JudikaturJustiz3Ob63/93

3Ob63/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. September 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Günther S*****, vertreten durch Dr.Harold Schmid, Rechtsanwalt in Graz, wider die verpflichtete Partei Johann B*****, vertreten durch Dr.Otmar Franiek, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 91.275,90 sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 18.März 1993, GZ 4 R 81/93-33, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 5.Februar 1993, GZ 11 E 79/91-29, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Betreibende und der Verpflichtete sind jeweils Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 859 Grundbuch ***** L*****. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS G***** wurde dem Betreibenden zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 141.167,60 sA die Zwangsversteigerung des dem Verpflichteten gehörigen Hälfteanteils an der genannten Liegenschaft bewilligt. Im Zuge des Zwangsversteigerungsverfahrens wurde von Ing.Peter P***** ein Sachverständigengutachten über den Verkehrswert des Hälfteeigentumsanteils des Verpflichteten an der EZ 859 KG L***** erstattet (GZ 11 E 79/91-14, 18). Bezüglich der vom Betreibenden vorgelegten Versteigerungsbedingunen (ON 25) wurde zwecks Feststellung der Versteigerungsbedingungen eine Tagsatzung anberaumt, in der auch das Schätzungsgutachen des Sachverständigen erörtert wurde (ON 27, 28).

Das Erstgericht genehmigte die vom Betreibenden vorgeschlagenen, teilweise von den gesetzlichen Vorschriften abweichenden Versteigerungsbedingungen. Es bezifferte den Schätzwert der zu versteigernden Liegenschaftshälfte mit S 794.000,--, das zu erlegende Vadium daher mit S 79.400,-- und das geringste Gebot mit S 397.000,--. Es legte fest, daß der Ersteher das Meistbot, soweit es nicht auf Forderungen und Lasten aufzurechnen sei, vom Tag der Erteilung des Zuschlages bis zum Erlage mit 7,5 % p.a. zu verzinsen habe. Der Ersteher habe in die bereits zwischen dem Verpflichteten und dem Betreibenden bestehende Benützungsbewilligung (gemeint: Benützungsregelung), die detailliert bezeichnet wurde (AS 156), einzutreten.

Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß dem Rekurs des Verpflichteten teilweise Folge. Es setzte den Schätzwert der in Versteigerung gezogenen Liegenschaftshälfte mit S 882.000,--, das Vadium daher mit S 88.200,-- und das geringste Gebot mit S 441.000,-- fest und bestätigte den Ausspruch über die 7,5 %ige Verzinsung des Meistbots durch den Ersteher. Der Ausspruch, daß der Ersteher in die zwischen den Parteien bestehende Benützungsregelung einzutreten habe, war unangefochten geblieben. Da eine Benützungsvereinbarung zwischen den beiden Hälfteeigentümern vorliege, in die der Ersteher anstelle des Verpflichteten einzutreten habe, und der dem Verpflichteten zur Verfügung stehende Teil etwas kleiner sei als der dem Betreibenden zustehende Teil, sei der Verkehrswert der Liegenschaftshälfte des Verpflichteten wertgemindert. Die konkreten Auswirkungen der Benützungsvereinbarung rechtfertigten eine Abwertung des sich rein mathematisch ergebenden Wertes für die Liegenschaftshälfte um 10 %, für eine weitergehende Abwertung (aufgrund des markttechnischen Nachteils, daß bloß Hälfteeigentum versteigert werde) bestehe keine Veranlassung. Die Meistbotsverzinsung im Ausmaß von 7,5 % entspreche den Marktverhältnissen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Verpflichteten ist unzulässig.

Der Verpflichtete vertritt die Ansicht, daß weder die Tatsache des Vorliegens von Hälfteeigentum noch die der Existenz einer Benützungsvereinbarung oder die etwas geringere Größe des dem Verpflichteten zur Benützung zugewiesenen Liegenschaftsanteils einen Umstand darstellen könnten, eine Verminderung des sich aus dem Gesamtschätzwert der Liegenschaft mathematisch ergebenden Wertes der Liegenschaftshälfte (eben der Hälfte des Gesamtschätzwertes) anzunehmen. Im übrigen habe der Sachverständige die Liegenschaft zu billig geschätzt.

