JudikaturJustiz13Os105/16i

13Os105/16i – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. November 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. November 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rathgeb als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Dr. Johannes H***** wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 6. Juli 2016, GZ 24 Hv 44/15g 265, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Höpler, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Bertsch, zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden werden

1./ das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch und demzufolge auch im Strafausspruch sowie im Kostenausspruch

2./ der Beschluss auf Erteilung einer Weisung gemäß § 26 Abs 2 FinStrG

aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird in der Sache selbst erkannt:

Dr. Johannes H***** wird gemäß § 214 FinStrG vom Vorwurf freigesprochen, er habe im Amtsbereich des Finanzamts I***** als faktischer Geschäftsführer und wirtschaftlicher Eigentümer der nunmehr bei diesem Finanzamt unter der Steuernummer ***** erfassten Firma A***** unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige , Offenlegungs oder Wahrheitspflichten fortgesetzt in mehrfachen Tathandlungen vorsätzlich nachgenannte Verkürzungen von Abgaben bewirkt und zu bewirken versucht, wobei es ihm jeweils darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten einen nicht bloß geringfügigen fortlaufenden abgabenrechtlichen Vorteil zu verschaffen, nämlich

a) hinsichtlich der bescheidmäßig festzusetzenden Körperschaftsteuer durch die Nichtabgabe von Jahressteuererklärungen zu bewirken versucht, und zwar

am 30. Juni 2010 für das Veranlagungsjahr 2009 um 6.016 Euro,

am 30. Juni 2011 für das Veranlagungsjahr 2010 um 5.954 Euro,

am 30. Juni 2012 für das Veranlagungsjahr 2011 um 7.253,38 Euro,

b) hinsichtlich der selbst zu berechnenden Kapitalertragsteuer von März 2009 bis Jänner 2012 zu den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten durch die Nichtanmeldung und die Nichtabfuhr binnen einer Woche nach Zufließen der Kapitalerträge bewirkt, und zwar

für das Jahr 2009 um 6.016 Euro,

für das Jahr 2010 um 5.954 Euro,

für das Jahr 2011 um 7.253,38 Euro.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthaltenden, angefochtenen Urteil wurde Dr. Johannes H***** – soweit für die Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung – mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 „in der jeweils geltenden Fassung“, 13 FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er „im Amtsbereich des Finanzamts I***** fortgesetzt in mehrfachen Tathandlungen vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige , Offenlegungs und Wahrheitspflichten, wobei es ihm jeweils darauf angekommen ist, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten einen nicht bloß geringfügigen fortlaufenden abgabenrechtlichen Vorteil zu verschaffen, als faktischer Geschäftsführer und wirtschaftlicher Eigentümer der nunmehr beim Finanzamt I***** unter der Steuernummer ***** erfassten Firma A***** mit Ort der Geschäftsleitung in *****,

a) am 30. Juni 2010, 30. Juni 2011 und 30. Juni 2012 durch die Nichtabgabe von Jahressteuerklärungen samt den bezughabenden Bilanzen eine Verkürzung der bescheidmäßig festzusetzenden Körperschaftssteuer für die Jahre 2009 bis 2011 zu bewirken versucht, nämlich

Körperschaftssteuer 2009 6.016 Euro

Körperschaftssteuer 2010 5.954 Euro

Körperschaftssteuer 2011 7.253,38 Euro

Summe 19.223,38 Euro

b) von März 2009 bis Jänner 2012 zu den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten durch die Nichteinreichung von entsprechenden Kapitalertragssteueranmeldungen hinsichtlich der bewirkten verdeckten Ausschüttungen der Jahre 2009 bis 2011 die damit im Zusammenhang stehenden Steuerbeträge nicht binnen einer Woche nach Zufließen der Kapitalerträge abgeführt und dadurch eine Verkürzung der selbst zu berechnenden Kapitalertragssteuer für die Jahre 2009 bis 2011 in nachstehender Hohe bewirkt:

Kapitalertragssteuer 2009 6.016 Euro

Kapitalertragssteuer 2010 5.954 Euro

Kapitalertragssteuer 2011 7.253,38 Euro

Summe 19.223,38 Euro “.

Gegen den Schuldspruch richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft, die Erstere auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO, Letztere auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO stützen.

Die Rechtsrügen (Z 9 lit a) zeigen zutreffend auf, dass das Gericht nach § 53 Abs 1 FinStrG zur Ahndung von Finanzvergehen – soweit hier von Bedeutung – nur dann zuständig ist, wenn der maßgebliche Wertbetrag, nach dem sich die Strafdrohung richtet (strafbestimmender Wertbetrag), 100.000 Euro übersteigt, oder wenn die Summe der maßgeblichen strafbestimmenden Wertbeträge aus mehreren zusammentreffenden vorsätzlich begangenen Finanzvergehen 100.000 Euro übersteigt.

Nach den Feststellungen hat der Angeklagte jedoch vorsätzlich Abgabenverkürzungen von insgesamt (lediglich) 38.446,76 Euro bewirkt (US 7).

Die Begründung der Gerichtszuständigkeit kraft subjektiver Konnexität (§ 53 Abs 3 StPO) setzt ein vom selben Angeklagten begangenes, nach § 53 Abs 1 oder Abs 2 FinStrG (originär) vom Gericht zu ahndendes Finanzvergehen voraus und kommt daher fallbezogen nicht in Betracht.

Da somit der dem Schuldspruch zugrunde liegende festgestellte Sachverhalt keine vom Gericht zu ahndende strafbare Handlung begründet, war insoweit mit einem Freispruch gemäß § 214 FinStrG vorzugehen. Die Aufhebung des Schuldspruchs hatte die Kassation des Strafausspruchs (sowie demgemäß des Beschlusses auf Erteilung einer Weisung nach § 26 Abs 2 FinStrG) und des Kostenausspruchs zur Folge.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.