JudikaturJustiz4R133/05v

4R133/05v – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
18. August 2005

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Hofrat Dr.Schmeid als Vorsitzenden und die Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Galli und Dr.Rothenpieler als weitere Senatsmitglieder in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz zu FN ***** eingetragenen K***** Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Graz, über den Rekurs der Gesellschaft gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 27.5.2005, 47 Fr 1679/05k-7, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird, soweit er sich gegen die Verhängung von Zwangsstrafen richtet, nicht Folge gegeben; im Übrigen wird er zurückgewiesen.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Im Firmenbuch des Landesgerichtes für ZRS Graz ist zu FN ***** die Firma K***** Gesellschaft mbH eingetragen. Stichtag für den Jahresabschluss ist der letzte Tag im Februar. Die Gesellschaft wird durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen von ihnen gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. Im Firmenbuch sind als Geschäftsführer DI R***** und DI J***** eingetragen, als Prokurist fungiert Mag.K*****.

Mit Schreiben vom 29.3.2005 übermittelte die Gesellschaft dem Firmenbuchgericht den Jahresabschluss zum 29.2.2004 (ON 1). Mit Beschluss vom 21.4.2005, ON 3, trug das Firmenbuchgericht den beiden Geschäftsführern - unter Hinweis, dass die Offenlegung des Jahresabschlusses zum 29.2.2004 nicht den Bestimmungen des HGB entspreche - auf, binnen 14 Tagen den Ergebnisverwendungsvorschlag und den Ergebnisverwendungsbeschluss vorzulegen. Für den Fall der Nichtentsprechung wurde die Verhängung einer Zwangsstrafe von je bis € 1.000,-- angekündigt.

Mit dem vom Prokuristen Mag.K***** unterfertigten Schreiben vom 3.5.2005, ON 4, teilte die Gesellschaft dem Firmenbuchgericht mit, dass die Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung noch nicht erfolgt sei. Unmittelbar nach der Beschlussfassung werde diese beim Firmenbuchgericht eingereicht werden. Ein Ergebnisverwendungsvorschlag sei nicht erstellt worden, weil weder Gesetz, noch Gesellschaftsvertrag hiezu verpflichte. Das Firmenbuchgericht teilte der Gesellschaft mit Schreiben vom 10.5.2005, ON 5, u.a. mit, dass dem § 277 Abs 1 HGB zu entnehmen sei, dass der Vorschlag über die Verwendung des Ergebnisses beim Firmenbuchgericht des Sitzes [der Gesellschaft] einzureichen sei. Mit dem vom Prokuristen Mag.K***** unterfertigten Schreiben vom 20.5.2005 übermittelte die Gesellschaft den Gesellschafterbeschluss, aus dem die Ergebnisverwendung über das Wirtschaftsjahr 2004/05 hervorgeht. Diesem Schreiben lag der ***** Beschluss gemäß § 34 GmbHG bei, dass vom ausgewiesenen Bilanzgewinn an die Gesellschafter ein ziffernmäßig bestimmter Betrag im Verhältnis ihrer Anteile am Stammkapital ausgeschüttet wird (ON 6 = AS 15, 17). Mit Beschluss vom 27.5.2005, ON 7, erteilte das Firmenbuchgericht den beiden Geschäftsführern den Auftrag, den Jahresabschluss binnen 14 Tagen durch Einreichung des Ergebnisverwendungsvorschlages zu verbessern, verhängte über beide Geschäftsführer eine Zwangsstrafe von je € 400,-- und forderte die Geschäftsführer neuerlich auf, binnen zwei Monaten nach Rechtskraft des Beschlusses ON 7 dem erteilten Auftrag nachzukommen, widrigens eine Zwangsstrafe im Betrag von bis zu € 3.600,-- verhängt und der diesbezügliche Beschluss veröffentlicht werde. Dieser Beschluss wurde den Geschäftsführern je am 3.6.2005 zugestellt.

Die Gesellschaft erhob dagegen Rekurs. Die lediglich vom Prokuristen Mag.K***** unterfertigte Rekursschrift weist folgenden Inhalt auf:

Betrifft: „Einreichung Jahresabschluss, FN *****,

47 Fr 1679/05k-7

Auftrag zur Zahlung einer Zwangsstrafe

DI R*****

Auftrag zur Zahlung einer Zwangsstrafe

DI J*****

Bezugnehmend zu obigem Auftrag ergreifen wir innerhalb offener Frist

das Rechtsmittel des Rekurses.

Eine genauere Begründung der Berufung wird nachgereicht."

