JudikaturJustiz3R83/04g

3R83/04g – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
25. Mai 2004

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz, 3. Zivilsenat, hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Eichelter als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Kirsch und Dr. Sommerauer als weitere Senatsmitglieder in der Konkurssache des M***** F*****, *****, infolge Rekurses der Absonderungsgläubigerin R*****, *****, gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes Leoben je vom 25. März 2004, 17 S 101/03a-42, 17 S 101/03a-43 und 17 S 101/03a-44, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I.) Die Rekursbeantwortungen des Masseverwalters *****, werden zurückgewiesen.

II.) Den Rekursen wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Beschlüsse, die im übrigen als unangefochten unberührt bleiben, werden jeweils dahin abgeändert, dass die Entscheidung über die Pauschalgebühren jeweils ersatzlos behoben werden.

Der Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Im März 2003 eröffnete das Gericht über das Vermögen des Gemeinschuldners den Konkurs. In die Konkursmasse fielen auch die Liegenschaftsanteile des Gemeinschuldners ***** An allen Liegenschaftsanteilen hafteten erhebliche Hypothekarlasten, unter anderem zugunsten der nun rekurswerbenden Absonderungsgläubigerin. Dem Masseverwalter gelang es, die erwähnten Miteigentumsanteile um den Kaufpreis von EUR 125.000,00 (B-LNR 6), EUR 73.000,00 (B-LNR 7) und EUR 112.500,00 (B-LNR 8) freihändig zu verkaufen (ON 28, 37). Die Käufer bezahlten die vereinbarten Kaufpreise vollständig. In seinen nun (ON 39 bis 41) überreichten Meistbotsverteilungsentwürfen verzeichnete der Masseverwalter neben verschiedenen Barauslagen und Aufwendungen seine eigene Entlohnung (B-LNR 6: EUR 5.000,00 zuzüglich Umsatzsteuer; B-LNR 7: EUR 2.920,00 zuzüglich Umsatzsteuer; B-LNR 8: EUR 4.500,00 zuzüglich Umsatzsteuer) sowie „gerichtliche Pauschalgebühren aus Nettokosten" (B-LNR 6: EUR 750,00; B-LNR 7: EUR 438,00; B-LNR 8: EUR 675,00) als Sondermasseforderung; der Entwurf sieht die Zuweisung der verbliebenen Kaufpreisreste an die jetzt rekurswerbende Absonderungsgläubigerin zur (teilweisen) Forderungsbefriedigung vor; damit sei das Meistbot erschöpft. Das Erstgericht beraumte bereits eine Tagsatzung zur Verteilung der Kaufpreise an (ON 45 bis 47); eine Entscheidung darüber liegt noch nicht vor.

Mit dem nun angefochtenen Beschlüssen (ON 42 bis 44) bestimmte das Erstgericht die Entlohnung des Masseverwalters antragsgemäß; schließlich nahm es in den Beschluss die sonstigen Kosten auf, die nach § 49 Abs. 1 KO aus den Nutzungen sowie aus dem Erlös der Sondermasse vor den Forderungen der Absonderungsgläubiger zu berichtigen seien; darunter zählte es auch Pauschalgebühren von EUR 750,00 (ON 44; B-LNR 6 der EZ 132 Grundbuch Knittelfeld), EUR 438,00 (B-LNR 7; ON 43) und EUR 675,00 (B-LNR 8; ON 42) auf. Die Entlohnung des Masseverwalters rechtfertigte es mit § 82d KO. Soweit für das Rekursverfahren von Interesse begründete es schließlich, die Pauschalgebühren fielen aufgrund der Entlohnungsansprüche des Masseverwalters bei der Verwertung der Sondermasse an; § 49 KO umschreibe all jene Kosten, die durch die Verwertungshandlungen entstanden seien. Auch die Pauschalgebühren wären daher als Sondermassekosten anzusehen.

