JudikaturJustiz5Ob92/85

5Ob92/85 – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. April 1986

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Schubert, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Emma T***, Vertragsbedienstete, Flotowgasse 18/3/9, 1190 Wien, vertreten durch Dr. Johann Subarsky, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Erstgericht hat auf Antrag einer Mit- und Wohnungseigentümerin gemäß § 19 Abs 2 Z 1 WEG festgestellt, daß die von der Anteilsmehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer der Eigentumswohnungsanlage Flotowgasse 18 im 19.Wiener Gemeindebezirk geschlossene Vereinbarung, "die Instandsetzung der auf Kosten eines Terrasseneigentümers angebrachten Terrassenbeläge (Fliesen, Steinplatten etc) durch die Hausgemeinschaft wird unter Hinweis auf die Bestimmung des § 13 Abs 3 WEG abgelehnt," keine nach § 19 Abs 1 WEG zulässige Vereinbarung ist.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Sachbeschluß der ersten Instanz und ließ den weiteren Rekurs an den Obersten Gerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung der zu beantwortenden Rechtsfrage zu.

Der Vereinbarung der Anteilsmehrheit der Wohnungs- und Miteigentümer liegt die Erwägung zugrunde, daß bei einer notwendigen Sanierung der Isolierung einer Terrasse - wie dies bei der Antragstellerin zutrifft - der jeweils davon betroffene Mit- und Wohnungseigentümer die Kosten der Wiederherstellung der bei den Sanierungsarbeiten beseitigten Terrassenverfliesung selbst tragen soll.

Beide Vorinstanzen haben die Ansicht geäußert, daß diese Vereinbarung unzulässig sei. Das Gericht zweiter Instanz führte dazu im wesentlichen an:

Die Sanierung der Isolierung einer zum Wohnungsverband gehörigen Terrasse zähle zu den ordentlichen Erhaltungsarbeiten, denn es handle sich um die Beseitigung eines ernsten Schadens des Hauses (§ 14 Abs 1 Z 1 WEG idF des § 56 Z 1 MRG) innerhalb des Wohnungseigentumsobjekts. Die Kosten der Behebung solcher Schäden fielen der Gemeinschaft zur Last. Die Sanierungsarbeiten schlössen aber auch alle damit verbundenen Arbeiten, also auch die Wiederherstellung von Tapeten, Malerei und Verfliesung ein. Erhaltungsarbeiten seien gemäß § 19 Abs 1 Satz 1 WEG von den Miteigentümern nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu tragen. Eine abweichende Vereinbarung könne nur von allen Miteigentümern getroffen werden (§ 19 Abs 1 Z 2 WEG). Der Mehrheitsbeschluß, der hier gefaßt wurde, widerspräche diesen Grundsätzen und sei unzulässig gewesen. Es sei bedeutungslos, ob die Antragstellerin die Verfliesung ihrer Terrasse mit oder ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer vorgenommen habe; das Gesetz nehme darauf nicht Rücksicht. Die Instandhaltungspflicht des Wohnungseigentümers gemäß § 13 Abs 3 WEG ende dort, wo es sich um ernste Schäden des Hauses handle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegner ist nicht berechtigt. Es steht außer Frage, daß die Instandsetzung der undicht gewordenen Terrassenisolierung im Wohnungsbereich der Antragstellerin, die zur Abwendung des Eindringens von Feuchtigkeit in die darunter befindliche Eigentumswohnung erforderlich ist, der ordnungsgemäßen Erhaltung der gemeinsamen Teile der Liegenschaft im Sinne des § 14 Abs 1 Z 1 WEG idF des § 56 Z 1 MRG dient, denn es handelt sich dabei um die Beseitigung eines ernsten Schadens des Hauses im Sinne der verwiesenen Vorschrift des § 3 Abs 2 Z 2 MRG. Solche Instandhaltungsarbeiten sind, auch wenn sie im Bereich des Verbandes einer Eigentumswohnung stattfinden, zur Last der Gemeinschaft durchzuführen (Würth in Rummel, ABGB, Rdz 4 a zu § 14 WEG und Call, Mietrecht und Wohnungseigentum 99). Die Aufwendungen dafür zählen in Ermangelung ihrer Erfassung durch § 19 Abs 1 Z 1 WEG zu den in § 19 Abs 1 Z 2 WEG bezeichneten "sonstigen Aufwendungen", die von den Miteigentümern nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu tragen sind, wenn nicht alle Miteigentümer in Schriftform einem abweichenden Verteilungsschlüssel zugestimmt haben. Da die Verfliesung eines nur aus einem Betonestrich bestehenden Terrassenbodens, der zum Verband der Eigentumswohnung gehört, dem zeitgemäßen Ausstattungsstandard entspricht und grundsätzlich in den Bereich jener Änderungen am Gegenstand des Wohnungseigentums fällt, die dem Wohnungseigentümer auch ohne Zustimmung der anderen gestattet sind (§ 13 Abs 2 erster Satz WEG), und von den Antragsgegnern nicht behauptet wurde, dieser Maßnahme der Antragsteller seien Unzulässigkeitsgründe gemäß § 13 Abs 2 Z 1 WEG entgegengestanden, sind auch die Kosten der Wiederherstellung der Verfliesung, die zum Zwecke der Instandsetzung der Terrassenisolierung abgetragen werden muß, Aufwendungen, die § 19 Abs 1 Z 2 WEG zuzuordnen sind und in Ermangelung einer abweichenden schriftlichen Vereinbarung aller Miteigentümer von diesen nach dem Verhältnis ihrer Anteile getragen werden müssen.

Aus diesen Erwägungen ist der Rechtsansicht der Vorinstanzen zuzustimmen, daß der Beschluß der Anteilsmehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer über eine abweichende Kostentragung unzulässig war. Der Revisionsrekurs der Antragsgegner kann deshalb keinen Erfolg haben.