In der Folge übermittelte die Gesellschaft mit einem vom Geschäftsführer DI R***** unterfertigten Schreiben den „Vorschlag der Geschäftsführung zum Gesellschafterbeschluss der K***** GmbH, in dem auch die Ergebnisverwendung und das Wirtschaftsjahr 2004/05 vorgeschlagen wird" (ON 12). Diesem Schreiben lag ein nicht unterfertigter der AS 17 entsprechender Beschluss gemäß § 34 GmbHG bei (AS 31).

Das Rekursgericht stellte die ihm zur Erledigung des Rekurses vorgelegten Akten dem Erstgericht zur Durchführung eines fristgebundenen Verbesserungsverfahrens zurück, weil der Rekurs lediglich vom Prokuristen Mag.K***** unterfertigt ist, der nach dem Stand des Firmenbuchregisters alleine nicht vertretungsbefugt ist. Im Übrigen wurde darauf hingewiesen, dass der erhobene Rekurs „Bezugnehmend zu obigem Auftrag ergreifen wir innerhalb offener First das Rechtsmittel des Rekurses. Eine genauere Begründung der Berufung wird nachgereicht" inhaltsleer und dann einer Verbesserung zugänglich ist, sofern er nicht bewusst inhaltsleer eingebracht wurde, um eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erreichen (ON 14). Das Erstgericht erteilte den Geschäftsführern folgenden Verbesserungsauftrag:

„Der Rekurs ist vom Prokuristen Mag.K***** (Anmerkung: der Prokurist ist laut aktuellem Stand des Firmenbuchregisters allein nicht vertretungsbefugt) unterfertigt und enthält den Verweis, dass eine genauere Begründung der Berufung nachgereicht wird. Bis dato ist kein ergänzender Schriftsatz zum Rekurs bei Gericht eingelangt, weshalb nunmehr die Aufforderung ergeht, binnen einer Frist von 14 Tagen ab Zustellung des Beschlusses den Rekurs vom 17.6.2005 in der Weise zu verbessern, indem eine Begründung dargelegt wird. Der in dieser Weise verbesserte Rekurs ist von den vertretungsbefugten Organen der Gesellschaft - und zwar in der zur Vertretung notwendigen Anzahl - zu unterfertigen.

Sollte diesem gerichtlichen Auftrag binnen der hiefür eingeräumten Verbesserungsfrist nicht nachgekommen werden, so wird das Rechtsmittel des Rekurses ohne Vornahme der aufgetragenen Verbesserung nach Ablauf der hiefür gesetzten Frist von 14 Tagen ab Zustellung des Beschlusses dem Oberlandesgericht Graz zur Entscheidung vorgelegt werden" (ON 15, AS 39).

Dieser Beschluss wurde dem Geschäftsführer DI.R***** vom 3.8., dem Geschäftsführer DI J***** und dem Prokuristen Mag.K***** je am 2.8.2005 zugestellt.

Mit dem am 10.8.2005 datierten und am nämlichen Tag bei der vereinigten Einlaufstelle des Firmenbuchgerichtes und des Rekursgerichtes überreichten Schreiben legte die Gesellschaft eine Begründung ihres Rekurses dar.

Die Gesellschaft verwies unter Hinweis auf §§ 22 Abs 2, 3 GmbHG darauf, dass der Vorschlag der Geschäftsführer für die Gewinnverteilung dem Gesellschafter zuzusenden ist, dessen Einsichtsrecht ausgeschlossen ist; da jedoch das Einsichtsrecht der Gesellschafter im konkreten Fall nicht ausgeschlossen oder beschränkt sei, sei § 22 Abs 3 GmbHG nicht anzuwenden. Nur im § 22 Abs 3 GmbHG finde sich ein Hinweis darauf, dass von den Geschäftsführern ein Gewinnverteilungsvorschlag zu erstellen sei.

Im Gesellschaftsvertrag der Gesellschafter sei vorgesehen, dass die Generalversammlung der Gesellschaft über die Verteilung des Reingewinnes beschließe. Dies decke sich auch mit den Bestimmungen des § 35 Abs 1 GmbHG, in denen ein Katalog von Maßnahmen enthalten sei, die der Zustimmung der Generalversammlung unterliegen (können). Für die Verteilung des Bilanzgewinnes sei immer die Generalversammlung zuständig (§ 35 Abs 2 GmbHG). Für einen solchen Gewinnverwendungsbeschluss bedürfe es daher keines Vorschlages der Geschäftsführer im Gegensatz, dieser Vorschlag würde in die autonomen Rechte der Generalversammlung eingreifen.

Das Schreiben vom 10.8.2005, ON 16, ist als Verbesserung des Rekurses ON 7, anzusehen.

Der Rekurs ist hinsichtlich der Zwangsstrafenverhängung nicht begründet, im Übrigen ist er unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Gesellschaft ist nach dem Inhalt ihres Jahresabschlusses eine große Kapitalgesellschaft (§ 221 Abs 3 HGB).

