JudikaturJustiz3Ob266/48

3Ob266/48 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. August 1948

Kopf

SZ 21/121

Spruch

Ein am Tage der Konkurseröffnung eingebrachter, dem Zeitpunkt der Entscheidung des Konkurssenates nachfolgender Antrag auf Eröffnung des Ausgleichsverfahrens ist abzuweisen, auch wenn das Konkursedikt erst nach diesem Zeitpunkt angeschlagen worden ist.

Entscheidung vom 18. August 1948, 3 Ob 266/48.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Oberste Gerichtshof stellte die erstrichterlichen Beschlüsse wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Am Samstag, den 5. Juni 1948, überreichte der Kaufmann Johann V. bei dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, den Antrag auf Eröffnung des Ausgleichsverfahrens mit der Mitteilung, daß er überschuldet und zahlungsunfähig sei, daß die Pfandrechte zweier Gläubiger am 7. Juni 1948 rechtskräftig werden würden, die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens zum Schutze der übrigen Gläubiger sonach erforderlich sei. Gleichzeitig stellte er die Bitte, da es ihm in Anbetracht der Dringlichkeit nicht möglich gewesen sei, alle erforderlichen Unterlagen anzuschließen, ihm zur Nachbringung der Aufstellung der Aktiven und Passiven und sonstiger Unterlagen eine Frist von einer Woche zu bewilligen.

Das Ausgleichsgericht wies mit dem Beschluß vom 7. Juni 1948, Sa 6/48-2, den Antrag ab und entschied zugleich gemäß § 3, Abs. 3 AO., daß das Konkursverfahren zu eröffnen ist. In der Begründung seines Beschlusses führt das Ausgleichsgericht aus, der gestellte Antrag entspreche nicht zwingenden Vorschriften des § 2, Abs. 1, 2 und 5 Ausgleichsordnung; die Erteilung der erbetenen Frist zur Nachbringung des Vermögensverzeichnisses und anderer Unterlagen sei aber abzulehnen gewesen, da die am 7. Juni 1948 wirksam werdenden Pfandrechte sich zum Nachteile der übrigen Gläubiger auswirken könnten, sonach eine sofortige Beschlußfassung erforderlich wäre.

Der als Folge dieses Beschlusses zu S 13/48 am gleichen Tage gefaßte weitere Beschluß auf Eröffnung des Konkurses wurde noch am 7. Juni 1948 an der Amtstafel des Konkursgerichtes angeschlagen.

Nachdem das Gericht seine Beschlüsse gefaßt hatte, aber noch ehe der Beschluß auf Eröffnung des Konkursverfahrens an der Gerichtstafel angeschlagen worden ist, überreichte Johann V. einen zweiten Antrag auf Eröffnung des Ausgleichsverfahrens, dem er ein Verzeichnis der Aktiva und Passiva wie auch den Ausgleichsantrag angeschlossen hatte. Diese Antrag wies das Gericht mit dem Beschluß vom 9. Juni 1948, GZ. Sa 7/47-2, mit der Begründung ab, daß bereits vor seiner Überreichung über das Vermögen des Antragstellers der Konkurs eröffnet war und nach Analogie des § 1, Abs. 4 AO. die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens nur beantragt werden könne, bevor der Konkurs eröffnet worden sei, auch wenn die Konkurseröffnung gemäß § 3, Abs. 3 AO. von Amts wegen erfolge.

Der Antragsteller bekämpfte die beiden Beschlüsse Sa 6/48-2 und S 13/48-2 vom 7. Juni 1948 mit seinem Rekurs, insoweit, als sie die Eröffnung des Konkursverfahrens zum Gegenstand haben.

