JudikaturJustiz1R94/05m

1R94/05m – LG Krems/Donau Entscheidung

Entscheidung
22. Juli 2005

Kopf

Das Landesgericht Krems a.d. Donau als Rekursgericht fasst durch den Vizepräsidenten Dr. Klaus als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Mischer und Mag. Mörtl in der Rechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch MMag. Dr. Michael H. Dohr u.a., Rechtsanwälte in 2700 Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei *****, geboren am *****, Dienstnehmer, *****, wegen € 359,24 s.A., infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Zwettl vom 8.3.2005, 1 C 247/05d-5, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss :

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Spruch

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit der am 10.2.2005 beim Erstgericht eingebrachten Mahnklage beantragte die klagende Partei, den Beklagten zur Bezahlung eines Betrages von € 545,02 samt 12 % Zinsen aus € 382,81 seit 18.5.2004 sowie zum Ersatz der Prozesskosten zu verpflichten. Die klagende Partei schlüsselte ihre Forderungen in der Klage wie folgt auf und erstattete das nachstehende Vorbringen:

"Code Angaben über Forderung BelegNr von bis Betrag

01 Telekommunikationsgebühre 20.01.2004 81,19 EUR

01 n Rechnung Nr.

01 911378290104

01 Telekommunikationsgebühre 30.01.2004

7,00 EUR

01 n Rechnung Nr.

01 600200210929

01 Telekommunikationsgebühre 19.02.2004 112,74

EUR

01 n Rechnung Nr.

01 911432530204

01 Telekommunikationsgebühre 20.02.2004

7,00 EUR

01 n Rechnung Nr.

01 600100210363

01 Telekommunikationsgebühre 01.03.2004

7,00 EUR

01 n Rechnung Nr.

01 600600000780

01 Telekommunikationsgebühre 11.03.2004

7,00 EUR

01 n Rechnung Nr.

01 650200091295

01 Telekommunikationsgebühre 11.03.2004

1,38 EUR

01 n Rechnung Nr.

01 700500100907

01 Telekommunikationsgebühre 18.03.2004 139,99

EUR

01 n Rechnung Nr.

01 911504430304

01 Telekommunikationsgebühre 25.03.2004

1,65 EUR

01 n Rechnung Nr.

01 700200107302

01 Telekommunikationsgebühre 25.03.2004

7,00 EUR

01 n Rechnung Nr.

01 650200092006

01 Telekommunikationsgebühre 20.04.2004

4,32 EUR

01 n Rechnung Nr.

01 911607560404

01 Telekommunikationsgebühre 18.05.2004

6,54 EUR

01 n Rechnung Nr.

01 700600104654

12A Inkassospesen 162,21

EUR

Zinsenbegehren: Zinsen vereinbart

Beweis:

Parteienvernehmung Parteienvernehmung

Urkunden Urkunden, Mahnschreiben, Aufstellung der

Inkassospesen , Vertrags- und Lieferbedingungen

Weiteres Vorbringen:

Fortsetzung Feldgruppe 10 - Beschreibung und Höhe des Anspruchs

Die geltend gemachten Inkassogebühren sind im Rahmen der außergerichtlichen Eintreibungsbemühungen eines von der klagenden Partei beauftragten Inkassobüros entstanden und wurden nach den Richtlinien der Honorarsätze für Inkassoinstitute, herausgegeben von

der Bundeswirtschaftskammer, Bundesinnung der Immobilien und Vermögenstreuhänder, abgerechnet (BGBl 1996/141).

Da aufgrund der beharrlichen Zahlungsverweigerung mit einem anwaltlichen Mahnschreiben nicht das Auslangen gefunden werden konnte

mußte ein Inkassobüro mit der Eintreibung der Forderung von der klagenden Partei beauftragt werden.

Die Forderung auf Ersatz der Inkassospesen gründet sich auf Paragraph

1333 Abs 3 ABGB, wonach der Gläubiger außer den gesetzlichen Zinsen auch den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen kann, insbesondere die notwendigen

angemessenen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, die darüberhinaus in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen.

