JudikaturJustiz12Os120/22x

12Os120/22x – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. Dezember 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Dezember 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Kastner in der Strafsache gegen * Q* wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 2 und Abs 4 erster Fall FPG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 28. Juni 2022, GZ 25 Hv 32/22p-45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte * Q* – soweit hier von Relevanz – des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 2 und Abs 4 erster Fall FPG schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 6. März 2022 in K* (US 5) als Mitglied einer kriminellen Vereinigung bestehend zumindest aus ihm selbst sowie dem unbekannten Auftraggeber der Schleppung und zwei Fußschleppern im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter die rechtswidrige Einreise in Bezug auf mindestens drei Fremde, die über keine gültigen Einreise- und Aufenthaltsberechtigungen für die Europäische Union und den Schengenraum verfügten, in und durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union mit dem Vorsatz, sich oder Dritte durch das dafür geleistete Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, gefördert, indem er sieben syrische und einen türkischen Staatsangehörigen sowie einen weiteren Fremden unbekannter Herkunft in der Nähe der serbisch-ungarischen Grenze mit dem von einem unbekannten Täter eigens für die Schleppung angemieteten PKW aufnahm und die Fremden durch Ungarn und die Slowakei über die slowakisch-österreichische Grenze in K* nach Österreich transportierte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider steht die – verkürzt und deshalb sinnentstellt wiedergegebene – Aussage des Zeugen * R* (alias G* [ON 38 S 17]) über die ihm nicht mögliche Identifizierung des Beschwerdeführers im Verhandlungssaal der Feststellung zum (äußeren) Tatgeschehen (US 5 ff) nicht erörterungsbedürftig entgegen (vgl RIS-Justiz RS0098646 ). Denn der Zeuge legte sich auf Nachfrage, ob es sich beim Angeklagten um den Fahrer handle, nicht fest, weil er hinter dem Fahrer gesessen sei, sodass er dessen Gesichtszüge nicht wahrgenommen habe (ON 38 S 18 ff).

[5] Ebensowenig steht die Personenbeschreibung dieses Zeugen im Asylverfahren (ON 33 S 18) im erörterungsbedürftigen Widerspruch zu den Feststellungen über die Täterschaft des Angeklagten. Soweit die Rüge in diesem Zusammenhang auf ein bestimmtes Lichtbild des Beschwerdeführers unbekannten Aufnahmedatums verweist (ON 37 S 49 verso) und daraus eigene Schlussfolgerungen zieht , bekämpft sie unzulässig nach Art einer Schuldberufung (vgl RIS-Justiz RS0098904) die Beweiswürdigung der Tatrichter (vgl im Übrigen zur Beschreibung des flüchtenden Angeklagten gegenüber den ihn verfolgenden Polizeibeamten als Person mit „Stoppelglatze“ ON 38 S 29 ).

[6] Das Erstgericht begründete die Feststellungen zu sämtlichen Vereinigungsmerkmalen (§ 278 Abs 2 StGB), sohin – von der weiteren Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) übergangen (vgl aber RIS-Justiz RS0119370) – auch zum zeitlichen Element, mit dem arbeitsteiligen, über mehrere Staaten organisierten Vorgehen der Tätergruppe des Beschwerdeführers (US 11 f), der Verwendung einer Tarnidentität bei der Anmietung des Schlepperfahrzeugs in Wien (US 12) und der Mitteilung der deutschen Behörden, dass der Angeklagte nach den dortigen Erkenntnissen Teil einer „Schlepperorganisation“ sei und sich am Weg nach Österreich befinde, um dort „seiner Arbeit nachzugehen“ (US 13).

[7] Gleichfalls nicht unbegründet blieb die Feststellung zum Bereicherungsvorsatz des Angeklagten, den die Tatrichter – unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden und bei (wie hier) nicht geständigen Angeklagten methodisch auch nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0116882) – aus dem äußeren Tatgeschehen ableiteten (US 12).

[8] Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) Feststellungen zur subjektiven Tatseite hinsichtlich des zeitlichen Elements der kriminellen Vereinigung vermisst, dabei aber die dazu – hinreichend deutlich (RIS-Justiz RS0117228) – getroffenen Urteilskonstatierungen, wonach der Angeklagte wusste, dass die Schleppung im Rahmen eines Zusammenschlusses von mehr als zwei Personen, die sich über einen Zeitraum von zumindest mehreren Wochen „zusammengetan“ hatten, durchgeführt wird und er sich an dieser Vereinigung beteiligen wollte (US 7 f), übergeht, erweist sie sich als nicht prozessordnungskonform ausgeführt (RIS-Justiz RS0099810).

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten folgt (§ 285i StPO).

[10] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.