JudikaturJustiz11Os86/06s

11Os86/06s – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. September 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. September 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bussek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manuel H***** wegen mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 3. Mai 2006, GZ 13 Hv 87/05x-19, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der zum Schuldspruch I beschriebenen Taten auch als Finanzvergehen der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (II) sowie demzufolge auch im Strafausspruch, nicht jedoch im Verfallserkenntnis aufgehoben und die Strafsache an das Landesgericht Steyr zu neuer Verhandlung sowie Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte jeweils mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (I) sowie der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (II) schuldig erkannt.

Danach hat er in der Zeit von Jänner 2003 bis 25. Mai 2005 (I) gewerbsmäßig Zigaretten, die unter Verletzung der in Art 40 des Zollkodex der EU normierten Gestellungspflicht in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt worden waren, gekauft und teils verhandelt, nämlich

1) im einverständlichen Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Peter M***** 1,418.000 Stück mit einem Zollwert von 99.425 Euro und zu entrichtenden Eingangsabgaben von 240.600,57 Euro sowie

2) alleine 200 Stück mit einem Zollwert von 14 Euro und zu entrichtenden Eingangsabgaben von 32,73 Euro sowie

(II) durch die zu I beschriebenen Taten Monopolgegenstände, hinsichtlich derer in die Rechte des Tabakmonopols gemäß § 5 Abs 3 TabMG 1996 eingegriffen worden war, gekauft und teils verhandelt, wobei der Kleinverkaufspreis der Zigaretten zu I 1 222.760 Euro und zu I 2 30 Euro betrug.

Die dagegen aus Z 5, 9 lit a, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist teilweise im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Die Subsumtionsrüge (Z 10, nominell verfehlt auch Z 9 lit a) weist zutreffend darauf hin, dass die tatrichterlichen Feststellungen konkrete, vor dem Ansichbringen der Zigaretten gesetzte Eingriffe in Monopolrechte nicht hinreichend erkennen lassen und solcherart den Schuldspruch wegen des - rechtlich von derartigen Eingriffen abhängigen - Finanzvergehens der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (II) nicht tragen.

Insbesonders stellen die Konstatierungen zur zollunredlichen Einfuhr (US 4 f) keine geeignete Grundlage hiefür dar, weil die Begehung des Finanzvergehens des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit b FinStrG durch den Entfall des Verbots der Überführung von Tabakerzeugnissen in den zollrechtlich freien Verkehr zu gewerblichen Zwecken im Monopolgebiet infolge Aufhebung des § 2 TabMG 1996 durch Art VII des zweiten Abgabenänderungsgesetzes 2002 BGBl I 132 mangels eines akzessorischen Einfuhr-Tabakmonopols (als Vortat) nicht mehr in Betracht kommt (11 Os 74/05z, EvBl 2006/23; zuletzt 15 Os 136/05x, 13 Os 133/05s). Rechtlich mögliche Vortaten wären hingegen vorsätzliche Eingriffe in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG, weil der Handel mit Tabakerzeugnissen, also deren gewerbsmäßiges Inverkehrbringen im Monopolgebiet (§ 5 Abs 4 TabMG), nach wie vor verboten ist (§ 5 Abs 3 TabMG). Entsprechende Sachverhaltsannahmen sind der angefochtenen Entscheidung zwar andeutungsweise (US 6), nicht jedoch mit der in § 270 Abs 2 Z 5 StPO geforderten vollen Bestimmtheit zu entnehmen.

Aufgrund des aufgezeigten Mangels an Feststellungen war der Nichtigkeitsbeschwerde in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort Folge zu geben (§ 285e StPO).

Im zweiten Rechtsgang wird nach (neuerlicher) Vernehmung des Beschwerdeführers und des abgesondert verfolgten Peter M***** sowie allfälliger zwischenzeitig ausgeforschter Lieferanten oder Abnehmer durch hinreichend begründete Feststellungen zu klären sein, ob im Sinne der vorstehenden Erwägungen rechtlich als Vortaten zum Finanzvergehen der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG in Betracht kommende Handlungen vorgelegen sind, wobei bejahendenfalls auch entsprechende Konstatierungen zur subjektiven Tatseite zu treffen sein werden.

Rechtlich wird mit Blick auf den Ausspruch, Zigaretten gewerbsmäßig verhandelt zu haben (Schuldspruch I), vorweg die (unmittelbare) Subsumtion der inkriminierten Tathandlungen (nicht unter § 46 Abs 1 lit a FinStrG, sondern) unter § 44 Abs 1 lit a FinStrG zu prüfen sein, die grundsätzlich ebenfalls vom Anklagesachverhalt (ON 11) gedeckt wäre. Ein Schuldspruch in diesem Sinn würde aber insbesonders Feststellungen darüber voraussetzen, welche Zigarettenmenge der Beschwerdeführer in der Absicht verkauft hat, sich durch die wiederkehrende Tatbegehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, weil fallbezogen nur insoweit die Norm des § 5 Abs 3 TabMG verletzt wäre.

Im Übrigen verfehlt die Beschwerde ihr Ziel.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) widerspricht der Inhalt zweier finanzbehördlich sichergestellter, vom Beschwerdeführer als im zeitlichen Abstand einer Woche verfasste Bestelllisten bezeichneter (S 39) handschriftlicher Aufzeichnungen (S 29), in welchen 84 (Liste 1) und 86 (Liste 2) Stangen Zigaretten aufscheinen, der Konstatierung, der Beschwerdeführer habe im Tatzeitraum durchschnittlich 120 Stangen Zigaretten pro Woche an sich gebracht, nicht, aus welchem Grund das Erstgericht auch nicht zu diesbezüglichen Erörterungen gehalten war.

Indem die Beschwerde einzelne Verfahrensergebnisse als glaubwürdig bezeichnet, Einflussnahmen der im finanzbehördlichen Vorverfahren einschreitenden Beamten auf den Beschwerdeführer behauptet und hieraus in Verbindung mit eigenständigen Betrachtungen zu dessen Persönlichkeitsstruktur anhand urteilsfremder Beweiswerterwägungen für diesen günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung. Der unsubstantiierte Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit b), es lägen „sämtliche Voraussetzungen des § 42 StGB vor", entzieht sich mangels argumentativen Substrats einer sachbezogenen Erwiderung. In ihrem erfolglosen Teil war die Nichtigkeitsbeschwerde daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf den kassatorischen Teil der Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.