Das Rekursgericht wies den Rekurs gegen den zu Sa 6/48 gefaßten Beschluß gemäß § 3, Abs. 3 AO. als unzulässig zurück, berichtigte aber den Wortlaut dieses Beschlusses dahin, daß er zu lauten habe:

"Die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens wird abgewiesen" und der weitere Zusatz "gemäß § 3, Abs. 3 AO. wird zugleich entschieden, daß das Konkursverfahren zu eröffnen ist" zu entfallen habe. Dem Rekurs gegen den zu S 13/48 gefaßten Beschluß gab das Rekursgericht Folge und hob diesen Beschluß auf. In der Begründung nimmt das Rekursgericht den Standpunkt ein, die Überreichung des verbesserten Ausgleichsantrages Sa 7/48 am 7. Juni 1948 sei vor Eröffnung des Konkurses erfolgt, durch diesen Antrag sei der Antrag zu Sa 6/48 als zurückgezogen anzusehen gewesen, so daß eine Beschlußfassung über diesen Antrag überhaupt zu entfallen hatte und die Voraussetzung für die Konkurseröffnung gemäß § 3, Abs. 3 AO. nicht mehr gegeben war.

Das Rekursgericht hob sonach den zu S 13/48 gefaßten Beschluß auf Eröffnung des Konkursverfahrens auf, beseitigte aber auch aus dem zu Sa 6/48 gefaßten Beschlusse im Wege einer Berichtigung den Ausspruch, daß das Konkursverfahren zu eröffnen ist, mit der Begründung, daß dieser Ausspruch in dem Beschlusse weder gerechtfertigt noch nötig sei.

Da sich also das Rekursgericht auf den Standpunkt stellte, daß der Beschluß auf Eröffnung des Konkursverfahrens (S 13/48) beseitigt sei, der Beschluß vom 9. Juni 1948 auf Abweisung des zweiten Antrages (Sa 7/48) aber infolge Aufhebung des Beschlusses auf Konkurseröffnung seine Grundlage verloren habe, trug es dem Erstgerichte auf, den Beschluß vom 9. Juni 1948, Sa 7/48, zu reassumieren und über den Antrag zu Sa 7/48 neuerlich zu entscheiden.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richten sich die Rekurse zweier Konkursgläubiger mit dem Antrage, den Beschluß des Rekursgerichtes aufzuheben und die Beschlüsse Sa 6/48 und S 13/48 wiederherzustellen.

Die Rekurswerber wenden sich vor allem gegen die rechtliche Auffassung des Rekursgerichtes, das Erstgericht wäre verpflichtet gewesen, den neuen Ausgleichsantrag zu berücksichtigen, da zur Zeit seiner Einbringung der Beschluß auf Eröffnung des Konkurses noch nicht an der Gerichtstafel angeschlagen, sonach nicht rechtswirksam gewesen sei. Ihr Rekurs ist begrundet. Weder nach dem Gesetze noch nach allgemein gültigen Verfahrensvorschriften läßt sich der Standpunkt rechtfertigen, daß die zur Zeit der Einbringung des zweiten Antrages im Senate gefaßten Beschlüsse Sa 6/48 und S 13/48 nicht zu beachten gewesen wären.

