JudikaturJustiz13Os78/19y

13Os78/19y – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. November 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. November 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Schrott in der Strafsache gegen Mario T***** wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 vierter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. Mai 2019, GZ 32 Hv 36/19z 34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mario T***** mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (A/I und A/II/1) und nach § 201 Abs 1 und 2 vierter Fall StGB (A/II/2) sowie des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (C), weiters der Vergehen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (B), des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (D), der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (E/I), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (E/II) und der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB (E/III) schuldig erkannt.

Danach hat er in W*****

(A) L***** T***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs sowie zur Duldung und Vornahme dem Beischlaf gleichzusetzender Handlungen genötigt, und zwar

I) Ende 2016 zur Duldung des Analverkehrs, indem er ihr ins Gesicht schlug sowie

II) vom September 2017 bis zum 11. April 2018 durch Ausübung von im angefochtenen Urteil näher beschriebener Gewalt

1) nahezu wöchentlich zur Duldung des Beischlafs und zur Vornahme des Oralverkehrs an ihm und

2) mehrfach zur Duldung des Beischlafs und zur Vornahme des Oralverkehrs an ihm, wobei er das Opfer durch die Taten in besonderer Weise erniedrigte, indem er ihm ins Gesicht oder in den Mund ejakulierte,

(B) eine längere Zeit hindurch, nämlich vom September 2017 bis zum 11. April 2018, gegen L***** T***** fortgesetzt Gewalt ausgeübt, indem er – im angefochtenen Urteil näher beschriebene – vorsätzliche mit Strafe bedrohte Handlungen gegen Leib und Leben oder gegen die Freiheit, nämlich Körperverletzungen (I) und Nötigungen (II), beging,

(C) von Februar bis April 2018 zweimal an der 2005 geborenen, somit unmündigen, T***** R***** außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen vorgenommen, indem er jeweils intensiv ihre Brüste betastete und einmal seinen erigierten Penis an einen ihrer Oberschenkel drückte,

(D) durch die zu C beschriebenen Handlungen mit seiner minderjährigen Stieftochter geschlechtliche Handlungen vorgenommen sowie

(E) R***** von Februar bis April 2018

I) durch die Äußerung, er werde sie töten, wenn sie zur Polizei oder zu Gericht gehe, somit durch gefährliche Drohung (mit zumindest einer Verletzung am Körper [US 9]), zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Erstattung einer Strafanzeige, genötigt,

II) zumindest zweimal durch die Äußerung, er möchte sie töten, gefährlich mit der Zufügung zumindest einer Verletzung am Körper bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen und

III) zweimal am Körper zu verletzen versucht, indem er ihr einen Faustschlag versetzte und sie würgte sowie einen Faustschlag versetzen wollte, wobei es nur deswegen beim Versuch blieb, weil R***** keine Verletzungen erlitt und L***** T***** ihr rechtzeitig zu Hilfe kam.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Feststellungen sind nur insoweit mit Mängelrüge anfechtbar, als sie (für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage) entscheidend sind (RIS Justiz RS0117499). Einen solchen Aspekt spricht der Beschwerdeführer mit dem Einwand der Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall), weil im Urteil die jeweiligen Tatzeitpunkte nicht näher konkretisiert seien, nicht an (RIS Justiz RS0098557 [insbesondere T14]).

Gleiches gilt für die (ebenfalls aus Z 5 erster Fall vorgetragene) Kritik, dem angefochtenen Urteil sei nicht zu entnehmen, wie oft der Beschwerdeführer die zu den Schuldsprüchen A und B inkriminierten Handlungen gesetzt habe, denn das Erstgericht hat die von diesen Schuldsprüchen jeweils erfassten gleichartigen Verbrechensmengen nur pauschal individualisiert (RIS Justiz RS0116736; Ratz , WK StPO § 281 Rz 33 und 406).

Mit den Aussagen der Zeuginnen L***** T***** und R***** haben sich die Tatrichter ausführlich auseinandergesetzt und dabei auf (als nicht erheblich beurteilte) Abweichungen in den Schilderungen von Details hingewiesen (US 10 ff). Soweit der Beschwerdeführer mit dem Rekurs auf (ohnehin erörterte) Details dieser Aussagen und das Fehlen „objektivierter Verletzungen“ die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen in Zweifel zieht, zeigt er keinen Mangel im Sinn der Z 5 auf, sondern argumentiert bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.

Indem auch die Tatsachenrüge (Z 5a) lediglich aus den vom Erstgericht angeführten Prämissen (der Verantwortung des Beschwerdeführers sowie den Aussagen der genannten Zeuginnen) für den Beschwerdestandpunkt günstige Schlussfolgerungen zieht, weckt sie keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (RIS Justiz RS0099674).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.