JudikaturJustiz3R20/02i

3R20/02i – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
06. Februar 2002

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz, 3.Zivilsenat, hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Eichelter als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Schmiedl und Dr.Sommerauer als weitere Senatsmitglieder in der Konkurssache der Antragstellerin S*****, wider den Antragsgegner F*****, wegen Konkurseröffnung, infolge Rekurses des Gemeinschuldners gegen den Beschluss des Landesgerichtes Leoben vom 18.Jänner 2002, 17 SE 227/01b-12, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung über den Konkurseröffnungsantrag nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Die örtlich zuständige Gebietskrankenkasse beantragte, über das Vermögen des Gemeinschuldners den Konkurs zu eröffnen. Sie stützte ihren Antrag auf das Nichterfüllen von Verpflichtungen aus einem einst - im Jänner 2001 - geschlossenen Zwangsausgleich (Akten 17 S 108/00a des Erstgerichtes), auf offene Beitragsrückstände und auf ihr Wissen von bereits früher fruchtlos betriebenen Exekutionsschritten. Der Gemeinschuldner, der in Mürzzuschlag einen Kaffeehausbetrieb führt, schätzte den Geschäftsgang nun "als gut" ein (ON 6); im von ihm verfassten Vermögensverzeichnis stellte er Monatsumsätze von S 110.000,-- bis S 160.000,-- Privatentnahmen von S 10.000,-- bis S 15.000,-- je monatlich gegenüber; im Übrigen verneinte er - mit Ausnahme eines Warenlagers im Werte von S 10.000,-- und diverser Haushalts- bzw Elektrogeräte im Werte von S 5.000,-- - das Vorhandensein von Vermögen (ON 5). Schließlich berichtete der Gemeinschuldner von einem versuchten Verkauf seines Betriebs, vom bereits erfolgten Treuhanderlag des Kaufpreises (S 600.000,-- : ON 9), zuletzt aber vom Scheitern des versuchten Verkaufs (ON 10). Das Erstgericht wies mit dem jetzt angefochtenen Beschluss den Antrag auf Konkurseröffnung mangels Vorliegens eines zur Deckung des Konkursverfahren voraussichtlich genügenden Vermögens ab. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Rekurs des Gemeinschuldners, der - erkennbar - die Fortsetzung des Konkurseröffnungsverfahrens anstrebt.

Der Rekurs ist zulässig (Senoner, Handbuch der Kostendeckung, 102 FN 335).

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist auch berechtigt.

Zweierlei Gründe stehen einer endgültigen Beurteilung entgegen:

1. Im Rekurs behauptete der Gemeinschuldner das Vorhandensein von hinreichendem Vermögen iSd § 71 Abs 1 KO. Auch wenn dieses Vorbringen als neu anzusehen wäre, muss es bedacht werden (§ 176 Abs 2 KO). Denn als das Erstgericht seinen Beschluss fasste, lagen ihm nicht nur die Informationen über den letztlich gescheiterten Verkaufsversuch des Gemeinschuldners vor, sondern auch Berichte von einem bereits erfolgten Treuhanderlag des in Aussicht gestellten Kaufpreises. Da hier der Gemeinschuldnervertreter auch als Treuhänder agierte, kann insoweit von einer gelungenen Bescheinigung ausgegangen werden (vgl ON 9).

Der Novellengesetzgeber (IRÄG 1997) wollte ausdrücklich das Abweisen von Konkurseröffnungsanträgen mangels kostendeckenden Vermögens zurückdrängen. Deshalb umschrieb er den Begriff des kostendeckenden Vermögens neu; außerdem verdeutlichte er, dass etwa nicht nur Bargeld und Wertpapiere als in Betracht kommendes kostendeckendes Vermögen betrachtet werden dürfen (statt vieler: Kloiber, Die Konkurseröffnung nach dem IRÄG 1997, ZIK 1997,154; Kossak, Das neue Konkurseröffnungsverfahren auf Grund des IRÄG 1997, ZIK 1998,181 und ZIK 1999,6). Das Gesetz (§ 71 KO) macht es dem Gericht zur Pflicht, das Vorhandensein von konkursdeckendem Vermögen amtswegig zu überprüfen. Obwohl dem Gericht hier keine umständlichen Erhebungen aufgebürdet werden sollen (Senoner, Handbuch, 97), setzt das Gesetz dennoch sorgsame und gründliche Erhebungen voraus (Senoner, Handbuch, 93 FN 292).

