhalt haben. Während der Film Nr. 26 eines diesbezüglichen relevanten Inhaltes entbehrt, enthalten die Videofilme mit der Nr. 23, 30 und 263 allerdings gleichgeschlechtliche Fäkalpornografie. Nach der Judikatur (OGH vom 23.2.1983, 11 Os 155/82 und vom 3.7.1984, 11 Os 82/84) ist Fäkalpornografie im Allgemeinen nicht absolut unzüchtig. Nur dann, wenn die fäkalpornographische Unzuchtshandlung so dargestellt wird, dass sie ohne oder gegen den Willen eines (in der Regel passiv) Beteiligten erfolgt, ist von absoluter Unzüchtigkeit auszugehen (in diesem Sinne OGH vom 9.9.1999, 8 ObA 218/99), wird doch dabei eine meist auch strafrechtlich pönalisierte Verletzung der willentlichen und/oder körperlichen Integrität eines Menschen dargestellt. Beim konkreten Material hat die teilweise Beweiswiederholung Derartiges nicht ergeben, sodass nach den oben entwickelten Überlegungen zur Gleichstellung von heterosexueller oder homosexueller Pornografie diese Videokassetten ebenfalls als (bloß) relativ pornografisch zu beurteilen waren.

Rechtsrichtig als absolut pornografisch sah das Erstgericht hingegen jene Videokassetten an, die pornografische Darstellungen von sexuellen Gewalttätigkeiten zum Inhalt haben. Diesbezüglich ist weder von einer gegenüber dem Zeitraum der letzten oberstgerichtlichen Judikatur geänderten Gesetzeslage noch von einem gesellschaftlichen Wertewandel auszugehen. Nach wie vor gilt (OGH (verst. Senat) vom 6.6.1977, 13 Os 39/77 = EvBl 1977/186, (verst. Senat) vom 24.11.1980, 12 Os 111/80 = SSt. 51/51, vom 21.9.1989, 12 Os 80/89 uva), dass pornografische Darstellungen von Gewalt gegen Personen (insbesondere sadistische und masochistische Handlungen) unter den absoluten Unzüchtigkeitsbegriff fallen, wobei es der Relevanz entbehrt, ob die Darstellungen reale Sexualakte oder bloß zum Zwecke ihrer Abbildung "gestellte" Szenen enthalten (OGH vom 25.5.1983, 11 Os 197/82). Nicht nur die Veranschaulichung des Einritts besonderer Schmerzempfindungen ist nicht erforderlich (OGH vom 11.4.1984, 10 Os 8/84), sondern es liegt bereits Tatbestandsmäßigkeit dann vor, wenn die Gewaltanwendung im Einverständnis mit dem "Opfer" geschieht bzw gezeigt wird (OGH vom 18.4.1989, 11 Os 169/88). Schließlich kann von einer geänderten gesellschaftlichen Einstellung zur realen Gewalt nicht gesprochen werden, weil diese (ausgenommen die soziale Adäquanz mit Beziehung auf bestimmte Sportarten) nach wie vor als Form der menschlichen Begegnung perhorresziert wird, und zwar auch dann, wenn die Gewaltanwendung keinen Straftatbestand (insbesondere Körperverletzung, Freiheitsentziehung oder Nötigung im weiteren Sinne) erfüllt.

Der harten Pornografie ordnete das Erstgericht zutreffend auch jene Videokassetten zu, die Unzuchtsakte an Tieren beinhalten. Auch da gilt das zur Gewaltpornografie Erörterte. Die im Rechtsmittel reklamierte Differenzierung zwischen absoluter und relativer Tierpornografie, zu der als Paramter die Erfüllung bzw Nichterfüllung des Tatbestandes der Tierquälerei nach § 222 StGB herangezogen wird, geht ins Leere. Sie findet weder im Gesetz noch in der Judikatur - nach wie vor maßgeblich sind die beiden mehrfach zitierten Entscheidungen der verstärkten Senate des Höchstgerichtes - noch in den sonstigen Kriterien für die Auslegung des normativen Begriffs "unzüchtig" (im Sinne des § 1 PornG) Deckung. Dabei erscheint nicht einmal das Argument, dass bis 1.3.1997 (BGBl 1996/762) der § 220 StGB und seither jener des § 220a StGB die Werbung für Unzucht mit Tieren pönalisiert(e) entscheidend. Wesentlich ist jedenfalls auch in diesem Zusammenhang, dass der sexuelle Übergriff eines Menschen an einem Tier, auch wenn er sich noch nicht als rohe Misshandlung darstellt oder mit der Zufügung von Qualen verbunden ist, den herrschenden Moralvorstellungen des mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen in einem solchen Maße zuwiderläuft, dass seine Darstellung unabhängig vom angesprochenen Personenkreis (absolut) unerträglich ist und damit die staatliche Intervention durch strafrechtliche Sanktionierung rechtfertigt.

Als Folge des Teilfreispruchs und des damit geringeren Umfanges des Schuldspruchs waren der Strafausspruch und das Verfallserkenntnis im Umfange der Kassation aufzuheben, die Strafe neu zu bemessen und der Verfallsantrag im Umfange der Exkulpierung abzuweisen.

Bei der Strafneubemessung waren erschwerend: die einschlägige Vorstrafe, das Vorliegen dreier Begehungsformen des Tatbestandes und die Mehrzahl der Tatobjekte, mildernd: nichts.

Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen ist, auch unter Berücksichtigung der Spezial- und Generalprävention im Rahmen der Schuldangemessenheit, die Geldstrafe im Ausmaß von 120 Tagessätzen der personalen Täterschuld und dem verschuldeten Tatunrecht adäquat. Der Tagessatz entspricht mit S 200,-- den Anforderungen des § 19 Abs 2 StGB, wobei in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen des Erstgerichtes verwiesen wird, die hiemit übernommen werden. Die gänzliche (§ 43 Abs 1 StGB) oder auch nur teilweise (§ 43a Abs 1 StGB) bedingte Strafnachsicht scheitert wegen der Wirkungslosigkeit der einschlägigen Vorabstrafung schon aus spezialpräventivem Grund. Die Kostenentscheidung ist eine Folge der Sachentscheidung.

Zu II.):

Mit dem angefochtenen Beschluss widerrief das Erstgericht die dem Angeklagten mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 4.12.1995, 3 EVr 2397/95-8, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren gewährte bedingte Nachsicht einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à S 200,--.

Weil dieser Verurteilung wegen des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit a und c PornG das zur Verbreitung Vorrätighalten und Anbieten von Videokassetten auch von Unzuchtsakten mit Unmündigen zugrundeliegen, war der Widerruf zusätzlich zur neuerlichen Verurteilung spezialpräventiv geboten (§ 53 Abs 1 StGB).

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