JudikaturJustiz6Ob321/97t

6Ob321/97t – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. November 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der H***** GmbH mit dem Sitz in V***** FN 111305i des Firmenbuches beim Landesgericht Klagenfurt infolge Revisionsrekurses der Geschäftsführer der Gesellschaft Jürgen W*****, und Peter H*****, beide vertreten durch Dr.Stefan Lindner, öffentlicher Notar in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 13. August 1997, GZ 4 R 168/97a, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 23.Mai (richtig: Juni) 1997, GZ 5 FR 4831/96h-3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Im Firmenbuch des Landesgerichtes Klagenfurt ist zu FN 111305i die H***** GmbH mit dem Sitz in Velden eingetragen. Die Geschäftsanschrift lautete bis 3.12.1996: ***** V*****. Gesellschafter sind Gerhard P***** mit einer Stammeinlage von 255.000 S und Jürgen W***** mit einer Stammeinlage von 245.000 S. Zu selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführern sind Jürgen W***** und Peter H***** bestellt.

Mit Eingabe vom 18.11.1996 beantragten Jürgen W***** und Peter H***** "durch den öffentlichen Notar Dr.Stefan Lindner" unter Hinweis auf eine beschlossene Satzungsänderung die Eintragung der Verlegung des Sitzes der Gesellschaft von V***** nach K***** und der neuen Geschäftsanschrift *****. Die Eingabe wurde von Peter H*****, (offenbar, aber unleserlich) von Gerhard P***** und dem einschreitenden Notar unterfertigt. Angeschlossen war das von Notar Dr.Lindner beurkundete Protokoll der außerordentlichen Generalversammlung der Gesellschaft vom 18.11.1996, an der der Mehrheitsgesellschafter Gerhard P***** und der mit Vollmacht des Minderheitsgesellschafters Jürgen W***** ausgestattete Geschäftsführer Peter H***** teilgenommen und einstimmig in Abänderung des Gesellschaftsvertrages die angemeldete Sitzverlegung beschlossen haben.

Das Erstgericht stellte dem Einschreiter den Eintragungsantrag zur Beglaubigung der Unterschriften der Geschäftsführer zurück.

Am 14.5.1997 legte der Notar den Antrag unter Hinweis auf § 23 FBG, der ihn ermächtige, im Namen der zur Anmeldung Verpflichteten die Eintragung zu beantragen, neuerlich vor.

Das Erstgericht, das mit Beschluß vom 3.12.1996 die Änderung der Geschäftsanschrift auf gesonderten Antrag des Geschäftsführers Jürgen W***** bewilligt hatte, lehnte mit Beschluß vom 23.6.1997 die Eintragung der Änderung des Gesellschaftsvertrages (Sitzverlegung) ab. Jede Änderung des Gesellschaftsvertrages sei nach § 51 Abs 1 GmbHG und § 12 Abs 1 HGB von sämtlichen Geschäftsführern in beglaubigter Form zum Firmenbuch anzumelden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beiden Geschäftsführer keine Folge. Die Verlegung des Sitzes der Gesellschaft sei nur auf der Grundlage einer Satzungsänderung möglich. Gemäß § 51 Abs 1 GmbHG sei jede Änderung des Gesellschaftsvertrages, die durch Vorlage des notariell beurkundeten Gesellschafterbeschlusses über die erfolgte Änderung nachgewiesen werden müsse, von sämtlichen Geschäftsführern zum Firmenbuch anzumelden. Soferne nicht die Anmeldung zu gerichtlichem Protokoll erfolge, seien, weil kein Fall der vereinfachten Anmeldung nach § 11 FBG gegeben sei, die Unterschriften auch zu beglaubigen. Dadurch verfolge das Gesetz den Zweck, die inhaltliche Richtigkeit der Erklärungen auf möglichst breiter Basis zu sichern. Dieser Zweck wäre verfehlt, würde es den Geschäftsführern gestattet, sich bei der Abgabe von Erklärungen, auf deren Korrektheit das Gesetz größten Wert lege, vertreten zu lassen. Der Geschäftsführer könne die Anmeldung durch einen Dritten vornehmen lassen, nur dafür weise § 23 FBG den beurkundenden Notar als Bevollmächtigten aus. Diese rein verfahrensrechtliche Bestimmung schaffe hinsichtlich der gesetzlichen Fiktion der Vertretungsbefugnis kein neues Recht, die Erklärung des Notars, sich auf § 23 FBG zu berufen, könne die Geschäftsführer von ihrer Verpflichtung, die Firmenbuchanmeldung persönlich und beglaubigt zu unterfertigen, nicht befreien. Soferne eine gewillkürte Vertretung ausgeschlossen sei, könne auch der Notar nicht einschreiten.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zu § 23 FBG eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Frage des Umfanges der Ermächtigung des Notars nach § 23 FBG eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt. Er ist aber aus den zutreffenden Gründen des Rekursgerichtes nicht berechtigt.