§ 277 HGB normiert - worauf das Erstgericht in seinem Schreiben vom 10.5.2005, ON 5 hingewiesen hat -, dass die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften den Jahresabschluss und den Lagebericht, den Bericht des Aufsichtsrates, den Vorschlag über die Verwendung des Ergebnisses und den Beschluss über dessen Verwendung neun Monate nach dem Bilanzstichtag beim (zuständigen) Firmenbuchgericht einzureichen haben (vgl auch Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, I² Rz 3/312, 3/322, 3/468).

Die Auffassung der Gesellschaft, nur im § 22 Abs 3 GmbHG finde sich ein Hinweis auf einen Gewinnverteilungsvorschlag und nur bei Vorliegen der Beschränkung des Einsichtsrechts der Gesellschafter (§ 22 Abs 3 GmbHG) bestehe die Verpflichtung zur Erstattung eines Gewinnverteilungsvorschlages, eine solche Beschränkung liege aber nicht vor, weshalb die Gesellschaft zur Erstattung eines Gewinnverteilungsvorschlages nicht verpflichtet sei, negiert einerseits die zwingenden Bestimmungen des § 277 HGB und beruht andererseits auf einer unzutreffenden Auslegung des § 22 GmbHG). Es wäre ein eklatanter Wertungswiderspruch, wenn nur ein von der Bucheinsicht ausgeschlossener Gesellschafter Anspruch auf einen Gewinnverteilungsvorschlag habe, nicht jedoch der, dessen Einsichtsrecht nicht beschränkt ist. Aus § 22 GmbHG ist eine Beschränkung des § 277 HGB nicht entnehmbar.

Reich-Rohrwig vertritt die Auffassung, dass den Gesellschaftern wohl auch der Gewinnverteilungsvorschlag zuzusenden sein wird, und zwar generell, nicht nur gegenüber Gesellschaftern, die gesellschaftsvertraglich von der Bucheinsicht ausgeschlossen sind (aaO Rz 2/726 mwN in FN 3).

Selbst wenn man ein solches Zusendungsrecht für den einsichtsbefugten Gesellschafter (aufgrund des Wortlautes des § 22 Abs 2 GmbHG) verneinte, wäre für die Rekurswerberin nichts gewonnen, weil sich die Verpflichtung zur Erstellung des Gewinnverteilungsvorschlages eindeutig aus § 277 HGB ergibt. Die Bestimmungen des § 35 GmbHG sind nicht im Widerspruch mit § 277 HGB. Die im Rekurs aufgestellte Behauptung, ein Gewinnverteilungsvorschlag greife in die autonomen Rechte der Generalversammlung ein, ist nicht begründet. Weitere Aspekte zeigt der Rekurs diesbezüglich nicht auf. Mangels Entsprechung des erteilten Auftrages hat das Erstgericht zutreffend über die säumigen Geschäftsführer eine Zwangsstrafe verhängt.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass bloße Aufforderungen zur Einreichung von Unterlagen und damit verbundene Androhungen einer Zwangsstrafe für den Fall der Nichtbefolgung der gerichtlichen Verfügung eine Belehrung und Warnung hinsichtlich der im Gesetz normierten Ungehorsamsfolgen, nicht aber schon eine der Anfechtung und Überprüfung zugängliche Verfügung des Gerichtes im Sinn des § 24 FBG iVm § 9 AußStrG (in der Fassung vor dem BGBl I 2003/111) darstellen können. Solche Belehrungen und Warnungen sind nicht der Rechtskraft fähig und gefährden die Rechtsstellung der Beteiligten (noch) nicht (RIS-Justiz RS0006399; EvBl 1992/70; 9 Ob 342/97b; 6 Ob 277/00d; 6 Ob 57/02g; 6 Ob 289/02x; 6 Ob 154/04x ua). Erst mit der zwangsweisen Durchsetzung des Gerichtsauftrages wird in die Rechtssphäre der Beteiligten eingegriffen und damit eine Anfechtbarkeit der verfahrensleitenden Verfügung ausgelöst (6 Ob 277/00d). Diese Rechtsprechung ist auch nach dem Inkrafttreten des hier anzuwendenden (neuen) Außerstreitgesetzes (BGBl I 2003/111) weiterhin aufrecht zu erhalten (vgl Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 165; Fucik/Kloiber, Außerstreitgesetz § 45 Rz 5). Aus diesen Gründen war der gegen den neuerlichen Auftrag zur Vorlage des Ergebnisverwendungsvorschlages gerichtete Rekurs zurückzuweisen. Der ordentliche Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 AußStrG war nicht zuzulassen, weil erhebliche Rechtsfragen nicht zu lösen waren. Oberlandesgericht Graz

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