JudikaturJustiz22Bs335/23k

22Bs335/23k – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
05. März 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen §§ 127, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB über die Berufung der Staatsanwaltschaft St. Pölten wegen Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 29. November 2023, GZ 17 Hv 133/23k-41.3, nach der am 5. März 2024 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Mathes, im Beisein der Richter Mag. Hahn und Mag. Gruber als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Wallenschewski sowie in Anwesenheit des Angeklagten und seiner Verteidigerin Mag. Pitterle durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Freiheitsstrafe auf 30 Monate erhöht.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene rumänische Staatsangehörige A*des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB schuldig erkannt und hierfür unter Anwendung des § 39 Abs 1 StGB nach § 130 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Unter einem wurde gemäß § 20 Abs 1 und 3 StGB ein Geldbetrag in Höhe von EUR 1.400,-- für verfallen erklärt.

Der Schuldspruch erfolgte, weil der Angeklagte am 8. August 2023 mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, Gewahrsamsträgern der nachstehend angeführten Verkaufsfilialen der Supermarktkette B* fremde bewegliche Sachen, nämlich insgesamt 297 Stück Fischkonserven im Gesamtwert von zumindest EUR 1.200,-- und 55 Packungen Pistazien im Gesamtwert von zumindest EUR 200,-- wegnahm bzw. wegzunehmen versuchte, indem er die Sachen an sich nahm, unter seiner Bekleidung verbarg und damit den Supermarkt verließ, wobei er diese Diebstähle in der Absicht ausführte, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine längere Zeit von zumindest einigen Wochen und Monaten hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes (zu ergänzen: bei jährlicher Durchschnittsbetrachtung monatlich € 400,00 übersteigendes; US 4) Einkommen zu verschaffen, bereits zwei solche Taten begangen hatte und mehrfach wegen einer solchen Tat verurteilt worden war, nämlich

I. wegnahm, und zwar

1. in ** eine nicht näher feststellbare Anzahl von Fischkonserven;

2. in ** eine nicht mehr feststellbare Anzahl von Fischkonserven;

3. in ** in mehrfachen Tatangriffen eine nicht mehr feststellbare Anzahl von Fischkonserven und Pistazien-Packungen;

4. in ** eine nicht mehr näher feststellbare Anzahl von Fischkonserven und Pistazien-Packungen;

5. in ** eine nicht mehr feststellbare Anzahl von Fischkonserven;

II. wegzunehmen versuchte, und zwar in ** eine nicht mehr näher feststellbare Anzahl von Fischkonserven und Pistazien-Packungen, wobei es infolge Betretens auf frischer Tat und Nacheile beim Versuch blieb.

Bei der Strafbemessung wertete der Erstrichter neben der Anwendung allgemeiner Grundsätze der Strafzumessung gemäß § 32 Abs 2 und 3 StGB das Vorliegen von zwölf einschlägigen Vorstrafen als erschwerend, mildernd demgegenüber den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben war, sowie das umfassende und reumütige Geständnis des Angeklagten. Davon ausgehend erweise sich die verhängte Sanktion als tatschuldangemessen, wobei eine auch nur teilweise bedingte Nachsicht am massiv getrübten Vorleben des Verurteilten scheitere.

Gegen die Strafhöhe richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 43) und fristgerecht ausgeführte Berufung der Staatsanwaltschaft St. Pölten, womit sie die Erhöhung der Unrechtsfolge begehrt (ON 46).

Rechtliche Beurteilung

Dem Rechtsmittel kommt Berechtigung zu.

Vorweg sind die vom Erstgericht herangezogenen Strafzumessungsgründe zu Lasten des Angeklagten zu ergänzen bzw. zu präzisieren wie folgt:

Zunächst ist festzuhalten, dass die Tat in sechs Angriffen, mithin über das notwendige Ausmaß für eine Verurteilung nach § 130 Abs 1 erster Fall iVm § 70 Abs 1 Z 3 StGB hinausgehend, erfolgte und der Rückfall als rasch ( Riffel in WK 2 § 33 Rz 11) zu bezeichnen ist, war A* doch erst am 19. September 2022 in der Schweiz aus dem Vollzug einer elfmonatigen Freiheitsstrafe (vorzeitig) entlassen worden (ON 14,2).

Im Übrigen ist auf das getrübte Vorleben des Angeklagten näher einzugehen wie folgt:

Dieser wurde am 22. März 1989 in seiner Heimat wegen „vorsätzlicher Tötung“ zu einer 20-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt (ON 34 Punkt 1).

Nach Vollzug derselben erfolgte die nächste Verurteilung am 6. Februar 2012 durch ein griechisches Gericht, wobei wegen Eigentumsdelikten im Jahr 2011 eine dreijährige Freiheitsstrafe verhängt wurde (ON 34 Punkt 19).

Das nächste Urteil gegen ihn erging am 2. April 2014 durch das Amtsgericht Nürnberg wegen Diebstahls (Tathandlung am 29. März 2013; ON 34 Punkt 16).

Am 11. Februar 2015 wurde der Angeklagte wegen Einbruchsdiebstahls durch das Landesgericht für Strafsachen Graz (Tathandlung am 24. September 2013) verurteilt (ON 34 Punkt 8).

Die nachfolgende Sanktionierung wegen Einbruchsdiebstahls erging nur zwei Tage später, mithin am 13. Februar 2015 , durch das Amtsgericht Günzburg, wobei die Tathandlung am 21. November 2014 erfolgt war (ON 34 Punkt 9).

