JudikaturJustiz4R214/04d

4R214/04d – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
10. November 2004

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Hofrat Dr. Schmeid als Vorsitzenden und die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Galli und Dr. Rothenpieler als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Dr. Renate Napetschnig, Rechtsanwältin in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei C*****, vertreten durch Mag. Petra Apeldauer, Rechtsanwältin in Wien, wegen zuletzt Zahlung von EUR 982,80 samt Anhang, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 27.07.2004, 14 Cg 11/04i-10 (Rekursinteresse richtig: EUR 311,56), in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 111,36 (darin enthalten EUR 18,56 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahren binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen. Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO).

Text

Begründung:

Mit der am 15.12.2003 beim Landesgericht Klagen-furt eingebrachten Mahnklage begehrte die Klägerin von der Beklagten zunächst die Zahlung einer offenen Werklohnforderung von EUR 19.364,50 samt Anhang. Das angerufene Gericht hat der Klägerin im Zuge der amtswegigen Zuständigkeitsprüfung die Vorlage der Originalurkunde über eine Gerichtsstandsvereinbarung aufgetragen. Die Urkunde wurde nicht vorgelegt, vielmehr langte am 23.12.2003 beim Landesgericht Klagenfurt ein Überweisungsantrag ein, mit welchem eine Einschränkung des Klagebegehrens auf EUR 982,80 verbunden war.

Mit Beschluss vom 29.12.2003 hat das Landesgericht Klagenfurt die Rechtssache antragsgemäß an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz überwiesen. Dieses hat am 28.01.2004 einen Zahlungsbefehl erlassen, gegen welchen die Beklagte Einspruch erhob.

Das Erstgericht hat für den 20.04.2004 eine Streitverhandlung anberaumt. Noch vor dieser Verhandlung, nämlich am 08.04.2004, langte beim Erstgericht ein am 06.04.2004 verfasster Schriftsatz der Klägerin ein, in welchem diese erklärte, die Klage zurückzuziehen. Dieser Schriftsatz wurde beim Gericht einfach eingebracht, auf der Vorderseite desselben wurde vermerkt „1 GlS gemäß § 112 ZPO". Das Erstgericht hat aufgrund der Klagerücknahme mit Verfügung vom 08.04.2004 die Tagsatzung vom 20.04.2004 abgesetzt. Als Grund für die Absetzung wurde die „Klagsrückziehung" genannt. Diese Verfügung wurde am 08.04.2004 abgefertigt und ist den Parteien unter Benennung des angeführten Grundes im ERV-Rückverkehrsweg zur Kenntnis gelangt. Mit weiterer Verfügung vom 29.04.2004 hat das Erstgericht die Zustellung einer Kopie des Schriftsatzes vom 06.04.2004, mit welchem die Klage zurückgenommen wurde, an die Beklagte bzw deren Vertreterin angeordnet. Diese Verfügung wurde am 06.05.2004 abgefertigt. Am 28.05.2004 langte beim Erstgericht ein Schriftsatz der Beklagten ein, in welchem diese die Bestimmung und den Zuspruch von Kosten in der Höhe von EUR 1.035,40 begehrte.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht die Kosten mit EUR 311,56 (davon EUR 51,92 Umsatzsteuer) bestimmt und der klagenden Partei diesen Betrag zum Ersatz an die Beklagte auferlegt. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin, die damit eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und eine Zurückweisung des Antrages auf Kostenbestimmung wegen Verspätung anstrebt. Sie vertritt den Standpunkt, dass die Beklagte bereits am 09.04.2004 von der Abberaumung der Tagsatzung aufgrund der erfolgten Zurücknahme der Klage Kenntnis erlangt habe, und die vierwöchige Notfrist zum Zeitpunkt des Einlangens des Kostenbestimmungsantrages längst abgelaufen sei.

