JudikaturJustiz34R26/14i

34R26/14i – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
22. April 2014

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke AT 265944 über die als Rekurs zu wertende Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 13.11.2012, WM 103/2012 2, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung

Die Antragstellerin widersprach der Wortbildmarke (angegriffene Marke) AT265944 (Priorität 24.10.2011):

deren Eintragung die Antragsgegnerin beantragt hatte und die für die Dienstleistungen der Klasse 41 (Erziehung; Ausbildung; Unterricht, insbesondere Tennisunterricht; Unterhaltung; Betrieb von Feriencamps [Unterhaltung]; Betrieb von Sportcamps; Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung) eingetragen ist. Die Antragstellerin berief sich dabei auf die für sie eingetragene Wortmarke CTM 7577976 (Priorität 3.2.2009):

RUNTASTIC ,

eingetragen unter anderem auch für die Dienstleistungsklasse 41 (Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten).

Die angegriffene Marke sei zur Verwechslung mit der Widerspruchsmarke laut Klassifikation der Dienstleistungen der Klasse 41 geeignet.

Das Patentamt wies den Widerspruch ab und führte begründend an, dass zwar die Dienstleistungen der angefochtenen Marke jenen der Widerspruchsmarke teils ähnlich, teils ident seien, jedoch auf Grund der signifikant anderen Gesamtheit der angefochtenen Marke eine bildliche Verwechslung unwahrscheinlich sei und die Bedeutungen der Marken auf unterschiedliche Inhalte der jeweiligen Dienstleistungen hinweisen würden. Auf Grund der grafischen Aufbereitung komme der Bedeutung der Worte „FUNtastic“ und „Tennisschule“ bloß ein werblicher bzw beschreibender Charakter zu. Bei der Beurteilung sei insbesondere eingeflossen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Dienstleistungen um eher spezielle und um solche handle, die einige Konsumationsüberlegungen bedingten. Daher werden die Verkehrskreise bei der Inanspruchnahme einen höheren Grad an Aufmerksamkeit an den Tag legen, sodass Unterschiede der Marke mehr Gewicht hätten.

Dagegen richtet sich die an die Rechtsmittelabteilung des Patentamts gerichtete Beschwerde der Antragstellerin, die nach der Gesetzesänderung durch die Patent- und Markenrechts-Novelle 2014, BGBl I 2013/126, ab 1.1.2014 als Rekurs zu werten ist, über den das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 77c Abs 1 MSchG, § 176b Abs 1 Z 1 PatG). Beantragt wird, dem Widerspruch Folge zu geben und die angegriffene Marke aufzuheben, in eventu die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die Rechtsabteilung zurückzuverweisen.

Der Antragsgegner beantragt, der Beschwerde nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Gemäß § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG ist auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke eine Marke zu löschen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.

Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen; daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen die Parteien ihre Marken tatsächlich verwenden (Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 30 Rz 5 f).

2.1 Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt gemeinschaftsweit ein einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat. Danach ist – ebenso wie nach ständiger österreichischer Rechtsprechung – die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159 – T One mwN; ÖBl 2003, 182 – Kleiner Feigling ua; R

IS Justiz RS0121500, RS0121482, RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; jüngst 4 Ob 139/13i; weitere Nachweise bei Schumacher aaO § 10 Rz 51 ff).

Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere die Ähnlichkeit der Marken, deren Kennzeichnungskraft und die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistung Bedacht zu nehmen ist. So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH ÖBl 1999, 105 – Cannon/Canon; ecolex 2002, 444). Bei Waren- und Dienstleistungsidentität ist daher ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen erforderlich, um Verwechslungsgefahr auszuschließen, als dies bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand der Fall wäre (4 Ob 18/02d – opus one mwN; RIS-Justiz RS0116294; zuletzt etwa 17 Ob 36/08f – COBRA).

