JudikaturJustiz34R1/14p

34R1/14p – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
10. April 2014

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Richter Dr. Hinger (Vorsitz) und Dr. Schober sowie den Kommerzialrat DI Margotti in der Rechtssache der klagenden Partei I***** , vertreten durch Prof. Haslinger Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei J***** , vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (EUR 36.000,--), Beseitigung (EUR 4.000,--), Rechnungslegung (EUR 10.000,--), Schadenersatz (EUR 10.000,--) und Veröffentlichung (EUR 3.000,--) über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 25.10.2013, 10 Cg 213/10v-47, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die Kosten des Berufungsverfahrens von EUR 2.823,96 (darin EUR 470,66 USt) zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Text

Die Klägerin ist Inhaberin des europäischen Patents EP 2 014 746 (österreichischer Anteil E-435 903) betreffend ein Verfahren zum Herstellen von Abbrandkörpern aus einem aus Holzwolle gedrehten Seil. Das Klagepatent wurde am 20.6.2007 (Prioritätstag) von der I***** Handels GmbH angemeldet und mit Zessionsvereinbarung vom 13.10./29.11.2007 an die Klägerin übertragen. Die Patentansprüche haben nachstehenden Inhalt:

«1. Verfahren zum Herstellen von Abbrandkörpern aus einem aus Holzwolle gedrehten Seil, das in einem Wachsbad mit Wachs, insbesondere Paraffin, getränkt und nach einer Abkühlung zu den Abbrandkörpern in Stücke getrennt wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Seil kontinuierlich durch das Wachsbad gezogen und im Anschluss daran kontinuierlich abgekühlt wird, bevor vor dem endgültigen Erstarren des aufgenommenen Wachses die Abbrandkörper vom Seil getrennt werden.

2. Verfahren nach Anspruch 1 ist dadurch gekennzeichnet, dass das Seil durch ein Wachsbad mit einer Schmelztemperatur von 50 bis 60 °C gezogen wird.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2 ist dadurch gekennzeichnet, dass das Seil vor dem Abtrennen der Abbrandkörper auf eine Trenntemperatur von 25 bis 35 °C, insbesondere 25 bis 30 °C abgekühlt wird.

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3 ist dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens zwei Seile kontinuierlich durch ein gemeinsames Wachsbad gezogen und zu Abbrandkörpern verarbeitet werden.

5. Verfahren nach Anspruch 4 ist dadurch gekennzeichnet, dass die Seile in einer gemeinsamen Trennvorrichtung in Abbrandkörper getrennt werden.

6. Gemäß einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5 gefertigter Abbrandkörper aus mit Wachs, insbesondere Paraffin getränkten und aus Holzwolle gedrehten Seilstücken, dadurch gekennzeichnet, dass die Wachsdichte im äußeren Bereich der Seilstücke höher ist als im inneren Bereich der Seilstücke.

7. Abbrandkörper nach Anspruch 6 sind dadurch gekennzeichnet, dass das Wachs ein Hartparaffin mit einem Schmelzpunkt zwischen 50 und 58 °C, insbesondere zwischen 52 und 56 °C, ist.

8. Abbrandkörper nach Anspruch 6 oder 7 sind dadurch gekennzeichnet, dass die Seilstücke einen Wachsgehalt von zwischen 50 und 70 Vol% aufweisen.

9. Abbrandkörper nach einem der Ansprüche 6 bis 8 sind dadurch gekennzeichnet, dass die Seilstücke einen Durchmesser von 20 bis 30 mm und eine Länge von 30 bis 70 mm aufweisen.»

Seit Sommer 2009 vertreibt die Beklagte in Österreich das Produkt „***** Feuerwolle“, welches sie von Anfang an ausschließlich von einem Lieferanten mit Sitz in den Niederlanden bezieht. Nach Angaben dieses Lieferanten wird zur Herstellung der „***** Feuerwolle“ das Seil mit Wachs von oben und von der Seite mittels eines breiten Sprühkopfs besprüht und damit das Wachs gleichmäßig verteilt. Niemand bei der Beklagten hat den Produktionsvorgang je gesehen.

Bei dem nach dem Klagepatent hergestellten Abbrandkörper handelt es sich nicht um ein neues Produkt. Ein gleichartiger Abbrandkörper wird vom Unternehmen F***** aus der Schweiz seit dem Jahr 1938 produziert; die im Dezember 2005 aktualisierte Website www.f*****.ch ist älter als der Prioritätstag des Klagepatents.

