JudikaturJustiz33R122/23p

33R122/23p – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
10. November 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen der Widersprüche gegen die Marken AT 315128, AT 315129, AT 315130 und AT 315131 über die Rekurse der Antragsgegnerin gegen die Beschlüsse der Rechtsabteilung des Patentamts jeweils vom 28.3.2022, WM 190/2021 7, WM 191/2021 7, WM 192/2021 3 und WM 193/2021 9, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Die Rechtsmittelverfahren 33 R 122/23p (WM 192/2023 3, AT 315130), 33 R 123/23k (WM 191/2021 7, AT 315129), 33 R 124/23g (WM 190/2021 7, AT 315128) und 33 R 125/23d (WM 193/2021 7, AT 315131) werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden; das führende Verfahren ist 33 R 122/23p.

II. Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt jeweils EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist jeweils nicht zulässig.

Begründung

Text

I. Gemäß § 187 ZPO kann der Senat bei Parteienidentität Verfahren verbinden, wenn dadurch die Kosten und der Aufwand vermindert werden. Die Anwendung dieser Bestimmung ist nicht auf das Verfahren erster Instanz beschränkt (vgl Höllwerth in Fasching / Konecny 3 § 187 ZPO Rz 10; zuletzt OLG Wien 33 R 81/23h). Auch wenn im Außerstreitgesetz eine allgemeine Verweisungsnorm fehlt, bestehen keine Bedenken gegen die Anwendung von § 187 ZPO. Die Voraussetzungen für die Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung liegen vor, weil dieselbe Antragstellerin gegen die selbe Antragsgegnerin vergleichbare Ansprüche geltend macht und die Argumente in den Begründungen des Patentamts und in den Rechtsmitteln der Antragsgegnerin übereinstimmen.

II. Mit den angefochtenen Beschlüssen gab das Patentamt jeweils den Widersprüchen der Inhaberin der älteren Marke gegen für die Inhaberin der jüngeren Marke registrierte österreichische Marken statt und hob die Registrierung der betroffenen Marken hinsichtlich aller Dienstleistungen auf. Sämtliche Entscheidungen stützen sich darauf, dass sich die Antragsgegnerin nicht zum Widerspruch geäußert habe.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 29b Abs 1 MSchG ist der Markeninhaber nach Ablauf der Widerspruchsfrist über alle fristgerecht eingelangten Widersprüche in Kenntnis zu setzen, und es ist ihm zur Erstattung einer schriftlichen Äußerung eine angemessene Frist einzuräumen. Bringt der Markeninhaber innerhalb der ihm gesetzten Frist keine Äußerung ein, so ist ohne weiteres Verfahren antragsgemäß die gänzliche oder teilweise Aufhebung der Marke zu verfügen.

Die Antragsgegnerin hat in keinem Verfahren ein inhaltliches Vorbringen zum Widerspruch erstattet.

In den nunmehr eingebrachten Rekursen gegen die Säumnisentscheidugnen der Rechtsabteilung bringt sie erstmals vor, wieso zwischen den Zeichen der älteren und der neueren Marke keine Zeichenähnlichkeit bestehe.

Nach § 37 Abs 3 MSchG ist auf das Verfahren über Rechtsmittel gegen Beschlüsse der Rechtsabteilung des Patentamts § 139 PatG 1970 sinngemäß anzuwenden. Nach dieser Bestimmung gelten für das Rekursverfahren die Bestimmungen des AußStrG sinngemäß mit Ausnahme der §§ 44 und 49 AußStrG und mit ua der in § 139 Z 3 PatG normierten Besonderheit, dass neue Tatsachen oder Beweismittel nur zur Stützung oder zur Widerlegung der in der ersten Instanz rechtzeitig vorgebrachten Tatsachen und Beweise vorgebracht werden dürfen.

Da die Antragsgegnerin in erster Instanz kein Vorbringen zum Widerspruch der Antragstellerin erstattet hat, verstößt das nunmehr erstmals erstattete Vorbringen zur mangelnden Verwechslungsgefahr und Dienstleistungsähnlichkeit gegen das Neuerungsverbot. Auf die Frage der Zeichen- und Dienstleistungsähnlichkeit ist daher nicht einzugehen. Es bleibt bei der Abweisung [richtig: Aufhebung der Marke] nach §  29b Abs 1 dritter Satz MSchG.

Die in den Rekursen geltend gemachte unrichtige rechtliche Beurteilung durch die Rechtsabteilung liegt nicht vor, denn es wurde die Regelung des § 29b Abs 1 MSchG gesetzeskonform angewendet.

Da die Entscheidung keine Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist, ist der Revisionsrekurs nicht zulässig. In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.