Gegen all diese Beschlüsse wenden sich die Rekurse der Absonderungsgläubigerin (ON 52 bis 54). Die jeweils gleichlautenden Rekursvorträge münden in die Anträge, die angefochtenen Beschlüsse in den Ausspruch abzuändern, dass die in Rede stehenden Pauschalgebühren (ON 42: EUR 675,00; ON 43: EUR 438,00; ON 44: EUR 750,00) keine Sondermassekosten seien.

Der Masseverwalter erstattete Rekursbeantwortungen.

I.) Die Rekursbeantwortungen des Masseverwalters sind unzulässig:

In seiner Entscheidung ZIK 2002/191 (= JBl 2002, 737 = RZ 2002/15) erläuterte der OGH ausführlich die Gründe, weshalb eine verfassungskonforme Gesetzesauslegung die Annahme gebiete, im Streit um die Eröffnung des Konkurses müssten Rechtsmittel zweiseitig sein. Die dort gemachten Aussagen können aber nicht generell auf das Konkursverfahren umgelegt werden. Mit Ausnahme des Konkurseröffnungsverfahrens (zu den auch dort überlegenswerten Grenzen einer Zweiseitigkeit vgl. OLG Wien ZIK 2003/134) und des Bestehens ausdrücklich gegenteiliger Gesetzesanordnungen (zum Beispiel § 125 KO) ist das Rekursverfahren im Anwendungsbereich der KO weiterhin einseitig (OGH 8 Ob 199/02a).

Die unzulässigen Rekursbeantwortungen des Masseverwalters waren daher zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

II.) Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

1.)

a) Endet das Konkursverfahren durch Verteilung (§ 139 KO), durch Zwangsausgleich (§ 157 KO) oder mit dem Einverständnis der Gläubiger, so beträgt die Pauschalgebühr 15 % der Entlohnung des Masseverwalters, mindestens jedoch EUR 331,00 (TP 6 GGG); gleiches gilt im Falle der Konkursbeendigung durch Zahlungsplan (§ 196 KO) oder Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens (§ 200 Abs. 4 KO). Da TP 6 GGG in der Fassung InsNov 2002 ganz allgemein von der „Entlohnung des Masseverwalters" als Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Pauschalgebühren spricht und auch der Gesetzgeber (GP. XXI, AB 1048, 97) mit der Textformulierung in TP 6 GGG nur die „Anpassung an die nunmehrige Entlohnung der Masseverwalter und der Ausgleichsverwalter" erreichen wollte, deutet nichts darauf hin, die Entlohnung bei Verwertung einer Sondermasse nach § 82d KO solle bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage unberücksichtigt bleiben. Auch die Entlohnung bei Verwertung einer Sondermasse nach § 82d KO ist „Entlohnung des Masseverwalters" im Sinne der TP 6 GGG; für eine teleologische Reduktion der unmissverständlichen sprachlichen Formulierung des Gesetzestextes bestehen keine zwingenden Anhaltspunkte.

b) Nach dem Wortlaut des Gesetzestextes in TP 6 GGG fällt keine Pauschalgebühr bei Aufhebung des Konkursverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens (§ 166 KO) oder im Falle eines erfolgreichen Rekurses gegen die Konkurseröffnung sowie bei Eigenverwaltung im Schuldenregulierungsverfahren an (Konecny/Riel, Entlohnung im Insolvenzverfahren Rz 497 mit der zu FN 808 geäußerten Befürchtung, die Neufassung des § 166 KO werde wieder zu mehr „kostenlosen" Konkursaufhebungen führen).

c) Für das Konkursverfahren entsteht die Gebührenpflicht mit der Zustellung des in § 14a Abs. 1 GEG angeführten Beschlusses an den Masseverwalter (§ 2 Z 1 lit. f sub.lit. aa GGG). § 14a Abs. 1 GEG gebietet wiederum, das Konkursgericht müsse mit dem Beschluss die Pauschalgebühren nach TP 6 GGG bestimmen und den Masseverwalter zur Zahlung der Gebühr auffordern, wenn alle sonstigen Voraussetzungen für die Aufhebung des Konkurses erfüllt sind.

