JudikaturJustiz2Ob164/23s

2Ob164/23s – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. September 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon. Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Pflegschaftsache des mj M*, geboren * 2020, *, wegen Kontaktrecht, über den außerordentlichen Revisionrekurs der Mutter D*, vertreten durch Jarolim Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. Juli 2023, GZ 44 R 251/23x 225, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Das Rekursgericht räumte dem Vater – in Abänderung des ihm bereits mit Beschluss vom 16. 6. 2022 gewährten laufenden Kontaktrechts an jedem Mittwoch und an jedem zweiten Samstag und Sonntag jeweils in der Zeit von 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr eingeräumten Kontaktrechts – ein vorläufiges Kontaktrecht an jedem zweiten Samstag und Sonntag in der Zeit von nunmehr 13:00 Uhr bis 18:00 Uhr und ein vorläufiges Ferienkontaktrecht im Jahr 2023 von 3. 8. bis 8. 8., von 11. 9. bis 13. 9., von 20. 9. bis 22. 9. sowie am 25. 12., jeweils von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr ein.

Rechtliche Beurteilung

[2] Der außerordentliche Revisionsrekurs de r Mutter zeigt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung i Sd § 62 Abs 1 AußStrG auf.

[3] 1. Die behaupteten Aktenwidrigkeiten sowie eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens wurden geprüft, sie liegen nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG).

[4] 2. Inwieweit einem Elternteil ein Kontaktrecht eingeräumt wird, hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG, sofern nicht leitende Grundsätze der Rechtsprechung verletzt wurden (RS0087024 [T6, T9]; RS0097114) oder das Kindeswohl nicht ausreichend bedacht wurde (RS0097114 [T1, T18]).

[5] 3. Die Revisionsrekurswerberin bekämpft das ausgedehnte vorläufige Kontaktrecht des Vaters im Wesentlichen mit dem Argument , er habe gegen das Wohlverhaltensgebot des § 159 ABGB verstoßen, indem er sie auch vor dem Minderjährigen beschimpft und mutwillig zahlreiche Verfahren gegen sie und ihre Eltern eingeleitet habe.

[6] 4. A ufgrund des Wohlverhaltensgebots des § 159 ABGB ist jeder Elternteil verpflichtet, zur Wahrung des Kindeswohls alles zu unterlassen, was das Verhältnis des minderjährigen Kindes zu anderen Personen, denen das Kind betreffende Rechte und Pflichten zukommen, beeinträchtigt oder die Wahrnehmung von deren Aufgaben erschwert; den Eltern steht es deshalb auch nicht zu, sich vor oder gegenüber dem Kind über den anderen Elternteil in einer herabwürdigenden Weise zu verhalten oder zu äußern (6 Ob 33/18y Pkt 2.3.5. mwN).

[7] Dass die vom Vater angestrengten Verfahren auf das Wohl des Kindes oder sein Verhältnis zur Mutter negative Auswirkungen hätten, steht nicht fest. Das sonstige, gegen § 159 ABGB verstoßende Verhalten des Vaters hat das Rekursgericht bei Einräumung des vorläufigen Kontaktrechts ohnehin mitberücksichtigt. Wenn es dieses unter Hinweis auf die schon etablierte (gute) Bindung des Minderjährigen zum Vater aber als nicht so schwerwiegend gewichtete, dass es der – von der Mutter bekämpften – vorläufigen Ausdehnung des Regelkontaktrechts um zwei Stunden und der Einräumung auch eines vorläufigen Ferienkontaktrechts entgegenstünde, ist dies insbesondere im Hinblick auf die ohnehin angeordnete Einsetzung der Familiengerichtshilfe als Besuchsmittler im Sinn des Kindeswohls nicht korrekturbedürftig.