Die Klägerin behauptet den unzulässigen Vertrieb des patentverletzenden Produkts „*****-Feuerwolle“ in Österreich. Dieser Abbrandkörper werde nach dem patentierten Verfahren der Klägerin hergestellt und sei von gleicher Beschaffenheit wie jener der Klägerin. Trotz mehrmaliger Mahnung verkaufe die Beklagte das Produkt weiterhin. Es bestehe Wiederholungsgefahr und die Beklagte schulde ein angemessenes Entgelt, auf Grund des Verschuldens aber auch Schadenersatz einschließlich des entgangenen Gewinns, weil die Patentverletzung vorsätzlich erfolge. Auf Grund des österreichweiten Vertriebs seit über einem Jahr sei die Urteilsveröffentlichung in drei österreichweit erscheinenden Tageszeitungen gerechtfertigt.

Die Beklagte bestritt die Begehren und wandte ein, dass die „***** Feuerwolle“ nicht nach dem in Anspruch 1 des Klagepatents beschriebenen Verfahren hergestellt werde. Bei dem vom niederländischen Produzenten angewendeten Verfahren werde nicht „das Seil kontinuierlich durch das Wachsbad gezogen“, sondern werde vielmehr von oben und von der Seite besprüht. Das Klagepatent sei nicht verletzt.

Das Erstgericht wies sämtliche Begehren ab und traf die eingangs zusammengefasst angeführten Feststellungen. Ergänzend dazu stellte es fest, dass die Beklagte bereits mit Schreiben vom 2.7.2010 der Klägerin mitgeteilt habe, dass das vom Lieferanten der Beklagten verwendete Verfahren nicht das Klagepatent verletze. Auf der Verpackung sei ursprünglich die Gewichtsangabe „ca. 400 g“ auf der Vorder- und auf der Rückseite „Abfüllgewicht ca. 400 g Inhalt: 30 Stück“ angegeben gewesen. Die auf Grund der Fertigpackungsverordnung (FPVO) geänderte Verpackung trage auf der Rückseite die Aufschrift „Inhalt 30 Stück“ und nenne kein Gewicht mehr. Es könne nicht festgestellt werden, dass Ursache der geänderten Aufschrift ein geändertes Verfahren zur Herstellung der „***** Feuerwolle“ wäre.

Es könne nicht festgestellt werden, dass das von der Beklagten vertriebene Produkt „***** Feuerwolle“ nach Anspruch 1 des Klagepatents hergestellt werde. Das Herstellungsverfahren gemäß dem Klagepatent und das von der Beklagten angegebene Verfahren seien unterschiedlich, sodass keine Äquivalenz bestehe. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass der nach dem Klagepatent hergestellte Abbrandkörper den Anspruch 6 des Klagepatents erfülle, weil die Wachsdichte im äußeren Bereich der Seilstücke nicht höher sei als im inneren Bereich. Die I***** GmbH und Dkfm. ***** haben die „***** Feuerwolle“ zweimal untersuchen lassen. Aus diesen Berichten ergäben sich starke Schwankungen des Wachsgehalts, es könne jedoch nichts über das Verfahren zur Herstellung der „***** Feuerwolle“ entnommen werden.

In rechtlicher Hinsicht sei der Klägerin der ihr obliegende Nachweis der Anwendung des patentgeschützten Verfahrens bei der „***** Feuerwolle“ nicht gelungen. Eine Äquivalenz könne auch zu jenem nach Anspruch 1 des Klagepatents nicht geprüft werden, weil das Herstellungsverfahren der beanstandeten Abbrandkörper nicht angegeben werde. Da es sich bei dem Klagepatent um kein neues Erzeugnis handle, komme der Klägerin auch nicht die Beweiserleichterung des § 155 PatG zu. Auch seien die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 6 des Klagepatents nicht erfüllt und könnten daher auch nicht verletzt sein.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin mit dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Die Klägerin beantragt, die Entscheidung abzuändern und der Klage stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Das Berufungsgericht hält die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts für zutreffend (§ 500a ZPO).

2. Die Klägerin bekämpft im Wesentlichen die Beweislastverteilung des Erstgerichts und fordert eine Verschiebung, weil sich die Beklagte und/oder deren Lieferant geweigert hätten, den Produktionsvorgang der „***** Feuerwolle“ durch einen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Nach ihrer Ansicht sei das Verhalten der Beklagten wegen der gegebenen unverhältnismäßigen Beweisschwierigkeiten eine Beweisvereitelung. Es sei nach Treu und Glauben ohne weiteres zumutbar gewesen, die erforderliche Aufklärung über die Produktion zu geben.