Eine Beschlussfassung über die Pauschalgebühr in der jetzigen Verfahrensphase ist daher mit dem Gesetzestext unvereinbar, zumal ja, wie bereits erwähnt, eine Konkursaufhebung nach § 166 KO und damit ein Entfall einer Pflicht zur Entrichtung der Pauschalgebühren noch gar nicht verlässlich verneint werden kann.

2.)

Der angefochtene Beschluss bestimmt nicht nur die Pauschalgebühren, er urteilt vor allem auch über das Bestehen und die Höhe von Sondermassekosten.

Die Vorgehensweise entspricht im Prinzip dem Gesetz. Richtig behandelt das Gericht den Verwertungserlös als Sondermasse. Bei der außergerichtlichen Verwertung obliegt dem Konkursgericht die Bestimmung der Sondermassekosten sowie die Verteilung der Sondermasse. Das Konkursgericht muss daher beurteilen, ob die vom Masseverwalter im Zuge der Verwertung der Sondermasse getätigten Aufwendungen notwendig und zweckmäßig waren. Für die Rangordnung der aus der Sondermasse zu befriedigenden Ansprüche und die dabei anzuwendenden Vorschriften gelten gemäß § 49 Abs. 2 KO die Bestimmungen der EO (Schulyok in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, § 49 Rz 64).

Das Erfordernis, die Rechtsposition der Absonderungsgläubiger durch die Konkurseröffnung nicht zu verschlechtern, gebietet eine restriktive Auslegung der Sondermassekosten (Schulyok in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, § 49 KO Rz 6); gleichzeitig soll aber auch die Eröffnung des Konkursverfahrens zu keiner Besserstellung der Absonderungsgläubiger führen (Schulyok in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, § 49 KO Rz 9 am Ende). Die Einordnung von Aufwendungen als Sondermassekosten gestaltet sich mitunter schwierig. Das Gesetz (§ 49 Abs. 1 KO) spricht nur ganz allgemein von den Kosten der besonderen Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Sondermasse. Unstrittig muss es sich um eine Masseforderung (§ 46 KO) handeln, die sich auf die Sondermasse bezieht. Mitunter behilft sich die Judikatur zur näheren Eingliederung mit der Beantwortung der Frage, ob die Absonderungsgläubiger selbst den in Rede stehenden Aufwand hätten machen müssen, um zur Verwertung ihrer Absonderungsrechte zu gelangen (Bartsch/Pollak3, Kommentar I, 284; Schulyok in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, § 49 Rz 17; Schumacher, Sondermassekosten in der Meistbotsverteilung, JBl 1988, 436, insbesondere 437; OGH ZIK 2003/287). Ganz generell fordert die Rechtsprechung einen möglichst engen sachlichen Zusammenhang zwischen den Sondermassekosten und dem Absonderungsgut (OGH ZIK 2001/217). Gelegentlich führt die Judikatur aus, Sondermassekosten seien nur solche Masseforderungen, die im Interesse der Sondermasse und der daran beteiligten Absonderungsgläubigern aufgelaufen seien (vgl. die Nachweise bei Maschke, Betriebskosten und Berichtigung aus der Sondermasse, ZIK 2004/3 FN 12). Diese Rechtsprechung dürfte § 216 Abs. 1 Z 1 EO („... zu Gunsten der auf das Meistbot gewiesenen Personen ...") vor Augen haben; Schulyok (in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, § 49 Rz 14) wies aber bereits überzeugend nach, dass damit nur ein formaler Gesichtspunkt gemeint ist.

