JudikaturJustiz13Os54/19v

13Os54/19v – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. August 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. August 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Rathgeb in der Strafsache gegen Paul F***** wegen des Verbrechens der Terrorismusfinanzierung nach § 278d Abs 1a Z 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. April 2019, GZ 53 Hv 121/17a 114, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Paul F***** des Verbrechens der Terrorismusfinanzierung nach § 278d Abs 1a Z 2 StGB (I) und mehrerer Vergehen der Verhetzung nach § 283 „Abs 1“, (richtig nur) Abs 2 erster Fall StGB idF BGBl I 2011/103 (II) schuldig erkannt.

Danach hat er in W*****

(I) vom 17. Mai 2014 bis zum 29. Juli 2014 in fünf Angriffen Vermögenswerte für ein Mitglied einer terroristischen Vereinigung (§ 278b Abs 3 StGB), von der er wusste, dass sie darauf ausgerichtet war, Handlungen nach § 278d Abs 1 StGB zu begehen (US 10 und 18), bereitgestellt, indem er für den in Syrien aufhältigen Osman S*****, der sich dem in der UN Sanktionsliste als Terrororganisation geführten IS Islamic State angeschlossen hatte, die Berufsunfähigkeitspension in der Höhe von gesamt 5.703,06 Euro ***** behob und ihm das Geld mittels W***** zukommen ließ, sowie

(II) im Jahr 2014 für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar gegen Gruppen von Personen, die nach Kriterien der Religion, der Abstammung und der ethnischen Herkunft definiert waren, gehetzt, und zwar dadurch, dass er zumindest 29 Voice und Audiobeiträge der Predigten „Weisheit der Prophetengefährten“, „Eigenschaften der Ahl as Sunna wa I Jamáa“, „Rechtswissenschaft nach Koran und Sunna – Rechtswissenschaftliche Grundlagen“ und „Monotheismus (Tawheed)“ des vom Landesgericht für Strafsachen Graz im Strafverfahren AZ 171 Hv 45/15b wegen „§§ 278a, 278b Abs 2; 278c Abs 1 Z 1, Z 4, Abs 2, 12 2. F, 15 StGB“ rechtskräftig verurteilten Mirsad O*****, welche im Urteil beschriebene jihadistische Inhalte aufweisen, herstellte und für jedermann einsehbar veröffentlichte, indem er die Startup Bilder jedes einzelnen Beitrags technisch bearbeitete und die Dateien in weiterer Folge samt den Startup Bildern auf die Internetplattform YouTube hochlud.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a und 9 (richtig) lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Dem zu I erhobenen Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider ist die Ableitung der Konstatierungen zur inneren Tatseite hinsichtlich der Mitgliedschaft des Osman S***** bei einer terroristischen Vereinigung aus der Verantwortung des Angeklagten vor der Haft- und Rechtsschutzrichterin, er habe in Betracht gezogen, dass Osman S***** in Syrien für den IS kämpft, es sei ihm aber gleichgültig gewesen, wie dieser sein Leben führe (US 13), unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.

Das weitere Vorbringen der Mängelrüge (Z 5) erschöpft sich darin, den tatrichterlichen Überlegungen eigene Beweiswerterwägungen entgegenzusetzen. Damit wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (§ 283 Abs 1 StPO) in unzulässiger Weise gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts (§ 258 Abs 2 StPO).

Gleiches gilt für die Behauptung der Tatsachenrüge (Z 5a), bei richtiger Würdigung der aufgenommenen Beweise hätte das Erstgericht feststellen müssen, dass Osman S***** zum Zeitpunkt der Überweisungen noch kein Mitglied des IS oder einer anderen terroristischen Vereinigung gewesen sei.

Das Argument der Rechtsrüge (Z 9 lit a), Bereitstellen im Sinn des § 278d Abs 1a Z 2 StGB erfordere die Zurverfügungstellung von Vermögenswerten, die der Zielperson nicht gehören, entbehrt der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz (RIS Justiz RS0116565).

Hinzugefügt sei, dass die Behauptung nicht zutrifft. Nach der Intention des Gesetzes soll die Finanzierung terroristischer Aktivitäten umfassend und flächendeckend bekämpft werden (vgl Plöchl in WK 2 StGB § 278d Rz 4). Vom Begriff „Vermögenswert“ werden alle Arten von Vermögenswerten erfasst, und zwar unabhängig davon, wem sie gehören und ob sie legalen oder illegalen Ursprungs sind (vgl Plöchl in WK 2 StGB § 278d Rz 3). Wird ein Vermögenswert zur sofortigen und uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung gestellt, also faktische Verfügungsmacht darüber eingeräumt, liegt ein Bereitstellen im Sinn des § 278d Abs 1a StGB vor (vgl insbesondere zu Geldüberweisungen Plöchl in WK 2 StGB § 278d Rz 19).

Soweit die Rechtsrüge die Feststellungen zur Mitgliedschaft des Osman S***** in einer terroristischen Vereinigung zum Zeitpunkt der Geldüberweisungen (vgl dazu US 9 und 12 f) in objektiver oder subjektiver Hinsicht bestreitet, verfehlt sie den im Urteilssachverhalt gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS Justiz RS0099810).

Gleiches gilt für das nicht am festgestellten Vorsatz des Angeklagten (US 10) orientierte Vorbringen zu II, der Angeklagte habe ausschließlich die Meinung des O***** dargestellt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.