JudikaturJustiz5Ob244/99i

5Ob244/99i – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Oktober 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Fabiana P*****, vertreten durch Michaela Schinnagl, Mietervereinigung Österreichs, Pfeilgasse 42a, 1080 Wien, wider die Antragsgegnerin E*****, vertreten durch Dr. Herbert Poinstingl, Rechtsanwalt in Wien, wegen §§ 16, 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. Mai 1999, GZ 40 R 17/99t-44, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 6. November 1998, GZ 17 Msch 24/97g-40, abgeändert wurde, folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Im gegenständlichen Mietzinsüberprüfungs- verfahren ist in dritter Instanz nur mehr die vom Rekursgericht als Grund für die Zulassung des Revisionsrekurses angeführte Rechtsfrage zu klären, ob der Belohnungstatbestand des § 16 Abs 1 Z 5 MRG idF vor dem 3. WÄG auch dann erfüllt sein kann, wenn der Mietgegenstand unmittelbar vor der Standardanhebung nicht bzw nur teilweise zu Wohnzwecken vermietet war. Die hiefür maßgeblichen Feststellungen lauten - kurz gefaßt - wie folgt:

Das verfahrensgegenständliche Mietobjekt (top 11 des Hauses J*****straße 75-77) war baubehördlich bereits als Wohnung gewidmet, als es von den Vormietern der Antragstellerin benützt wurde. Als es Ilse T. und Erich K. am 30. 6. 1978 anmieteten, bestand des Objekt aus zwei Zimmern, einem Kabinett, Küche, Vorzimmer, Bad und WC. Es durfte vereinbarungsgemäß als Wohnung bzw Werkstätte verwendet werden, doch hatten Ilse T. und Erich K. von Anfang an die Absicht, das Objekt nur als Werkstätte zu verwenden. Das verflieste Badezimmer wurde nach Wegschaffung der Sanitärgegenstände als Lager verwendet.

Der Pächter, der in der top 1 und top 11 des Hauses J*****straße 75-77, betriebenen Schneiderei richtete ein Zimmer des Objektes top 11 so ein, daß dort auch ein Wohnen möglich war; ob er dort auch tatsächlich wohnte, konnte nicht festgestellt werden.

Vor Ilse T. und Erich K. war Mieterin des Objektes top 11 eine vom Vater der Genannten gegründete GmbH, noch früher war der Vater selbst Mieter. Dieser hatte in den 50er-Jahren auf seine Kosten eine Zentralheizung einbauen lassen, wobei die Wärmezufuhr über die top 1 erfolgte. Als Ilse T. und Erich K. das Objekt top 11 der Antragsgegnerin zurückstellten, war diese Wärmeversorgung durch ein Abklemmen der über die Decke zwischen der top 1 und top 11 führenden Rohre unterbrochen. Die Heizungsrohre selbst waren aber bei Rückstellung an die Vermieterin noch vorhanden. Das Objekt hatte Ilse T. und Erich K. zuletzt als Büro und Werkstätte gedient. Ob die bei Räumung der top 11 durch die Vormieter vorhandene Dusche in dem als Küche bezeichneten Raum funktionsfähig war, konnte nicht festgestellt werden.

Während das Erstgericht in der festgestellten Verwendung des verfahrensgegenständlichen Mietobjekts als Geschäftslokal ein Hindernis für die Inanspruchnahme des Belohnungstatbestandes des § 16 Abs 1 Z 5 aF MRG durch die Antragsgegnerin erkannte und dieser nur der Kategorie-A-Mietzins zubilligte (obwohl die Antragsgegnerin vor der Neuvermietung ca S 1 Mio in das Objekt investiert hatte), sah das Rekursgericht die Vorschreibung des nach § 16 Abs 1 Einleitungssatz MRG angemessenen Hauptmietzinses als gerechtfertigt an. Dies aus folgenden Erwägungen:

§ 16 Abs 1 Z 5 MRG idF vor dem 3. WÄG gestattete die Vereinbarung eines angemessenen Mietzinses für eine Wohnung der Ausstattungskategorie A oder B in ordnungsgemäßem Zustand dann, wenn deren Standard vom Vermieter nach dem 31. Dezember 1967 angehoben wurde, wobei das Gesetz dafür drei verschiedene Möglichkeiten anführte, nämlich 1. durch Zusammenlegung von Wohnungen der Ausstattungskategorie C oder D, 2. durch eine andere bautechnische Aus- oder Umgestaltung größeren Ausmaßes einer Wohnung oder mehrerer Wohnungen der Ausstattungskategorie C oder D oder 3. sonst unter Aufwendung erheblicher Mittel.

Die genannte dritte Möglichkeit der Standardanhebung setze nicht voraus, daß sie durch Aus- oder Umgestaltung einer Wohnung erfolgt. Unter diesem Aspekt sei es daher nicht Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Z 5, daß der Mietgegenstand auch vor der Standardanhebung zur Gänze oder überwiegend zu Wohnzwecken vermietet war.