Vorauszuschicken ist, daß gemäß Art.IV des Liegenschaftsbewertungsgesetzes (LBG), BGBl 1992/150, die Bestimmungen dieses Gesetzes bezüglich der Schätzung von Liegenschaften im vorliegenden Fall nicht Anwendung zu finden haben, weil die Schätzung bereits am 9.3.1992 angeordnet wurde (ON 9). Die Bewertung der zu versteigernden Liegenschaftshälfte ist daher nach der bisher geltenden Realschätzordnung vorzunehmen. Die bei der Schätzung zu beachtenden Grundsätze sind in den §§ 14 ff RSchO geregelt. Sie sind nur von allgemeiner Bedeutung. Konkrete gesetzliche Grundlagen, wie die Wertermittlung zu erfolgen habe, insbesondere welche Wertminderungen aufgrund bestimmter Umstände anzunehmen seien, sind nicht vorhanden. Eine schematische Bindung an irgendwelche Vorschriften der RSchO, nach welchen Kriterien der Verkehrswert einer Liegenschaft festzustellen sei, ist nicht gegeben. Das Rekursgericht hat daher keinen zwingenden gesetzlichen Bestimmungen zuwidergehandelt, wenn es - im wesentlichen - den Ausführungen des mit der Schätzung der Liegenschaftshälfte beauftragten Sachverständigen folgte. Vom Gutachten des Sachverständigen ist das Rekursgericht lediglich zugunsten des Verpflichteten abgewichen, indem es einen vom Sachverständigen vorgenommenen 10 %igen Wertabzug aufgrund des Umstands, daß lediglich eine Liegenschaftshälfte in Versteigerung gezogen wurde, nicht vornahm, und kann diese Vorgangsweise dem Verpflichteten nicht zum Nachteil gereichen. Ob aufgrund der zwischen den Parteien getroffenen Benützungsregelung ein 10 %iger Abzug vom sich mathematisch ergebenden Wert der Liegenschaftshälfte vorzunehmen ist, stellt eine Tatfrage dar, jedenfalls aber keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des auch im Exekutionsverfahren anzuwendenden § 528 Abs.1 ZPO. Daß der Schätzwert eines Liegenschaftsteils nicht schlechthin mit dem entsprechenden Teil des ganzen Wertes der Liegenschaft angenommen werden kann, sondern darüber besondere Erwägungen angestellt werden müssen (Feil, Die Zwangsversteigerung von Liegenschaften, 50; Heller-Berger-Stix4 1130, 1135), entspricht durchaus den Gesetzen der Logik.

Der vom Revisionsrekurswerber aufgezeigte Umstand, daß er schon sehr alt und schwer krank sei und sich die getroffene Benützungsvereinbarung daher auf den Wert seiner Liegenschaftshälfte überhaupt nicht auswirke, ist nicht zielführend. Es hat nämlich entsprechend den diesbezüglich unbekämpft gebliebenen Versteigerungsbedingungen der Ersteher in die Benützungsvereinbarung einzutreten, sodaß sich die auf seiten des Verpflichteten gelegenen persönlichen Umstände nicht als "schätzwerterhaltend" auswirken.

Auch bezüglich der Meistbotsverzinsung im Ausmaß von 7,5 % liegt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vor. Gemäß § 152 Abs.3 EO hat der Ersteher das Meistbot, soweit dasselbe nicht auf Forderungen und Lasten aufzurechnen ist, vom Tage der Erteilung des Zuschlages bis zum Erlage zu verzinsen. Der Grund für die Verzinsung des Meistbotes liegt darin, daß mit der Erteilung des Zuschlages alle Nutzungen der Liegenschaft, aber auch alle Lasten, soweit sie nicht durch die Versteigerung erlöschen, auf den Ersteher übergehen (§ 156 EO), und daß dem Ersteher der bar zu erlegende Teil des Meistbotes nur gestundet wird. Der betreibende Gläubiger hat bei Vorlage der Versteigerungsbedingungen die Möglichkeit, zulässigerweise einen Antrag auf Verzinsung des Meistbotes mit einem höheren oder geringeren Prozentsatz als jenem, der gesetzlich vorgeschrieben ist, zu stellen (Heller-Berger-Stix4 1276; RPflSlg E 1987/75). Für die Verzinsung des Meistbotes mit einem höheren Prozentsatz ist die einhellige Zustimmung der betreibenden Gläubiger und der Hypothekargläubiger erforderlich (Heller-Berger-Stix4 1284, RPflSlg E 1987/75), nicht aber die Zustimmung des Verpflichteten, der durch eine höhere Verzinsung ohnehin begünstigt wird. Die im vorliegenden Fall festgelegte Meistbotsverzinsung ist gesetzeskonform, und vermag der Verpflichtete nicht aufzuzeigen, inwiefern diesbezüglich eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vorliegen sollte.

Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.