JudikaturJustiz8Ob211/64

8Ob211/64 – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. Juli 1964

Kopf

SZ 37/100

Spruch

Der Pfandschuldner, der die Löschungsquittung verloren hat, kann vom Hypothekargläubiger die Ausstellung eines Duplikates auf seine Kosten verlangen.

Entscheidung vom 7. Juli 1964, 8 Ob 211/64. I. Instanz:

Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die beklagte Partei begehrte die Ausstellung einer Löschungsquittung hinsichtlich eines auf ihrer Liegenschaft EZ. 3585 KG. B. für die beklagte Partei einverleibten Pfandrechtes über 950.000 tschechoslowakische Kronen samt Nebengebühren, da die Schuld zur Gänze bezahlt sei.

Das Erstgericht hat dem Klagebegehren stattgegeben. Es ist hiebei von folgenden wesentlichen Feststellungen ausgegangen: Die beklagte Partei habe im Jahre 1924 an die Fa. K. Söhne verschiedene Darlehen gewährt. Auf Grund des Schuldscheines vom 23. Juli 1924 sei für die beklagte Partei zur Sicherstellung ihrer Darlehensforderung von drei Millionen tschechoslowakischen Kronen samt Nebengebühren, u. a. die Liegenschaft EZ. 3585 KG. B. von dem Gesellschafter der Firma K. Söhne, Robert K., verpfändet worden. Die beklagte Partei habe zur weiteren Sicherstellung das Recht erworben, sämtliche Geschäftsanteile der Fa. B. Co., deren Gesellschafter dieselben wie jene der Fa. K. Söhne gewesen seien, und das dem Robert K. gehörende Haus EZ. 3585 KG. B. bis 31. Dezember 1929 selbst oder für eine andere physische oder juristische Person zu kaufen; sie habe dieses Optionsrecht den Bankhäusern R. und G. angeboten. Die beklagte Partei sei von diesen Bankhäusern ersucht worden, die Optionsrechte bezüglich der Fa. B. Co. zugunsten der F. Eisen- und Stahlwaren KG. und bezüglich der EZ. 3585 KG. B. zugunsten der Fa. B. Co. auszuüben. Tatsächlich habe die Fa. B. Co. durch Kaufvertrag vom 3. und 4. April 1930 von der Verlassenschaft nach Robert K. die letztgenannte Liegenschaft erworben. Nach Punkt II des Kaufvertrages sollte der Kaufpreis von 200.000 S zur Berichtigung der auf der verkauften Liegenschaft einverleibten Forderung der beklagten Partei, welche Forderung damals mit 950.000 tschechoslowakischen Kronen ausgehaftet habe, dienen. Zu einer solchen Verrechnung sei es aber nicht gekommen. In den Jahren 1936 und 1937 habe die beklagte Partei 100% der Geschäftsanteile der Fa. B. Co. von der F. Eisen- und Stahlwaren KG. erworben. Die beklagte Partei sei bis zum Jahre 1938 alleinige Kommanditistin der klagenden Partei und auch alleinige Eigentümerin des gesamten Firmenvermögens gewesen, wobei der Firmenname der Klägerin damals B. Co. Werkzeug und Werkzeugmaschinenfabrik gelautet habe. Im Jahre 1938 hätten Ing. Doktor Robert F. und Kurt S. das Vermögen der Fa. B. Co. um 100.000 RM käuflich erworben und den Firmennamen in den heutigen Namen der Klägerin geändert. Der Kaufpreis von 100.000 RM sei laut Kaufvertrag vom 19. Juli 1938 über die Länderbank in barem berichtigt worden. Mit der Bezahlung dieses Kaufpreises sei die gegenständliche Hypothekarforderung der beklagten Partei laut ausdrücklicher Vereinbarung abgegolten worden. Zwischen 1934 und 1938 sei bei der beklagten Partei ein Gläubigerkonto geführt worden, auf dem die gegenständliche Hypothekarforderung aufgeschienen sei. In der Übernahmsbilanz vom 31. Juli 1938 anläßlich der Übernahme der Fa. B. Co. durch Ing. Dr. F. und Kurt S. sei diese Hypothekarforderung unter den Geschäftsschulden nicht mehr aufgeschienen. Sie sei auch in der Buchhaltung der klagenden Partei nach 1938 nicht mehr ersichtlich gewesen. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus: Ob eine Löschungsquittung während des zweiten Weltkrieges bereits ausgestellt worden sei, könne dahingestellt bleiben, weil die klagende Partei mit Rücksicht auf die festgestellte Tilgung der Hypothekarforderung auf jeden Fall berechtigt sei, die Ausstellung einer Löschungsquittung zu begehren.

Das Berufungsgericht hat das Ersturteil bestätigt und ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige. Es hat die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes übernommen und auch dessen Rechtsansicht gebilligt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die beklagte Partei bekämpft die Rechtsansicht der Untergerichte, daß sie zur Ausstellung einer Quittung verpflichtet sei, obwohl die klagende Partei selbst behauptet habe, während des zweiten Weltkrieges bereits eine Quittung erhalten zu haben, die aber verlorengegangen sei; eine Verpflichtung des Gläubigers zur Ausstellung eines Duplikates der Quittung bestehe nicht.

Der befriedigte Gläubiger muß den Verpfänder in den Stand setzen, die Löschung der Verbindlichkeit aus den Hypothekenbüchern bewirken zu können (§ 1369 3. Satz ABGB.). Die klagende Partei hat derzeit diese Möglichkeit nicht, sei es auch deshalb, weil die erste Quittung, wenn sie tatsächlich ausgestellt wurde - die Untergerichte haben darüber keine Feststellung getroffen verlorengegangen ist. Aber auch dann, wenn der Pfandschuldner die Löschungsquittung verloren hat, muß der Hypothekargläubiger ein Duplikat ausstellen (Klang, Komm.[2], VI, S. 255, zu § 1369 ABGB. bei Anm. 29). Daß der Schuldner für die Kosten dieses Duplikates aufzukommen haben wird (Klang a. a. O.). ändert an dieser Verpflichtung des Gläubigers nichts.

Die Revision erweist sich somit als unberechtigt, weshalb ihr keine Folge zu geben war.