Die Inkassokosten setzen sich wie folgt zusammen:

BEARBEITUNGSKOSTEN 78,08

MAHNSPESEN 1. MAHNUNG 32,60

MAHNSPESEN 2. MAHNUNG 36,43

MELDEANFRAGE 15,10

SUMME 162,21"

Das Erstgericht hat im hier Bedeutung erlangenden Punkt 2. seines Beschlusses vom 16.2.2005, ON 3, ausgesprochen, dass es vermute, dass durch unrichtige oder unvollständige Angaben in der Klage ein bedingter Zahlungsbefehl erschlichen werden soll. Es hat die Klage mit der Anweisung zurückgestellt, binnen 14 Tagen folgende für die Entkräftung der Vermutung erhebliche tatsächlichen Angaben zu machen:

"Sind im Klagsbetrag Nebengebühren (Mahnkosten, kapitalisierte Zinsen oder dergleichen) enthalten, insbesonders in den auffälligen Forderungen zu je € 7,-- und den anderen auffällig niedrigen Forderungen?"

Weiters hat es darauf hingewiesen, dass, wenn der Anweisung nicht oder nicht ausreichend entsprochen wird, die anhängige bzw. wieder eingebrachte Klage zurückgewiesen werden wird, sowie dass gegen diesen Beschluss ein abgesondertes Rechtsmittel nicht statthaft ist. Mit Schriftsatz vom 3.3.2005 ergänzte die klagende Partei ihr Vorbringen in der Weise, dass es sich bei den Rechnungen vom 11.3.2004 und 25.3.2004 über jeweils € 7,--, insgesamt daher € 14,--, um Kosten des internen Mahnlaufes handle und die Forderungen von €

1,38, € 1,65 und € 4,32 kapitalisierte Zinsen, die gemäß den AGBs als Hauptforderung geltend zu machen wären, darstellten. Zur vereinfachten Abwicklung erklärte die klagende Partei, auf die Geltendmachung der kapitalisierten Zinsen zu verzichten, sodass das Klagebegehren eingeschränkt werde um insgesamt € 23,57 (rechnerisch richtig: € 21,35). Gleichzeitig würden die vereinbarten Zinsen lediglich ab 20.4.2004 begehrt, sodass das Klagebegehren nach Einstellung der Mahngebühren von € 14,-- in die Nebengebührenforderung insgesamt wie folgt zu lauten habe:

"Die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von € 359,24 samt 10 % Zinsen seit 20.4.2004 zu bezahlen, ebenso wie die vorprozessualen Mahnspesen in Höhe von € 176,21 sowie die Kosten des Rechtsstreites zu ersetzen."

Bei den Fakturen von je € 7,-- vom 30.1.2004, 20.2.2004 und 1.3.2004 handle es sich um Rücklastspesen infolge Widerrufs oder sonstigen Versagens des vereinbarten Bankeinzuges.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht die Klage zurückgewiesen. Dazu führte es im Wesentlichen aus, dass dem erteilten Auftrag nicht ausreichend entsprochen worden sei, daher die Klage gemäß § 245 Abs. 3 ZPO zurückzuweisen gewesen wäre. Gegen diesen Beschluss richtet sich der fristgerechte Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss abzuändern, einen Zahlungsbefehl über das eingeschränkte Klagebegehren zu erlassen, in eventu dem Erstgericht die Erlassung eines Zahlungsbefehles in diesem Umfang aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

§ 245 ZPO sieht vor Erlassung des Zahlungsbefehls eine zusätzliche Überprüfung vor, die sich freilich auf die Frage beschränkt, ob das Gericht vermutet, dass ein Zahlungsbefehl erschlichen werden soll (dies ist wichtiges Instrument für den eigenständigen Charakter des Prüfungsmaßstabes im Mahnverfahren; vgl. § 244 ZPO, Rz 28, sowie Kodek, RZ 1998/240). Diesfalls ist nach § 245 Abs. 2 ZPO vorzugehen.

Die Überprüfung nach § 245 ZPO ist nicht Teil der

Schlüssigkeitsprüfung. Letztere bezieht sich nur darauf, ob der

erhobene Anspruch aus den vorgebrachten Tatsachen ableitbar ist und

insofern bloß formeller Natur. Demgegenüber ermöglicht § 245 ZPO dem

Gericht eine eigene materielle Prüfung sui generis und ist solcherart

ein wichtiges Korrektiv zum Fehlen jeglicher Anspruchsbescheinigung

im Mahnverfahren (Kodek in Fasching/Konecny² III, § 245, Rz 19).