2.2 Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a = ÖBl 1998, 246 – GO; 4 Ob 55/04y = RIS Justiz RS0079190 [T22]; 17 Ob 36/08f – Kobra/Cobra).

Auch bei Wortzeichen muss für eine Verwechslungsgefahr eine Übereinstimmung in einen der drei genannten Kriterien bestehen (RIS-Justiz RS0079571, RS0079190 [T22]; Om 4/02 – Kathreiner). Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, weil sich der Geschäftsverkehr meist an diesem – sofern er unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem den Wortbestandteil im Gedächtnis behält (RIS-Justiz RS0066779).

2.3 Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck bei den durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (RIS Justiz RS0117324, Schumacher aaO § 10 Rz 94 mwN). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den der flüchtige Durchschnittskonsument in der Eile des Geschäftsverkehrs empfängt (RIS Justiz RS0078944; 17 Ob 4/07y; EuGH C 342/97 – Lloyd Schuhfabrik [Loint's]; EuGH C 210/96 – Gut Springenheide [6 Korn – 10 frische Eier]). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zeichen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrgenommen werden und dass der Grad der Aufmerksamkeit von der Art der Ware oder Dienstleistung abhängt (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 154/06k – Amadeus).

3. Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall keine Verwechslungsgefahr anzunehmen.

3.1 Die Antragstellerin moniert im Wesentlichen, dass auf Grund der vorliegenden klanglichen, bildlichen und begrifflichen Ähnlichkeiten der Durchschnittsverbraucher die angegriffene Marke für eine neue Variante der Widerspruchsmarke halten würde.

3.2 Unzweifelhaft ist, dass im Umfang des Widerspruchs Dienstleistungsidentität besteht. Die Registrierung für „Ausbildung; Unterhaltung“ stimmt überein. „Betrieb von Feriencamps; Betrieb von Sportcamps; Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung“ sind unter dem Oberbegriff „sportliche und kulturelle Aktivitäten“ einzuordnen oder diesem sehr nahe. Auf dieser Grundlage müssen sich daher die Zeichen deutlich unterscheiden, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass bei diesen Dienstleistungen im Allgemeinen eine höhere Aufmerksamkeit der betroffenen Kreise besteht, weil es sich um solche handelt, die sehr häufig auch mit Kinderbetreuung und -ausbildung verbunden sind. Die Übertragung dieser Verantwortlichkeit bedingt naturgemäß einen höheren Grad der Aufmerksamkeit beim Durchschnittskonsumenten.

3.3 In bildlicher Hinsicht liegt keine Ähnlichkeit vor: In der Wortbildmarke des Antragsgegners dominieren schon auf Grund der Schriftgröße die Wortbestandteile „FUN“ und „tastic“; zudem besteht der (zulässige) beschreibende Hinweis „Tennisschule“. Die grafische Gestaltung mit der Abbildung eines Teils eines Tennisschlägers und die Einfassung und Hervorhebung der in blauer Farbe gehaltenen Wortbestandteile „FUNtas“ durch aneinandergereihte, unterschiedlich große, gelbe Tennisbälle erzeugen primär die Assoziationen zum Bereich des (Spaß machenden) Tennis(sports). Im Gegensatz dazu ist die Widerspruchsmarke nur eine Wortmarke.

Entgegen der Auffassung der Antragsstellerin ist die grafische Ausgestaltung der angegriffenen Marke in ihrer Gesamtheit so signifikant, dass sie sich klar von der Widerspruchsmarke unterscheidet. Ihre bildhafte Ausgestaltung ist für die Verkehrskreise – im Gegensatz zur Widerspruchsmarke – auffallend charakteristisch (vgl Om 5/11 – SLIDEX).