Im Zeitpunkt der Beschlußfassung lag dem Gerichte der den Vorschriften des § 2 Ausgleichsverordnung nicht entsprechende Antrag des Ausgleichswerbers mit der Mitteilung vor, daß am 7. Juni 1948 Pfandrechte zum Nachteile der übrigen Gläubiger wirksam werden würden. Die Beschlußfassung des Gerichtes zu Sa 6/48, daß der Antrag angewiesen wird und daß das Konkursverfahren zu eröffnen ist, entspricht dem § 3, Abs. 3 AO. und entsprach der zur Zeit der Beschlußfassung gegebenen Sachlage, denn in seinem Antrage auf Eröffnung des Ausgleichsverfahrens hatte der Schuldner dem Gerichte seine Überschuldung und Zahlungsfähigkeit angezeigt und somit selbst die Voraussetzungen für die Konkurseröffnung einbekannt. (§ 70, Abs. 1 KO.) Der zu S 13/48 gefaßte Beschluß war eine notwendige Folge dieses Beschlusses. Die Ansicht des Rekursgerichtes, daß die Beschlußfassung im Senate insolange bedeutungslos ist, als nicht im Konkurseröffnungsbeschluß an der Amtstafel angeschlagen wurde, ist unzutreffend. Zwei Zeitpunkte sind zu unterscheiden, jener, in dem die Beschlußfassung erfolgt, durch die eine Rechtssache entschieden wird, und jener, in dem die Rechtswirksamkeit eintritt. Im Konkursverfahren treten gemäß § 2 KO. die Rechtswirkungen der Konkurseröffnung mit dem Beginn des Tages ein, an dem das Konkursedikt an der Gerichtstafel des Konkursgerichtes angeschlagen worden ist. Erfolgt dieser Anschlag am gleichen Tage, an dem die Beschlußfassung erfolgte, dann ist ihre Rechtswirksamkeit bereits zur Mitternachtsstunde vor der tatsächlichen Beschlußfassung eingetreten. Erfolgt die Kundmachung erst am folgenden Tag, dann tritt zwar die Rechtswirksamkeit erst mit Beginn des folgenden Tages ein, das Gericht ist jedoch an seinen Beschluß nach den allgemeinen Bestimmungen des § 416 ZPO. auch vor der Kundmachung gebunden. Es hätte allerdings das Gericht im vorliegenden Fall noch die Möglichkeit gehabt, von seinem Beschlusse abzugehen, da die schriftliche Ausfertigung im Zeitpunkte der Einbringung des zweiten Antrages noch nicht zur Abfertigung abgegeben war. Ein Recht hierauf entsprang aber für den Antragsteller nicht. Wenn das Erstgericht seinen bereits gefaßten Beschluß aufrechthielt, dann hatte es dabei sein Bewenden. Mit dem öffentlichen Anschlag erhielt dieser Beschluß auch noch Rechtwirksamkeit nach außen, rückwirkend von der Mitternachtsstunde dieses Tages.

Damit fällt die Überlegung des Rekursgerichtes, daß durch den zweiten Antrag der erste zurückgezogen worden sei, sonach ein Antrag, der die Beschlußfassung zu Sa 6/48 und S 13/48 gerechtfertigt hätte, gar nicht vorgelegen sei, denn tatsächlich lag dem Gerichte der Antrag Sa 6/48 vor, der zur Zeit der Beschlußfassung durch das Gericht weder zurückgezogen noch abgeändert noch ergänzt war. Die Beschlußfassung zu Sa 6/48 aber, daß das Konkursverfahren zu eröffnen sei, entspricht dem Wortlaut des Abs. 3 des § 3 AO. Damit ergibt sich notwendigerweise aber auch die Berechtigung des Beschlusses S 13/84, daß das Konkursverfahren tatsächlich eröffnet wird. Auch aus den Bestimmungen des § 1, Abs. 4 AO. kann für den Standpunkt des Rekursgerichtes nicht gefolgert werden. Auch nach dieser Gesetzesstelle kann der Schuldner im Falle einer drohenden Konkurseröffnung die Eröffnung des Ausgleichverfahrens nur so lange beantragen, als das Gericht über den Antrag des Gläubigers auf Konkurseröffnung noch nicht entschieden hat. Auch nach dieser Gesetzesstelle ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes, nicht der der Kundmachung des Eröffnungsbeschlusses,maßgebend.

Die beiden Beschlüsse Sa 6/48-2 und S 13/48-2 entsprechen sonach, auch soweit sie sich auf die Konkurseröffnung beziehen, der Sach- und Rechtslage und waren sonach wieder herzustellen. Damit entfällt auch die vom Rekursgerichte angeordnete Richtigstellung wie auch der an das Erstgericht gerichtete Auftrag, seinen Beschluß Sa 7/48-2 zu reassumieren und über den diesem zugrunde liegenden Antrag neuerlich zu entscheiden.