Die Beklagte hat eine Rekursbeantwortung erstattet; sie beantragt darin, dem Rekurs ihrer Prozessgegnerin keine Folge zu geben. Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Im Sinne des § 237 Abs 2 ZPO ist eine Zurücknahme der Klage eine formgebundene Prozesshandlung, entweder durch Schriftsatz oder in der mündlichen Streitverhandlung zu erklären. Im ersten Fall ist der Schriftsatz aufgrund einer Verfügung des Vorsitzenden ohne vorgängige Beschlussfassung des Senates zuzustellen. Die Notfrist, innerhalb der der Gegner Kostenersatz beantragen kann, beträgt nach § 237 Abs 3 ZPO vier Wochen ab Verständigung von der Zurücknahme der Klage. § 112 ZPO ist im Hinblick auf diese Notfrist nicht anzuwenden. Die Ansicht der Rechtsmittelwerberin, dass schon die Verständigung der Beklagten bzw ihrer Rechtsanwältin von der Absetzung der Tagsatzung vom 20.04.2004 mit der Bekanntgabe der „Klagsrückziehung" als Abberufungsgrund den Lauf der Notfrist in Gang gesetzt hätte, ist aus folgenden Erwägungen nicht zu teilen:

Die Zurücknahme der Klage ist die prozessual wirksame Erklärung des Klägers auf den gerichtlichen Rechtsschutz zu verzichten. Sie stellt eine reine Prozesshandlung dar und entfaltet schon nach dem Wortlaut des § 237 Abs 2 ZPO ihre Wirkungen gegenüber dem Prozessgegner erst mit der Zustellung des Schriftsatzes, in welchem die Zurücknahme der Klage erklärt worden ist. Erst im Falle der Zustellung dieses Schriftsatzes besteht für den Prozessgegner Klarheit darüber, dass der Prozess beendet ist. Die bloße Anführung des Grundes in einer die Absetzung einer Streitverhandlung betreffenden Verfügung ohne Zustellung eines Schriftsatzes, mit welchem die Klage zurückgenommen wird, hat bloß die Bedeutung, dass dem Erstgericht nach der Aktenlage die Klagerücknahme bekannt gewesen ist und es aus diesem Grunde keine weiteren prozessualen Handlungen mehr setzen wird.

Die bloße Mitteilung des Grundes für die Absetzung einer Tagsatzung kann daher die Zustellung des Schriftsatzes ebenso wenig ersetzen wie der in der Praxis häufig gefasste Beschluss, mit welchem „die Zurücknahme der Klage zur Kenntnis genommen" wird (vgl Lovrek in Fasching/Konecny2 III § 237 ZPO Rz 36). Dagegen spricht schon der Wortlaut des § 237 Abs 3 ZPO.

Aus diesen Gründen ist die an die Beklagte unter Anführung der Klagerückziehung als Grund für die Absetzung ergangene Verständigung nicht geeignet gewesen, den Lauf der Notfrist des § 237 Abs 3 ZPO in Gang zu setzen. Da die Frist für den Antrag auf Kostenbestimmung nicht vor der Abfertigung der die Zustellung des Schriftsatzes anordnenden Verfügung des Erstgerichtes und somit nicht vor dem 06.05.2004 zu laufen beginnen konnte, und der Antrag auf Kostenbestimmung bzw Kostenersatz am 28.05.2004 und somit noch innerhalb der vierwöchigen Notfrist bei Gericht eingelangt ist, ist er als rechtzeitig anzusehen.

Aus diesen Erwägungen ist dem Rekurs, in welchem gegen die Höhe des Kostenzuspruches keine Einwendungen erhoben werden, ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO iVm § 11 RATG. Die verzeichneten Kosten waren zu kürzen, weil nach § 11 RATG Bemessungsgrundlage für die Kostenbestimmung bei Kostenrekursen gegenüber dem Gegner jener Kostenbetrag ist, dessen Zuspruch ersiegt wird.

Der Unzulässigkeitsausspruch gründet sich auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO. Oberlandesgericht Graz

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