3. Die Grundsätze der Beweisführung sind im Patentprozess die gleichen wie in jedem anderen Zivilprozess. Die Normen des Patentrechts bewegen sich im Rahmen der üblichen Beweisführungsregeln der ZPO (RIS Justiz RS0111374). Daher trifft im Patenteingriffsverfahren zunächst die Klägerin die Behauptungslast: Sie muss jenen Sachverhalt vortragen, aus dem sich schlüssig die Klagsansprüche ableiten lassen. Unterlässt sie dies, so ist die Klage als unschlüssig abzuweisen. Die Klägerin hat im Wesentlichen zu behaupten, dass sie Inhaberin eines bestimmten aufrechten Patents ist und dass die Beklagte durch eine bestimmte Verhaltensweise in das ihr vorbehaltene Ausschließungsrecht eingegriffen hat (vgl Schöberl , Beweis des Gegenteils und Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse dargestellt am Beispiel des § 155 PatG, ÖJZ 2005/17).

Analog zur Behauptungslast trifft die Klägerin auch die Beweislast. Dabei gilt zunächst die Grundregel, dass jede Partei die für ihren Standpunkt günstigen rechtsbegründenden Tatsachen beweisen muss ( Schragel in Fasching/Konecny 2 § 178 ZPO Rz 2; Rechberger in Rechberger³ Vor § 266 Rz 11 f mwN). Somit hat die Klägerin nicht nur den (Patent-)Eingriff zu beweisen, sondern auch die gleiche Beschaffenheit (Zusammensetzung) des Produkts ( Schmidt , Beweis und Gegenbeweis bei Verfahrenspatenten, ÖBl 2002/59; 4 Ob 280/98z; RIS Justiz RS0111375).

3.1 Sowohl das Erstgericht als auch die Streitteile gehen zutreffend davon aus, dass im konkreten Fall die Beweiserleichterung des § 155 PatG in Form einer Beweislastumkehr nicht zur Anwendung kommt. Das Klagepatent ist – wie durch unbedenkliche Urkunden und auch durch das eingeholte Gutachten unstrittig belegt – kein neues Verfahrensprodukt im Sinne des § 3 PatG. Zum Prioritätstag des Klagepatents (20.6.2007) waren bereits andere Erzeugnisse von gleicher Beschaffenheit vorhanden (vgl 4 Ob 47/02v [Sprayback-Problem]).

Die österreichische Rechtslage ist TRIPS-konform (vgl Kucsko , Die Beweis-/Bescheinigungslast bei Verfahrenspatenten, ÖBl 2000/2; Neef in Busche/Stoll/Wiebe , TRIPS 2.Auflage Art 34 Rn 1 ff) und steht auch im Einklang mit der entsprechenden (gleichlautenden) Bestimmung des deutschen Rechts (§ 139 Abs 3 dPatG). Die Neuheit des Verfahrenserzeugnisses liegt vor, wenn das Erzeugnis von denjenigen, die im Prioritätszeitpunkt des Verfahrenspatents zum geschützten Teil gehörten, in irgendeiner mit Sicherheit unterscheidbaren und technisch nicht völlig belanglosen Eigenschaft abweicht (vgl Kraßer , Patentrecht, 6.Auflage S 778 f; Pitz in Fitzner/Lutz/Bodewig , PatentRKomm, PatG § 139 Rn 254, Kühren , Hdb Patentverletzung, 6.Auflage Rn 1391; Busse/Keukenschrijver , PatG § 139 Rn 209).

3.2 Die Beklagte muss außerhalb des Anwendungsgebiets des § 155 PatG grundsätzlich der Klägerin die Beweisführung nicht erleichtern (vgl Kucsko , aaO; zur übereinstimmenden deutschen Regelung und Rechtslage vgl Haedicke/Timmann/ Bukow , Hdb PatR 1.Auflage § 11 Rn 32; Neef aaO Art 34 Rn 4). Nach dem Willen des Gesetzgebers wäre eine Ausdehnung der Beweiserleichterung des § 155 PatG auch auf Verfahren zur Herstellung eines bereits bekannten Erzeugnisses unbillig und ungerecht, weil dadurch die Sicherheit des Verkehrs und der Produktion ungebührlich gestört werden könnte (EB 1897 zu PatG, abgedruckt bei Wiltschek , Patentrecht³ Anm 2 zu § 155). So legt auch der Oberste Gerichtshof § 155 PatG einschränkend aus (4 Ob 178/03k; RIS Justiz RS0116274).