Im Weiteren ist unstrittig, dass die Veräußerung von Sachen, an denen ein Absonderungsrecht besteht (§ 120 KO), grundsätzlich keine Pauschalgebührenpflicht auslöst. Der Absonderungsgläubiger ist auch kein Gebührenschuldner für die im Insolvenzverfahren zu entrichtenden Pauschalgebühren (vgl. § 22 GGG). Dennoch besteht ein innerer Zusammenhang zwischen der Verwertung des Absonderungsguts und jenem Anteil an den Pauschalgebühren, der anhand der Höhe der Entlohnung des Masseverwalters nach §82d KO ermittelt werden muss. Denn die Entlohnung für die Verwertung der Sondermasse nach § 82d KO betrifft zweifellos die Sondermassekosten. Die Pauschalgebühren hängen aber nach TP 6 lit. a und lit. b GGG unmittelbar von der Höhe der Entlohnung des Masseverwalters ab. Auch das Kriterium, die Absonderungsgläubiger hätten diesen Aufwand selbst machen müssen, harmoniert mit dieser Auslegung. Immerhin hätten die Absonderungsgläubiger auch bei einer Exekutionsführung Pauschalgebühren aufwenden müssen (wobei freilich nicht gesagt werden kann, dass dann Pauschalgebühren in derselben Höhe angefallen wären). Bei der Verwertung der Sondermasse handelte der Masseverwalter für die Absonderungsgläubiger, weshalb es auch sachgerecht ist, die damit zusammenhängenden Kosten den Absonderungsgläubigern zuzurechnen; die Regelung des § 49 KO bildet eben eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Absonderungsgläubiger von einem Konkursverfahren nicht betroffen sind und sich deren Rechtsposition im Vergleich zu der außerhalb eines Insolvenzverfahrens nicht verschlechtern darf (vgl. abermals Maschke, Betriebskosten und Berichtigung aus der Sondermasse, ZIK 2004/3).

Wenn Petsch (in Petsch/Bertl/Reckenzaun/Isola, Praxishandbuch für die Konkursabwicklung2, 760) rät, die anteiligen gerichtlichen Pauschalgebühren für die Zusatzentlohnung sollten im Verteilungsentwurf (und: -beschluss) als bedingte Sondermasseforderung berücksichtigt und der Betrag am Sondermassekonto sichergestellt werden, dann hat dies einiges für sich. Im Falle einer Konkursaufhebung nach § 166 KO (keine Pauschalgebühren) kann dann der Erlagsbetrag samt Fruktifikationszinsen den Absonderungsgläubigern überwiesen werden, während bei jeder anderen Aufhebung der Erlagsbetrag zur anteiligen Zahlung der Pauschalgebühren verwendet werden kann. So zutreffend daher der prinzipielle Ansatz im angefochtenen Beschluss sein mag, änderte dies nichts daran, dass der Anspruch des Bundes auf die Entrichtung der Pauschalgebühr derzeit noch gar nicht begründet wurde und es auch nicht gewiss ist, ob eine Pauschalgebührenpflicht überhaupt entstehen wird. Es kann nicht Aufgabe des Gerichtes sein, nach § 47 Abs. 3 KO über Kosten zu entscheiden, die zu einem noch gar nicht entstanden sind und deren Entstehung derzeit überhaupt noch ungewiss ist (auch wenn die Höhe im Falle des Anfalles schon jetzt feststeht).

Jene Entscheidungsteile in den angefochtenen Beschlüssen, welche die Pauschalgebühren betreffen, mussten daher behoben werden. Darin liegt ein teilweiser Rekurserfolg, weil die Absonderungsgläubigerin die Abänderung der angefochtenen Entscheidungen in den Ausspruch begehrte, die in Rede stehenden Pauschalgebühren seien keine Sondermassekosten.

Nach § 171 KO in Verbindung mit § 528 Abs. 2 Z 3 ZPO (Bestimmung der Pauschalgebühren) bzw. § 528 Abs. 2 Z 1 ZPO (Ausspruch nach § 47 Abs. 3 KO; diesbezüglich handelt es sich um keine Entscheidung im Kostenpunkt: RIS-Justiz RS0007399) ist der Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung jedenfalls unzulässig.

Rechtssätze
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