§ 23 FBG bestimmt: "Ist die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung von einem Notar beurkundet oder beglaubigt, so gilt dieser als ermächtigt, im Namen des zur Anmeldung Verpflichteten die Eintragung zu beantragen. Der Notar ist auch berechtigt, Zustellung in Empfang zu nehmen und Rechtsmittel zu erheben". Nach dem Bericht des JA (23 BlgNR 18.GP 17) ist diese Bestimmung dem bisherigen § 129 FGG, erweitert um den (nur) klarstellenden Hinweis, daß der Notar auch Zustellungen in Empfang nehmen kann, nachgebildet.

Zur Frage der Bevollmächtigung, insbesondere in welchem Verhältnis § 129 FGG zu den Bestimmungen des GmbHG steht, die die Mitwirkung sämtlicher Geschäftsführer durch beglaubigte Anmeldung vorsehen (§ 9 Abs 1, § 28 Abs 2, § 51 Abs 1, § 64 Abs 1 GmbHG), hat die überwiegende Lehre und auch die Praxis der Registergerichte den Standpunkt eingenommen, § 129 FGG sei mit der EVHGB in Österreich eingeführt worden, das GmbHG habe daher auf diese Vorschrift nicht Bedacht nehmen können; im übrigen sei anzunehmen, daß die Regelung des GmbHG als Sondervorschrift jener des § 129 FGG vorgehe. Eine Bevollmächtigung zur Anmeldung (ausdrücklich erteilt und vorgelegt oder auf gesetzlicher Fiktion beruhend) sei daher nicht zulässig, was aber nicht ausschließe, daß der Notar den Antrag auf Eintragung verfasse, die von den Geschäftsführern daruntergesetzten Unterschriften im Sinne des § 9 Abs 3 GmbHG - oder § 12 Abs 1 HGB - beglaubige und die Anmeldung der Gesellschaft bei Gericht überreiche (Wünsch, Die Anmeldung der GmbH zum Handelsregister, GesRZ 1987, 165 mwN, insbesondere unter Hinweis auch auf Kastner und Kostner, anderer Meinung lediglich Gellis § 9 Anm 3). Der Lehre, die auch auf § 23 FBG übertragen werden kann (vgl Kostner/Umfahrer, GmbH Handbuch Rz 907 bis 910), ist zuzustimmen. § 129 FGG stammt aus einer Zeit, als bevollmächtigte Rechtsanwälte und Notare ihre Bevollmächtigung noch in allen Fällen schriftlich nachweisen mußten. Die gesetzliche Fiktion, daß Notare, die die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung beurkundet oder beglaubigt haben, als ermächtigt gelten, im Namen des zur Anmeldung Verpflichteten die Eintragung zu beantragen, stellt eine reine Verfahrensvorschrift dar, die auch durch § 30 Abs 2 ZPO nicht obsolet geworden ist, weil die Berufung auf eine solche Vollmacht entfallen kann und diese überdies einen in § 31 ZPO gesetzlich umschriebenen Inhalt hat, der auf das Firmenbuchverfahren nicht Bezug nimmt. § 129 FGG und nunmehr § 23 FBG, der nach den zit Materialien keine Änderung oder Erweiterung, sondern nur eine Klarstellung der bisherigen Regelung darstellt, beseitigt Zweifelsfälle über die Bevollmächtigung für das Anmeldungsverfahren im Firmenbuch und stellt die Legitimation für Zustellungen und Rechtsmittel durch den Notar klar. Eine Derogation der materiellrechtlichen Bestimmungen, daß eine Anmeldung zum Firmenbuch auf Eintragung einer Änderung des Gesellschaftsvertrages der Beglaubigung der Unterschriften sämtlicher Geschäftsführer bedarf, ist dadurch nicht erfolgt. Denn die zur Eintragung erforderliche Erklärung, die vom Notar beurkundet oder beglaubigt wird und ihn nach § 23 FBG zur Anmeldung berechtigt, ist nicht die Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses über die Änderung des Gesellschaftsvertrages (bei einer solchen Beschlußfassung müssen die Geschäftsführer gar nicht anwesend sein, ihre Zustimmung ist nicht erforderlich, so daß sie unter Umständen sogar gar nicht informiert sein könnten), sondern die Beglaubigung der Unterschriften aller Geschäftsführer auf dem (allenfalls vom Notar verfaßten) Eintragungsgesuch. Diese Beglaubigung ist im Sinne des § 23 FBG die Erklärung, die die gesetzliche Vermutung der Ermächtigung des Notars zur Antragstellung namens der Verpflichteten, zur Entgegennahme von Zustellungen oder Erhebung von Rechtsmitteln begründet (vgl SZ 38/83).