JudikaturJustiz4Ob78/04f

4Ob78/04f – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. Mai 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Dipl. Ing. Dr. Emilia R*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwalt in Wien, über den Revisionsrekurs der Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 26. März 2003, GZ 45 R 23/03w 635, mit dem der Rekurs der Betroffenen, vertreten durch Robert Ksiezopolski, pA Wien 15, Pouthongasse 28/14, gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 1. Oktober 2002, GZ 2 P 196/99w 561a, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Für die Betroffene wurde mit Beschluss vom 14. 9. 1999, ON 82, ein einstweiliger Sachwalter gemäß § 238 Abs 1 und 2 AußStrG bestellt. Mit Beschluss vom 27. 8. 2001, ON 425, trug das Erstgericht der Betroffenen gemäß § 5 AußStrG auf, ihre Eingaben von einem Rechtsanwalt verfassen und unterschreiben zu lassen. Begründet wurde der Auftrag damit, dass die zahlreichen, "flutartig eingebrachten" Eingaben der Betroffenen zum Sachwalterschaftsverfahren regelmäßig ohne sachliche Grundlage und weitgehend "kumulativ" seien und auch beleidigende Passagen enthielten. Der Rekurs der Betroffenen gegen diesen Beschluss blieb erfolglos (ON 508); die Rekursentscheidung vom 23. 1. 2002 wurde der Betroffenen gemäß §§ 8, 23 ZustellG durch Hinterlegung ohne Zustellversuch zugestellt (ON 541). Die Betroffene hat gegen die Rekursentscheidung kein Rechtsmittel eingebracht.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht einen Rekurs der Betroffenen zurück, den Robert Ksiezopolski als frei gewählter Vertreter der Betroffenen unterfertigt hatte, und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die vom frei gewählten Vertreter der Betroffenen unterfertigten Eingaben der Betroffenen glichen in Stil und Schriftbild deren bisherigen Eingaben. Die Betroffene versuche, durch die Namhaftmachung eines frei gewählten Vertreters den Beschluss vom 27. 8. 2001 zu unterlaufen, um so die Gerichte neuerlich mit ihren Eingaben "bombardieren" zu können. § 238 Abs 1 letzter Satz AußStrG sei in einem solchen Fall einschränkend dahin auszulegen, dass der Betroffene seine Eingaben nur durch einen Rechtsanwalt unterfertigen lassen könne.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs der Betroffenen ist zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Die Betroffene macht geltend, dass der Beschluss des Rekursgerichts vom 23. 1. 2002 nicht in Rechtskraft erwachsen sei, weil sich die Betroffene am Hinterlegungstag nicht an der Zustelladresse aufgehalten habe. Sie lässt dabei außer Acht, dass der Beschluss vom 23. 1. 2002 nach §§ 8, 23 ZustellG zugestellt wurde. Nach § 8 Abs 1 ZustellG hat eine Partei, die während eines ihr bekannten Verfahrens ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Wird die Mitteilung unterlassen, so ist die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann (§ 8 Abs 2 ZustellG).

Bei einer Hinterlegung nach § 8 ZustellG ist es daher ohne Bedeutung, ob der Empfänger an der Abgabestelle anwesend ist. Es bedarf somit auch keiner Erörterung, ob die von der Betroffenen vorgelegten Bestätigungen geeignet sind, die behauptete Ortsabwesenheit zu bescheinigen.

Selbst wenn aber der Beschluss nicht wirksam zugestellt worden wäre, wäre den Einwendungen der Betroffenen gegen den ihr erteilten Auftrag nicht zu folgen. § 238 Abs 1 Satz 2 AußStrG, wonach der Betroffene durch die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters in seinen Rechtshandlungen nicht beschränkt wird und diese Rechte unabhängig von seinem Vertreter wahrnehmen kann (AB 1420 BlgNR 15. GP 3), schließt die Anwendung des § 5 AußStrG im Sachwalterschaftsverfahren nicht aus. Ebenso wie der Betroffene im Sachwalterschaftsverfahren nicht selbst tätig werden kann, wenn ihm völlig die Vernunft fehlt ( Maurer/Tschugguel , Das österreichische Sachwalterrecht in der Praxis² § 238 Rz 8; Gitschthaler , Verfahrenssachwalter und einstweiliger Sachwalter, ÖJZ 1990, 762 [764]), kann ihm in besonders schwerwiegenden Fällen auch aufgetragen werden, sich im Sinne des § 5 AußStrG eines Rechtsanwalts zu bedienen, wenn er - wie die Betroffene des vorliegenden Verfahrens - das Gericht mit unschlüssigen, sich ständig wiederholenden oder sonst fehlerhaften Schriftsätzen und Anträgen geradezu "bombardiert". In einem solchen Fall wahrt der Betroffene durch sein Tätigwerden in Wahrheit nicht seine Rechte, sondern vereitelt sie, weil das Gericht angesichts der Flut von Anträgen gar nicht in der Lage ist, das Verfahren innerhalb angemessener Zeit abzuwickeln, um den Rechtsschutz des Betroffenen zu gewährleisten. Der Betroffene missbraucht damit zu seinem eigenen Nachteil seine Rechte; dem kann durch einen Auftrag nach § 5 AußStrG entgegengewirkt werden (s 5 Fs 501/01).

Der Betroffenen wurde daher zu Recht aufgetragen, ihre Eingaben von einem Rechtsanwalt verfassen und unterschreiben zu lassen. Die Betroffene hat den vom Rekursgericht zurückgewiesenen Rekurs entgegen dem ihr erteilten Auftrag nicht von einem Rechtsanwalt verfassen und unterfertigen lassen. Das Rekursgericht hat den Rekurs daher zu Recht zurückgewiesen.

Der Revisionsrekurs musste erfolglos bleiben.