Ob es sich bei einem Mietgegenstand um eine Wohnung handelt, richte sich gemäß § 16 Abs 1 Z 1 MRG aF in erster Linie nach dem zwischen den Parteien vereinbarten Verwendungszweck, ohne daß es dabei auf eine spezifische Beschaffenheit ankomme. Gründe dafür, daß es bei der Frage der Anwendbarkeit der Z 5 eine Rolle spielen soll, welcher Verwendungszweck zwischen Vermieter und Vormieter vereinbart war, seien nicht ersichtlich. Es bestehe kein Anlaß, dem Vermieter den angeführten Belohnungstatbestand zu verweigern, wenn er in einem Objekt, das vorher vereinbarungsgemäß überwiegend oder zur Gänze als Geschäftsräumlichkeit verwendet wurde, die nun neuen baulichen Voraussetzungen dafür schafft, daß das Mietobjekt bei Vermietung zu Wohnzwecken den Ausstattungskategorien A oder B zugeordnet werden kann.

Im jetzt vorliegenden ordentlichen Revisionsrekurs bekämpft die Antragstellerin diese Rechtsansicht mit dem Argument, daß der Belohnungstatbestand des § 16 Abs 1 Z 5 aF MRG in allen Variationen die Anhebung der Ausstattungskategorie voraussetze, womit klar sei, daß das Mietobjekt vor und nach der Standardanhebung eine Wohnung (gewesen) sein müsse. Kategorieeinstufungen kämen bei systematischer Betrachtungsweise nur bei Wohnungen in Frage. Auch im Zusammenhang mit der Festsetzung der Wiedervermietungsfrist von 6 Monaten habe der Gesetzgeber klargestellt, daß es - arg: "wenn der Vermieter diese Wohnung vermietet" - nur um die Aufwendung erheblicher Mittel in ein schon früher zu Wohnzwecken vermietetes Objekt gehen kann. Es werde daher der Antrag gestellt, in Abänderung des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses die Entscheidung des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Von der Antragsgegnerin liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, dem Rechtsmittel der Antragstellerin nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist mangels Judikatur zur aufgeworfenen Rechtsfrage zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach Meinung des erkennenden Senats setzt der hier zu prüfenden Belohnungstatbestand des § 16 Abs 1 Z 5 MRG idF vor dem 3. WÄG (vgl jetzt § 46c MRG) zwar die Standardanhebung eines Mietgegenstandes voraus, der schon vor der Wiedervermietung eine Wohnung war, doch ist bei dieser rechtlichen Qualifikation nicht auf den mit dem Vormieter vereinbarten Verwendungszweck, sondern auf jene Vorstellungen abzustellen, die der Gesetzgeber des MRG mit dem in § 1 MRG verwendeten Begriff "Wohnung" verband. Er hat diesen Rechtsbegriff zwar nicht definiert, aber als bekannt vorausgesetzt und damit offenbar auf die Verkehrsauffassung verwiesen, die unter "Wohnung" einen selbständigen, baulich abgeschlossenen Teil eines Gebäudes versteht, der geeignet ist, der Befriedigung der individuellen Wohnbedürfnisse von Menschen zu dienen (Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, Rz 56 zu § 1 MRG mwN). Den Bauvorschriften kommt dabei maßgebliche Bedeutung zu (vgl RdW 1986, 339 ua), sodaß das verfahrensgegenständliche Objekt, das im genehmigten Bauplan als Wohnung ausgewiesen ist, offenbar auch als Wohnung kollaudiert wurde und bei Vermietung an die Vorbenützer der Antragstellerin zwei Zimmer, ein Kabinett, Küche, Vorzimmer, Bad und WC aufwies, sich also in herkömmlicher Weise für die Befriedigung menschlicher Wohnbedürfnisse eignet, als Wohnung iSd § 16 Abs 1 Z 5 aF WEG zu qualifizieren ist. Das Kriterium des vereinbarten Verwendungszwecks gilt nach der Judikatur für die nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG vorzunehmende Abgrenzung der Wohnungsmiete von der Geschäftsraummiete, also der Miete eines Objektes das "nicht zu Wohnzwecken dient" (MietSlg 36/29 uva; Würth aaO, Rz 11 zu § 16 MRG), ist jedoch für die Ausdeutung des in § 16 Abs 1 Z 5 aF MRG verwendeten Begriffs der "Wohnung" nicht heranzuziehen. Dem Rekursgericht ist daher beizupflichten, daß der Erfüllung des genannten Belohnungstatbestandes nicht entgegensteht, daß das verfahrensgegenständliche Objekt von den Vormietern der Antragstellerin vereinbarungsgemäß (auch) zu Geschäftszwecken verwendet wurde.

Aus diesem Grund war wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtssätze
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