Unter diesen Gesichtspunkten darf deshalb nicht einfach über den Missklang zwischen den Angaben des Gemeinschuldners bei seiner Einvernahme und in dem von ihm verfassten Vermögensverzeichnis einerseits, andererseits dem aktenkundig doch erheblichen Wert seines Geschäfts hinweggegangen werden. Denn immerhin stand hier ein doch erheblicher Kaufpreis von S 600.000,-- im Raume; der potentielle Käufer hatte den Kaufpreis bereits bei einem Treuhänder erlegt. Das Erstgericht wird hier auf eine entsprechende Aufklärung zu drängen haben; jedenfalls eine ergänzende Einvernahme des Gemeinschuldners wird unumgänglich sein.

2. Fehlt es an einem zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens, so ist gemäß § 71a Abs 1 KO der Konkurs dennoch zu eröffnen, wenn der Antragsteller auf Anordnung des Gerichts innerhalb einer bestimmten - erstreckbaren - Frist einen von diesem zu bestimmenden Betrag zur Deckung der Kosten vorschussweise erlegt. Die Anordnung, einen Kostenvorschuss gemäß § 71a Abs 1 KO zu erlegen, ist immer erst dann zulässig, wenn die amtswegigen Ermittlungen des Gerichts abgeschlossen sind und kein oder kein ausreichendes Vermögen des Schuldners hervorbrachten (Senoner, Handbuch, 103). Die Anordnung eines Kostenvorschusses mittels Beschlusses ist obligatorisch (Senoner, Handbuch, 104 FN 342).

Dies muss schon daraus folgen, dass das Konkursverfahren auch dann zu eröffnen ist, wenn der Kostenvorschuss zwar nicht vom Antragsteller, dennoch aber freiwillig von dritter Seite bereit gestellt wird, sofern ein rechtliches Interesse an der Verfahrenseröffnung besteht. Dabei muss vor allem an die bevorrechteten Gläubigerschutzverbände gedacht werden, die ja nach ausdrücklicher Gesetzesanordnung in § 71a Abs 1 zweiter Satz KO den Beschluss, mit dem der Kostenvorschuss aufgetragen wird, eigens zugestellt erhalten bekommen (Senoner, Handbuch, 104 FN 344).

Schon unter diesem Gesichtspunkt kann es nicht angehen, wenn das Erstgericht die obligatorische Beschlussfassung nach § 71a Abs 1 KO offenbar nur deshalb für entbehrlich hält, weil die Antragstellerin vorweg erklärte, den Kostenvorschuss nicht einzahlen zu wollen (AV in ON 10). Unabhängig davon, dass - wie gezeigt - das Erstgericht den Vermerk noch vor Abschluss der nötigen amtswegigen Erhebungen verfasste, verhinderte es auf diese Weise die freiwillige Bereitstellung des Kostenvorschusses "von wem auch immer" (RV 734 BlgNR 20.GP 40), namentlich durch die bevorrechteten Gläubigerschutzverbände (in diesem Sinne auch bereits OLG Graz 3 R 167/01f).

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht die nötigen amtswegigen Ermittlungen nachzuholen (Punkt 1.) und (Punkt 2.) den Beschluss nach § 71a Abs 1 KO nachzuholen haben. Erst danach wird endgültig über den Konkurseröffnungsantrag entschieden werden können.

Rechtssätze
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