JudikaturJustiz7Rs45/06a

7Rs45/06a – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
15. März 2006

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat durch die Richterinnen Dr.Klobassa (Vorsitz) und Dr.Kraschowetz-Kandolf sowie den Richter Dr.Bott als weitere Senatsmitglieder in der Sozialrechtssache der klagenden Partei F***** G*****, vertreten durch Dr.Reinhard Tögl Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Graz gegen die beklagte Partei P*****, im Rekursverfahren nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 27.Jänner 2006, GZ: 49 Cgs 45/05i-33, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs, dessen Kosten der Rekurswerber selbst zu tragen hat, wird nicht Folge gegeben.

Ein Rekurs an den Obersten Gerichtshof ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit seiner Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension in gesetzlicher Höhe ab dem Stichtag. Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Mit Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Graz als Konkursgericht vom 4.10.2005 zu GZ 26 S 112/05y wurde über das Vermögen des Klägers (Steinmetzbetrieb) das Konkursverfahren eröffnet.

Mit dem angefochtenen Beschluss spricht das Erstgericht deklarativ aus, dass das genannte Sozialrechtsverfahren im Hinblick auf die eingetretene Konkurseröffnung gemäß § 7 KO unterbrochen sei. Der dagegen erhobene Rekurs des Klägers ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurswerber meint, die anhängige Sozialrechtssache sei ein Gemeinschuldnerprozess im Sinn des § 6 Abs 3 KO, weshalb eine Unterbrechungswirkung nicht eintrete. Dem ist nach Ansicht des Rekursgerichts nicht zu folgen.

Die Zulässigkeit des Rekurses ist gegeben, zumal trotz der nur deklarativen Bedeutung des angefochtenen Beschlusses dessen Anfechtbarkeit besteht (EvBl 1994/163).

Gemäß § 7 Abs 1 KO werden alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten, in denen der Gemeinschuldner Kläger oder Beklagter ist, mit Ausnahme der in § 6 Abs 3 bezeichneten Streitigkeiten durch die Konkurseröffnung unterbrochen. Rechtsstreitigkeiten gemäß § 6 Abs 3 KO umfassen Ansprüche, die das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen, insbesondere Ansprüche auf persönliche Leistungen des Gemeinschuldners; solche können auch während des Konkurses gegen den Gemeinschuldner oder von ihm anhängig gemacht und fortgesetzt werden.

Strittig ist demnach, ob das anhängige Sozialrechtsverfahren einen solchen Anspruch gemäß § 6 Abs 3 KO bildet. Zu dieser Frage gibt es - soweit überblickbar - weder Judikatur noch veröffentlichte Lehrmeinungen. Streitigkeiten gemäß § 6 Abs 3 KO werden auch als Gemeinschuldnerprozesse bezeichnet. Ein solcher Gemeinschuldnerprozess liegt vor, wenn der Streitgegenstand nicht vermögensrechtlicher Natur ist, also etwa persönliche Leistungen des Gemeinschuldners betrifft, oder bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn er weder einen Aktiv- noch einen Passivbestandteil der (Soll )Konkursmasse bildet. Letzteres trifft nur zu, wenn die dem Klagebegehren stattgebende Entscheidung im Prozess auf den Stand der Sollmasse unmittelbar keinen Einfluss nimmt. Unmittelbar ist der Einfluss auch dann, wenn der Streitgegenstand selbst den Sollstand der Masse nicht berührt, mit vermögensrechtlichen, die Masse betreffenden Ansprüchen aber derart eng verknüpft ist, dass sich das dem Klagebegehren stattgebende Urteil auf deren Bestand oder Höhe notwendigerweise unmittelbar auswirkt (vgl Schubert in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, Rz 3, 50 zu § 6 mzwN). Betrifft ein Prozess sowohl die Konkursmasse als auch den Gemeinschuldner persönlich, liegt ein Masseprozess vor, dessen Führung im Hinblick auf § 81 dem Masseverwalter obliegt (Schubert aaO Rz 51). Im Zweifel ist das Vorliegen eines Masseprozesses anzunehmen (1 Ob 159/01s). Zu den Gemeinschuldnerprozessen gehören jedenfalls Rechtsstreitigkeiten über Vermögenswerte, die nicht der Exekution unterliegen. Die Rechtsansicht des Rekurswerbers, dass auch beschränkt pfändbare Forderungen nicht in die Konkursmasse fallen, ist jedoch unzutreffend. Beschränkt pfändbare Forderungen fallen nur insoweit nicht in die Konkursmasse, als die beschränkte Pfändbarkeit besteht (Schubert aaO, Rz 57 zu § 6). Richtig ist, dass zu den beschränkt pfändbaren Forderungen des Verpflichteten gemäß § 290a Abs 1 Z 4 Ruhe-, Versorgungs- und andere Bezüge für frühere Arbeitsleistungen wie etwa die Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung gehören. Der klagsweise erhobene Anspruch auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension ist demnach eine solche Forderung, die nur nach Maßgabe des § 291a oder § 291b EO gepfändet werden darf. Im derzeitigen Verfahrensstadium steht weder fest, ob dem Kläger ein Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension zukommt, noch, ob im Fall des Zurechtbestehens dieses Anspruchs der Pensionsbezug eine solche Höhe erreicht, dass (zumindest teilweise) Pfändbarkeit besteht. Pensionsbezüge eines Gemeinschuldners fallen aber zunächst in die Konkursmasse und sind in dem nach der EO pfändbaren Ausmaß jedenfalls Massebestandteil; pfändungsfreie Bezüge sind hingegen konkursfreies Vermögen (10 ObS 233/02s; 3 Ob 136/82; Feil, Konkursordnung5, Rz 1 zu § 5 mwN).

Mit diesen Ausführungen scheint gesichert, dass das vom Kläger geführte Verfahren auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension keinesfalls - wie von § 6 Abs 3 KO gefordert - einen Anspruch darstellt, der das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betrifft. Die vom Rekurswerber ins Treffen geführte Entscheidung des OLG Wien vom 22.10.1979 (veröffentlicht in SSV 9/69), ist auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht anwendbar, da dieses Verfahren einen Anspruch auf Geldleistungen aus der Krankenversicherung (Zuerkennung von Verpflegskosten) betraf. Dieser Anspruch wurde aber mangels Pfändbarkeit als nicht zur Konkursmasse gehörig qualifiziert. Dass dies im vorliegenden Fall nicht zutrifft, wurde bereits ausgeführt.

Das Erstgericht hat daher zutreffend mit deklarativer Wirkung ausgesprochen, dass das gegenständliche Sozialrechtsverfahren zufolge Konkurseröffnung unter- brochen ist, weshalb dem Rekurs ein Erfolg zu versagen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO iVm 2 Abs 1, 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch aus Billigkeit wurden weder behauptet noch ergeben sich solche aus der Aktenlage. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Rekurses an den OGH beruht auf § 528 Abs 2 Z 2 ZPO.

Oberlandesgericht Graz

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