3.3. An der Beweislastregelung der ZPO soll sich grundsätzlich auch dann nichts ändern, wenn im Einzelfall der entsprechende Nachweis schwierig oder gar unmöglich ist. Von der Rechtsprechung wurden bislang auf Grund der „Nähe zum Beweis“ bei im Einzelfall ganz besonderen Beweisschwierigkeiten (RIS Justiz RS0005394 [betraf den Bereich der Alleinstellungwerbung]) und bei einer unterbliebenen notwendigen Aufklärung, die nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zumutbar war (vgl RIS Justiz RS0011634; 4 Ob 31/91, 4 Ob 11/95 – diese E beruft sich überdies auf Art 6 lit a der EG-Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung, 84/450/EWG, wonach vom Werbenden der Beweis für die Richtigkeit von in der Werbung enthaltenen Tatsachenbehauptungen verlangt werden kann, wenn ein solches Verlangen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Werbenden und anderer Verfahrensbeteiligter im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalls angemessen erscheint) die Beweislast umgekehrt ( Rechberger in Fasching/Konecny 2 Vor § 266 ZPO Rz 33 mwN).

Nur vereinzelt ist in der Rechtsprechung auch von einer Beweislastumkehr wegen Beweisvereitelung die Rede (vgl RIS-Justiz RS0112762; 1 Ob 254/99f – betraf Verfahren wegen eines ärztlichen Kunstfehlers, wobei die Ärzte von ihrer Verschwiegenheitspflicht nicht entbunden wurden; im Ergebnis wurde eine Beweislastumkehr nicht vorgenommen). In der Beweisvereitelung wäre ein Verstoß gegen Treu und Glauben zu erblicken, der in der rechtsmissbräuchlichen Prozessführung liegt. Eine schuldlose Beweisvereitelung würde aber nicht zu beweisrechtlichen Reaktionen führen ( Baumgärtel in Kralik-FS , Die Beweisvereitelung im Zivilprozess, 74). Einer echten Beweisvereitelung durch den Gegner des Beweisführers (dazu ausführlich Baumgärtel, aaO 63, 74) kann idR durch die freie Würdigung dieses Verhaltens begegnet werden (idS auch Fasching, Lehrbuch 2 Rz 900), wie sie etwa § 307 Abs 2 ZPO für den Fall der Urkundenunterdrückung vorsieht (vgl dazu Näheres in Kodek in Fasching/Konecny 2 § 307 ZPO Rz 13 ff). Rechberger (aaO Vor § 266 ZPO Rz 35) hält die Zurückhaltung der Rechtsprechung gegenüber Veränderungen der allgemeinen Beweislastverteilung durchaus für gerechtfertigt (so auch Fasching, Lehrbuch 2 Rz 886), zumal weithin der Nachweis dafür fehlt, dass die Gerechtigkeitskriterien, die vor allem das Schadenersatzrecht seiner Beweislastverteilung zugrunde legt, nicht mehr sachgerecht oder zeitgemäß wären.

3.4. Die Parteien haben sich über die von ihrem Gegner vorgebrachten tatsächlichen Angaben und angebotenen Beweise mit Bestimmtheit zu erklären (§ 178 ZPO). Ein Bestreiten mit einem Nichtwissen kommt in der Regel nur für nicht eigene Handlungen der Beklagten in Betracht. Dies ist etwa dann anzunehmen, wenn die Beklagte ein patentgeschütztes Verfahren nicht selbst anwendet, sondern lediglich von Dritten bezogene unmittelbare Verfahrenserzeugnisse vertreibt (vgl Haedicke/Timmann/Bukow , Hdb PatR 1.Auflage § 11 Rn 32). Eine Ausnahme hievon können Konstellationen bilden, in denen die Beklagte rechtlich in der Lage ist, beim Hersteller nähere Informationen einzuholen, der sich daraus ergebenden Erkundungspflicht aber nicht nachgekommen ist. Zum Anderen kann sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben eine Verpflichtung der nicht beweisbelasteten Partei ergeben, dem Gegner gewisse Informationen zur Erleichterung seiner Beweisführung zu bieten, wozu namentlich die Spezifizierung von Tatsachen gehören kann, wenn und soweit diese der mit der Beweisführung belasteten Partei nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Erschwerungen zugänglich sind, während ihre Offenlegung für den Gegner sowohl ohne Weiteres möglich als auch zumutbar erscheint (vgl BGH GRUR 2004, 268, 269 – Blasenfreie Gummibahn II: Der BGH spricht von einer sogenannten sekundären Darlegungslast). Nicht mehr zumutbar dürfte die Offenlegung von Betriebsgeheimnissen sein, wobei zu beachten ist, dass sich die Klägerin diese Kenntnisse eventuell auch durch einen Auskunftsanspruch gegen den niederländischen Erzeuger (im Rahmen eines „kort geding“-Verfahrens) verschaffen kann (vgl Pansch , Rüdiger, Die einstweilige Verfügung zum Schutze des geistigen Eigentums im grenzüberschreitenden Verkehr, 2003, 101 f) und dass bei der Bestätigung des Vorwurfs der Patentverletzung das Verfolgungsinteresse des Patentinhabers das Geheimhaltungsinteresse regelmäßig überwiegen wird. Greifen diese Ausnahmen jedoch nicht, muss letztendlich die Klägerin das Vorliegen der bestrittenen Ausstattungsmerkmale beweisen.