Das Erstgericht ist vorliegend, gestützt auf diese Bestimmung,

vorgegangen und hat sich die erstgerichtliche Vermutung auch als

zutreffend erwiesen. Im Ergebnis richtig erkennt der Rekurs auch,

dass maßgeblich für die Zurückweisung nicht der Rechenfehler der

klagenden Partei war, sondern die Nichterläuterung des Betrages von €

6,54. Soweit in diesem Zusammenhang es als überzogen bezeichnet wird,

wegen der im Auftrag nicht exakt bezeichneten Forderung von € 6,54

die gesamte Klage zurückzuweisen, ist darauf differenzierend Stellung

zu nehmen. Wenn damit argumentiert wird, dass die Forderung im

Auftrag nicht exakt bezeichnet wurde, kann dem nicht gefolgt werden.

Mit Ausnahme der Beträge von € 81,19, € 112,74 und € 139,99 sind alle

weiters geltend gemachten Beträge kleiner oder gleich € 7,--. Der

Auftrag des Erstgerichtes hinsichtlich der Forderungen zu je € 7,--

und den anderen auffällig niedrigen Forderungen ist eindeutig.

Soweit diesbezüglich gefordert wird, einen weiteren

Verbesserungsauftrag zu erteilen, ist zunächst auszuführen, dass

zumindest von einem Teil der Lehre § 245 ZPO nicht als Fall der

Verbesserung angesehen wird (siehe etwa Kodek aaO., Rz 20). Im

Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass vom Gericht sämtliche zu

verbessernde Mängel anzuführen sind und ein weiterer

Verbesserungsauftrag zu erteilen ist, wenn beim ersten Auftrag vom

Gericht Mängel übersehen und daher vom Einschreiter auch nicht

verbessert wurden (6 Ob 602/95, 3 Ob 131/95); anders hingegen, wenn

nur ein untauglicher Verbesserungsversuch durch den Einschreiter

vorgenommen wird, sodass der Schriftsatz an einem Mangel leidet (LGZ

Wien EFSlg 61.023; SZ 24/218; Gitschthaler in Rechberger, ZPO², § 85,

Rz 30). Wollte man schon vorliegend diese Analogie ziehen, so war

jedenfalls kein neuerlicher Auftrag vom Erstgericht zu erteilen.

Wird der Anweisung trotz Androhung der Zurückweisungsmöglichkeit

nicht bzw. nicht ausreichend Folge geleistet, so ist die Klage

zwingend (arg "ist") zurückzuweisen, und zwar nach dem klaren

Gesetzeswortlaut zur Gänze und nicht etwa nur hinsichtlich des von

der Vermutung nach Abs. 2 betroffenen Teiles. Das Gesetz

unterscheidet beim Prüfungsmaßstab nicht zwischen Ergänzungsaufträgen

und Zurückweisung (Kodek, RZ 1998,245; ebenso offenbar Fucik, RZ

1995,192). Die gleiche Verdachtintensität, die Anlass zu einer

Vermutung nach § 245 Abs. 2 ZPO gibt, rechtfertigt daher auch die

Zurückweisung der Klage (Kodek aaO., Rz 39). Dass mit Rücksicht auf

die Prozesserklärungen der klagenden Partei keine ausreichende

Verdachtintensität hinsichtlich des Teilbetrages von € 6,54 vorliegt,

wird im Rekurs nicht einmal im Ansatz zur Darstellung gebracht. Das

Erstgericht hat daher zutreffend von der Bestimmung des § 245 Abs. 3

ZPO, die ihm kein Ermessen einräumt, Gebrauch gemacht.

Der Ausspruch über die Kosten des Rekurses hat seine Grundlage in §§

50, 40 ZPO.

Der Ausspruch, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist, hat seine Grundlage in § 528 Abs. 2 Z. 1 ZPO.

Landesgericht Krems a.d. Donau