3.4 Da es sich beiden Marken um Wortkreationen handelt, die sich jeweils aus zwei englischen Wörtern zusammensetzen („ run “ und „fantastic“ sowie „ fun “ und „fantastic“), die im allgemeinen (deutschen) Sprachgebrauch weit verbreitet sind, ist in Bezug auf die Begrifflichkeit eine Ähnlichkeit ebenfalls nicht gegeben. Im Fall der Widerspruchsmarke wird ein Zusammenhang mit „Laufsport“ oder „Laufen“ und bei der angegriffenen Marke ein Zusammenhang mit „Spaß“ oder „Spaß machend“ herzustellen versucht. Ohne den Zusatz „Tennisschule“ würde bei der angegriffenen Marke keine gedankliche Verbindung zum Sport als Oberbegriff entstehen.

3.5 In Bezug auf den Wortklang besteht aber nur eine Gemeinsamkeit beim längeren Wortbestandteil „tastic“. Darauf hinzuweisen ist jedoch, dass „ RUN TASTIC“ und „ FUN tastic“ jeweils vorrangig auf der ersten Silbe betont werden und somit die angesprochenen Verkehrskreise darin – insbesondere im Zusammenhang mit den bezeichneten Dienstleistungen – einen Hinweis auf die jeweilige Sportart oder Ausrichtung erhalten. Die jeweilige Anfangssilbe unterscheidet sich deutlich in der Aussprache. Das anfängliche Klangbild verschwimmt auch nicht im gesamten Eindruck und wird vom Wortbestandteil „tastic“ überlagert. Zudem beinhaltet die angegriffene Marke den Zusatz „Tennisschule“, womit in akustischer Hinsicht eine Unterscheidbarkeit gegeben ist, weil die phonetische Gemeinsamkeit im Wortbestandteil „tastic“ vollkommen relativiert wird.

4. Der Antragsstellerin ist zuzugestehen, dass der Zusatz „Tennisschule“ – wie sie ins Treffen führt – beschreibend ist und für die Beurteilung (nicht nur der klanglichen) Ähnlichkeit außer Betracht zu bleiben hat.

Im Ergebnis lässt sich daraus aber für die Antragstellerin nichts gewinnen, denn in der Gesamtbetrachtung erhält der Durchschnittskonsument wegen des unterschiedlichen Schriftbildes sowie wegen der grafischen Aufbereitung der angegriffenen Marke und wegen des ausschließlichen Bezugs auf Tennis und den Tennissport (Tennisbälle, Tennisschläger) gerade nicht den Eindruck, dass es sich hier um ein und das selbe Unternehmen oder um wirtschaftlich miteinander verbundene Unternehmen handeln könnte. Dem Konsumenten, der die ältere Marke im Gedächtnis hat, fällt jedenfalls auf, dass die angegriffene Marke färbig mit einem klaren Bezug zum Tennis gestaltet ist. Die Wortbildmarke erhält somit eine abgrenzbare Dynamik und führt von der Wortmarke „RUNTASTIC“ weg.

Die versuchte Herstellung einer Verbindung zwischen dem Tennis- und dem Laufsport oder die Vereinigung unter dem allgemeinen Oberbegriff Sport ist zu wenig, um hier eine verwechselbare Ähnlichkeit der Marken herbeizuführen. Der Konsument wird bei Konfrontation mit der angegriffenen Marke zur Erkenntnis kommen, dass es sich um ein anderes Unternehmen handelt, als um jenes der Widerspruchsmarke.

Im Hinblick auf die deutlichen optischen Unterschiede der angegriffenen Marke und des abgrenzbaren grafischen Erscheinungsbildes in Wechselwirkung mit der höheren Aufmerksamkeit des Durchschnittskonsumenten bei der Inanspruchnahme der Dienstleistung reichen die verbleibende Gemeinsamkeiten der Dienstleistungsidentität nicht aus, um die Gefahr einer Verwechslung anzunehmen.

Die Entscheidung des Patentamts war daher zu bestätigen.

5. Da die Entscheidung keine bisher von der Rechtsprechung unbeantwortete Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufweist und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist, ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt.

Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

6. Ein Kostenersatz findet nach § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt; die Parteien haben daher auch keine Kosten verzeichnet.