4. Betrachtet man nun das erstinstanzliche Beweisverfahren, kann eine Beweisvereitelung durch die Beklagte schon deshalb nicht angenommen werden, weil sie das patentgeschützte Verfahren nicht selbst anwendet. Ihr kann die Weigerung des niederländischen Produzenten, die Verfahrensproduktion im Detail noch weiter offenzulegen, nicht (schuldhaft) als Beweisvereitelung angelastet werden. Es steht der Klägerin ohnedies frei, gegen den Erzeuger selbst vorzugehen.

Ungeachtet dessen hat die Beklagte im Beweisverfahren die Produktion des Abbrandkörpers, soweit sie die Informationen vom Erzeuger erhalten hat, dargelegt und versucht aufzuklären. Selbst mit dem Gutachten war nicht feststellbar, ob der Abbrandkörper „***** Feuerwolle“ nach dem Verfahren des Klagepatents hergestellt ist. Eben so wenig konnte festgestellt werden, dass die Wachsdichte im äußeren Bereich der Seilstücke höher ist als im inneren Bereich. Die Äquivalenz der beiden Produkte wurde sowohl technisch als auch patentrechtlich verneint.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich die Beweislast im Verfahren 30 R 27/13f des Oberlandesgerichts Wien gegen die Beklagten gerichtet hat und sie (auch) nicht in der Lage war, den Inhalt der Komponenten der „***** Feuerwolle“ zu verifizieren; sie konnte den niederländischen Vertragspartner nicht zur Preisgabe des Produktionsgeheimnisses veranlassen, was letztlich zum Prozessverlust geführt hat. Dies verdeutlicht, dass die Beklagte als (reine) Verkäuferin der „***** Feuerwolle“ keine besondere „Nähe zum Beweis“ hat und dass eine weitergehende Aufklärung selbst nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht möglich und daher nicht zumutbar war.

Aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung 4 Ob 169/11y des Obersten Gerichtshofs kann für den konkreten Fall und zur bisherigen Rechtsprechung der Beweislastumkehr nichts gewonnen werden. Dieses Verfahren betraf ein unlauteres Verhalten nach § 2 UWG, wobei § 1 Abs 5 UWG die Möglichkeit einer Überwälzung der Beweislast vorsieht. In Verfahren auf Unterlassung oder Schadenersatz hat der Unternehmer die Richtigkeit von Tatsachenbehauptungen im Zusammenhang mit einer Geschäftspraktik dann zu beweisen, wenn ein solches Verlangen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Unternehmers und anderer Marktteilnehmer wegen der Umstände des Einzelfalls angemessen erscheint (4 Ob 130/10m [T13]; RIS Justiz RS0011634, RS0116971, RS0011634).

Im Ergebnis liegen keine besonderen Sachgründe vor, die rechtfertigen würden, die Beweislast extra legem zum Vorteil der beweisbelastenden Klägerin zu verschieben. Die von der Klägerin vorgebrachten Beweisschwierigkeiten alleine können nicht dazu führen, dass sich die Beweislast auf die Beklagte umkehrt.

Der Klägerin ist es somit nicht gelungen, die Eingriffshandlung der Beklagten zu beweisen (RIS Justiz RS0111375). Auch steht nicht fest, dass das von der Beklagten vertriebene Erzeugnis von gleicher Beschaffenheit ist wie das nach dem Klagepatent hergestellte Erzeugnis (RIS Justiz RS0116274). Eine äquivalente Benützung wurde im Verfahren ebenso wenig nachgewiesen (vgl RIS Justiz RS0123522).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO. [...]

Die Revision ist nicht zulässig, weil das Berufungsgericht zur relevanten – im Übrigen auch einzelfallbezogen zu lösenden – Frage der Beweislastverschiebung von der Judikatur des Obersten Gerichtshofs nicht abgewichen ist.

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