Kurze Zeit später, nämlich am 20. April 2015 wurde A* wegen Bedrohung durch das Amtsgericht Kempten verurteilt, die Tat hatte am 7. Jänner 2014 stattgefunden (ON 34 Punkt 3).

Ungeachtet dessen erfolgte am 25. Juni 2015 die nächste Verurteilung wegen Diebstahls durch das Amtsgericht Offenburg (Tathandlung am 29. Mai 2015; ON 34 Punkt 13).

Am 22. Juli 2016 wurde A* von einem ** Gericht wegen Schlepperei zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt (ON 34 Punkt 2).

Die nächste Aburteilung wegen versuchten Diebstahls erging im Wege des Bezirksgerichts Graz-West am 30. August 2018 , Datum der letzten Tathandlung war der 24. Mai 2018 (ON 34 Punkt 14).

Nur wenige Wochen später, nämlich am 12. November 2018 , erfolgte die Verurteilung des Genannten durch das Bezirksgericht Graz-Ost wegen einer Entwendung am 30. August 2018 (ON 34 Punkt 5).

Davon unbeeindruckt delinquierte A* erneut und wurde deswegen vom Landesgericht für Strafsachen Graz am 6. Juni 2019 wegen Tathandlungen bis 20. März 2019 zur Verantwortung gezogen und - unter Widerruf der Verurteilungen durch die Bezirksgerichte Graz-West und -Ost - zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt, welche (entgegen den Feststellungen des Erstgerichts) lediglich bis 27. September 2019 vollstreckt wurde. An diesem Tag wurde A* gemäß § 133a Abs 1 StVG entlassen (ON 34 Punkt 11).

Ungeachtet dessen stahl A* bereits am 17. Februar 2020 erneut und wurde deswegen vom Amtsgericht Aachen am 18. Februar 2020 verurteilt (ON 34 Punkt 17).

Dies erzielte wenig Wirkung, weil er bereits am 24. September 2020 wegen einer am 20. Juli 2020 begangenen Diebstahlhandlung erneut, und zwar vom das Amtsgericht Ludwigshafen, zur Verantwortung gezogen werden musste (ON 34 Punkt 6).

Die nächste Verurteilung, wiederum wegen der Straftat des Diebstahls, erfolgte am 26. August 2021 durch das Amtsgericht Spaichingen (ON 34 Punkt 20).

Kurze Zeit später, nämlich am 18. Oktober 2021 , wurde A* wegen Diebstahls von der Staatsanwaltschaft Winterthur wegen eines Diebstahls am 1. Juni 2021 sanktioniert (Geldstrafe; ON 14,1).

Auch dies beeindruckte A* nicht, weil er bereits am 12. Jänner 2022 wegen eines am 2. November 2021 begangenen Diebstahls vom Amtsgericht Weinheim verurteilt wurde (ON 34 Punkt 18).

Die nächste Tathandlung setzte A* bereits am 10. Februar 2022 in der Schweiz, weshalb er vom Gerichtspräsidium Aarau am 16. August 2022 zu einer elfmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, aus der er – wie bereits erwähnt – am 19. September 2022 unter gleichzeitigem Landesverweis entlassen wurde (ON 14,2).

Selbst wenn der Wert der weggenommenen Fischkonserven bzw. Pistazien vorliegend nicht besonders hoch ist, erhellt aus den vorgenannten Ausführungen, dass A* aktuell eine massive kriminelle Energie an den Tag legte und an einem Tag nicht weniger als sechs Supermärkte (teilweise mehrfach) heimsuchte, obwohl er in einer selbst aus vergleichbaren Fällen besonders herausragenden kriminellen Laufbahn seit über dreißig Jahren in mehreren europäischen Ländern vorverurteilt worden war.

Dabei nutzte er seit dem Jahr 2014 den Umstand, dass er die – bei Einzelfallbetrachtung – nur geringfügigen Eigentumsdelikte auf unterschiedliche Landstriche bzw. Staaten verteilte und solcherart erreichte, dass – vor allem in der BRD – über ihn überwiegend nur Geldstrafen verhängte wurden, obwohl zielgerichtet und gewerbsmäßig gehandelt wurde.

Diesen Tathandlungen gilt es nun ein Ende zu setzen und dem Angeklagten durch den Vollzug einer empfindlichen Sanktion von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.

Auf Grund des oben zur Darstellung gebrachten, massiv getrübten Vorleben des als Gewohnheitstäter einzustufenden Angeklagten gebieten darüber hinaus auch generalpräventive Aspekte die Verhängung einer längeren Freiheitsstrafe, um der Allgemeinheit, insbesondere aber dem Täterkreis, dem A* zuzuordnen ist, nachdrücklich vor Augen zu halten, dass bei entsprechendem Vorleben auch gewerbsmäßige „einfache“ Diebstahlhandlungen massive staatliche Reaktionen nach sich ziehen.

In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, dass die durch solche Taten verursachten Schäden von den betroffenen Unternehmen in die Preisgestaltung miteinbezogen werden, was dazu führt, dass sich rechtskonform verhaltende Kunden höhere Preise bezahlen müssen, als sie eigentlich notwendig wären.

Der Berufung der Anklagebehörde war daher in spruchgemäßem Umfang Folge zu geben.

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