JudikaturJustiz17Bs298/23g

17Bs298/23g – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
18. Dezember 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Röggla als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Schneider-Reich und den Richter Ing. Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* B* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 14. November 2023, GZ 820 BE 203/23v-14, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene tunesische Staatsangehörige A* B* (auch: C*, D*) verbüßt derzeit in der Justizanstalt Sonnberg folgende Freiheitsstrafen:

1.) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 8. Juni 2016, AZ 13 Hv 49/16t, wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen - Freiheitsstrafe von drei Monaten (ON 9);

2.) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 28. September 2016, AZ 115 Hv 78/16g, wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 erster Fall StGB - (Zusatz-)Freiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten (ON 10 und 11);

3.) Widerrrufsbeschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26. Juni 2017, AZ 13 Hv 49/16t, wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen - Freiheitsstrafe von sechs Monaten (ON 16).

Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 15. Oktober 2024, die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG lagen seit 14. Juli 2020, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG seit 15. Dezember 2021 vor.

Die bedingte Entlassung gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG nach Verbüßung von mehr als zwei Dritteln der Strafzeit wurde zuletzt mit Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 27. Dezember 2021 zu AZ 38 BE 44/21i, rechtskräftig am 31. Jänner 2022, abgelehnt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht aus spezialpräventiven Gründen den Antrag des B* vom 8. September 2023 (ON 2) auf bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG erneut ab.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die unmittelbar nach deren Kundmachung am 14. November 2023 erhobene (ON 14), in weiterer Folge nicht näher näher ausgeführte Beschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten, der die Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe verbüßt hat, der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach § 46 Abs 4 StGB ist insbesondere zu beachten, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch begleitende Maßnahmen ausgeglichen werden können. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung in Bezug auf künftige Straffreiheit voraus. Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose sind insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in die Erwägungen einzubeziehen ( Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz , WK 2 StGB § 46 Rz 15/1).

Wenn auch die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe der Regelfall sein und der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben soll ( Jerabek/Ropper aaO § 46 Rz 17), ist dem Erstgericht beizupflichten, dass spezialpräventive Gründe der bedingten Entlassung des Beschwerdeführers entgegenstehen.

Dem Inhalt des Schuldspruchs im Verfahren AZ 115 Hv 78/16g des Landesgerichtes für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall und Abs 2 erster Fall StGB zufolge, hat A* B* am 18. März 2016 in ** in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter mit E* und einem weiteren unbekannten Mittäter namens „F*“ dem G* mit Gewalt und unter Verwendung einer Waffe, und zwar ein Mobiltelefon und einen Rucksack beinhaltend diverse Wertsachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem E* G* einen Faustschlag ins Gesicht versetzte, A* B* dem unbekannten Täter ein Messer übergab und G* festhielt, während der unbekannte Täter mit dem Messer insgesamt drei Stichbewegungen in Richtung dessen Rückenbereich ausführte, wodurch G* zwei Stichwunden im Gesäß und Rücken erlitt, wobei dieser durch die Stichwunde im Gesäß an sich schwer verletzt wurde und sodann E* das Mobiltelefon und A* B* den Rucksack des Opfers an sich nahmen.

Zutreffend verwies die Erstrichterin darauf, dass sich der Strafgefangene selbst während der Haft nicht zu einem ordnungsgemäßen Verhalten verstand. So wird ihm vom Anstaltsleiter der Justizanstalt Sonnberg (zutreffend) eine schlechte Führung attestiert (ON 3 AS 2), nachdem dieser mit Ordnungsstrafverfügungen vom 16. Juli 2018, 4. Dezember 2018, 23. Jänner 2019, 12. Februar 2019, 8. Mai 2019, 21. August 2019, 2. Jänner 2020, 24. Mai 2020, 24. Februar 2022, 7. Juni 2022, 4. Juli 2022, 11. Oktober 2022, 17. Jänner 2023, 22. Februar 2023, 28. April 2023 und erst kürzlich vom 1. September 2023 sowie mit Ordnungsstraferkenntnis vom 12. Mai 2020 displinär zur Verantwortung gezogen werden musste (vgl ON 13). In diesen Verfehlungen, die insbesondere auch in Gewalthandlungen (Raufhandel, Beschädigung von Anstaltsgut, Tätliche Auseinandersetzung) bzw in einem Alkohol- und Drogenmissbrauch bestanden, manifestiert sich die weiterhin bestehende Neigung des Beschwerdeführers zu Gewalt bzw seine Abhängigkeit von Suchtmitteln.

Die völlige Wirkungslosigkeit des bisherigen Vollzuges, der bislang zu keiner nachhaltigen Verhaltensänderung bei B* führte, spricht beim Strafgefangenen, der auch nur rund eine Woche vor seinem Antrag auf bedingte Entlassung erneut eine mit Ordnungsstrafverfügung zu ahndende Pflichtverletzung zu verantworten hatte, weil er seine Medikamente nicht ordnungsgemäß einnahm, gegen eine für die bedingte Entlassung aber unbedingt erforderliche positive Verhaltensprognose. Eine bedingte Entlassung ist daher auf Grund der kriminellen Neigung des Strafgefangenen und des dafür ursächlichen Persönlichkeitsdefizits sowie des Umstands, dass er sich bislang keiner Suchtgiftentwöhnungstherapie unterzog (vgl ON 3 AS 2), zumindest derzeit trotz einer von ihm behaupteten allfälligen Wohnmöglichkeit und eines Arbeitsplatzes (vgl jedoch das Aufenthaltsverbot sowie das unbefristete Einreiseverbot – ON 7 und 8) außerhalb jeglicher Reichweite.

Der Beschwerde war daher der Erfolg zu versagen.

Rechtssätze
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