JudikaturJustiz6Ob165/11z

6Ob165/11z – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. September 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Leoben zu FN ***** eingetragen gewesenen K***** Gesellschaft m.b.H. in Liquidation mit dem Sitz in N***** über die Revisionsrekurse der Gesellschaft und deren Liquidatorin E***** G*****, beide vertreten durch Dr. Klaus Hirtler, Rechtsanwalt in Leoben, gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 8. Juni 2011, GZ 4 R 101/11x, 4 R 102/11v, 4 R 103/11s, 4 R 104/11p 11, mit denen die Beschlüsse des Landesgerichts Leoben vom 26. April 2011, GZ 24 Fr 2416/11v 7, 24 Fr 2417/11w 7, teilweise abgeändert wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits in der Entscheidung 6 Ob 129/11f eingehend mit den Änderungen des Zwangsstrafenverfahrens nach § 283 UGB durch das Budgetbegleitgesetz 2011 auseinandergesetzt und insbesondere dargelegt, dass gegen die neue Regelung keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

2. Nach § 906 Abs 23 Satz 1 und 2 UGB ist § 283 UGB nF am 1. 1. 2011 in Kraft getreten und auf Verstöße anzuwenden, die nach dem 1. 1. 2011 gesetzt werden oder fortdauern. Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Ansicht hegt der Oberste Gerichtshof daher keine Bedenken, § 283 UGB nF auch dann anzuwenden, wenn die Offenlegungspflicht zwar Zeiträume vor dem 1. 1. 2011 betrifft, die Offenlegung jedoch nicht bis zum 28. 2. 2011 erfolgte (§ 906 Abs 23 Satz 3 UGB). Auch die ErläutRV (981 BlgNR XXIV. GP, 72) führen aus, ein Zwangsstrafenverfahren könne in Ansehung dieser Säumnisperiode am 1. 3. 2011 und nur mit Zwangsstrafverfügung eingeleitet werden, wenn einer bestehenden Offenlegungspflicht vom 1. 1. bis einschließlich 28. 2. 2011 nicht nachgekommen worden ist; eine am 1. 1. 2011 „bestehende Offenlegungspflicht“ muss aber zwangsläufig vor diesem Datum abgeschlossene Geschäftsjahre betreffen (in diesem Sinn auch Dokalik/Birnbauer , Das neue Verfahren zur Erzwingung der Offenlegung nach den §§ 277 ff UGB, GesRZ 2011, 22; vgl auch 6 Ob 129/11f zu einem Jahresabschluss für das Jahr 2009). § 906 Abs 23 letzter Satz UGB, auf den sich der Revisionsrekurs beruft und wonach in Ansehung von Säumnissen der jeweiligen Organe vor dem 1. 1. 2011 § 283 UGB in der bis dahin geltenden Fassung anzuwenden ist, steht dieser Auslegung nicht zwingend entgegen; dieser Satz bezieht sich offensichtlich auf jene Altfälle, in denen bereits vor dem 1. 1. 2011 ein Zwangsstrafenverfahren anhängig war (vgl auch ErläutRV 981 BlgNR XXIV. GP, 72).

Gegen welche „grundlegende[ n ] verfassungsgesetzliche[ n ] Gebote“ diese Übergangsregelung verstoßen soll, führt der Revisionsrekurs nicht näher aus.

3. Der Revisionsrekurs beruft sich auf mangelndes Verschulden der Liquidatorin; bereits mit Beschluss der Gesellschafter vom 28. 7. 2008 seien die Liquidation der Gesellschaft, die Entlastung der Liquidatorin und die Löschung der Gesellschaft „bewilligt“ worden, wobei die Liquidatorin irrtümlich nicht davon ausgegangen sei, dass dieser Beschluss auch „firmenbuchrechtlich durchgeführt werden muss“. Tatsächlich wurde die Gesellschaft am 30. 4. 2011 im Firmenbuch gelöscht, die Zwangsstrafverfügungen gemäß § 283 Abs 2 UGB waren jedoch bereits am 4. 4. 2011 erlassen worden.

Nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0123571; ebenso G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer , FBG [2005] § 24 Rz 33) zu § 283 UGB idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2011, § 24 FBG setzte die Verhängung von Zwangsstrafen (zumindest) leichtes Verschulden voraus. Nunmehr stellt § 283 Abs 2 UGB (nF) zwar ausdrücklich auf unvorhergesehene und unabwendbare Ereignisse ab; nach den ErläutRV (981 BlgNR XXIV. GP, 71) kommt es dabei auch auf „persönlich zumutbare“ Umstände an, sodass insoweit eine Änderung der Rechtslage nicht eingetreten ist. Allerdings musste es für eine Geschäftsführerin und Liquidatorin einer österreichischen Kapitalgesellschaft auf der Hand liegen, dass nicht Gesellschafterbeschlüsse allein zur Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch führen können, sondern es dazu einer konkreten Antragstellung durch das Organ der Gesellschaft bedarf.

Mangelndes Verschulden haben die Vorinstanzen damit aber in durchaus vertretbarer Weise verneint.