JudikaturJustiz11Os111/06t

11Os111/06t – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. November 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. November 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bussek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Peter M***** wegen mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Privatbeteiligten gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 14. Juni 2006, GZ 13 Hv 48/06p-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der zum Schuldspruch I beschriebenen Taten auch als Finanzvergehen der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (II) sowie demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Strafsache an das Landesgericht Steyr zu neuer Verhandlung sowie Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft, die Privatbeteiligte und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte (richtig:) jeweils mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (I) sowie der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (II) schuldig erkannt. Danach hat er in der Zeit von Jänner 2003 bis 25. Mai 2005 im einverständlichen Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Manuel H*****

(I) gewerbsmäßig 1,418.000 Stück Zigaretten mit einem Zollwert von 99.425 Euro und zu entrichtenden Eingangsabgaben von 240.600,57 Euro, die unter Verletzung der in Art 40 des Zollkodex der EU normierten Gestellungspflicht in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt worden waren, gekauft und verhandelt sowie

(II) durch die zu I beschriebenen Taten Monopolgegenstände, hinsichtlich der in die Rechte des Tabakmonopols gemäß § 5 Abs 3 TabMG 1996 eingegriffen worden war, gekauft und verhandelt, wobei der Kleinverkaufspreis der Zigaretten 222.760 Euro betrug.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 9 lit a, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist teilweise im Recht.

Die Subsumtionsrüge (Z 10, nominell verfehlt auch Z 9 lit a) weist zutreffend darauf hin, dass die tatrichterlichen Feststellungen konkrete, vor dem Ansichbringen der Zigaretten gesetzte Eingriffe in Monopolrechte nicht hinreichend erkennen lassen und solcherart den Schuldspruch wegen des - rechtlich von derartigen Eingriffen abhängigen - Finanzvergehens der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (II) nicht tragen. Insbesonders stellen die Konstatierungen zur zollunredlichen Einfuhr (US 4 f) keine geeignete Grundlage hiefür dar, weil die Begehung des Finanzvergehens des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit b FinStrG durch den Entfall des Verbots der Überführung von Tabakerzeugnissen in den zollrechtlich freien Verkehr zu gewerblichen Zwecken im Monopolgebiet infolge Aufhebung des § 2 TabMG 1996 durch Art VII des zweiten Abgabenänderungsgesetzes 2002, BGBl I 2002/132, mangels eines akzessorischen Einfuhr-Tabakmonopols (als Vortat) nicht mehr in Betracht kommt (11 Os 74/05z, EvBl 2006/23; zuletzt 13 Os 133/05s, 11 Os 86/06s).

Rechtlich mögliche Vortaten wären hingegen vorsätzliche Eingriffe in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG, weil der Handel mit Tabakerzeugnissen, also deren gewerbsmäßiges Inverkehrbringen im Monopolgebiet (§ 5 Abs 4 TabMG), nach wie vor verboten ist (§ 5 Abs 3 TabMG). Entsprechende Sachverhaltsannahmen sind der angefochtenen Entscheidung aber nicht zu entnehmen. Aufgrund des aufgezeigten Mangels an Feststellungen war der Nichtigkeitsbeschwerde in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort Folge zu geben (§ 285e StPO).

Im zweiten Rechtsgang wird nach (neuerlicher) Vernehmung des Beschwerdeführers und des abgesondert verfolgten Manuel H***** sowie allfälliger zwischenzeitig ausgeforschter Lieferanten oder Abnehmer durch hinreichend begründete Feststellungen zu klären sein, ob im Sinne der vorstehenden Erwägungen rechtlich als Vortaten zum Finanzvergehen der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG in Betracht kommende Handlungen vorgelegen sind, wobei bejahendenfalls auch entsprechende Konstatierungen zur subjektiven Tatseite zu treffen sein werden.

Rechtlich wird mit Blick auf den Ausspruch, Zigaretten gewerbsmäßig verhandelt zu haben (Schuldspruch I), vorweg die (unmittelbare) Subsumtion der inkriminierten Tathandlungen (nicht unter § 46 Abs 1 lit a FinStrG, sondern) unter § 44 Abs 1 lit a FinStrG zu prüfen sein, die grundsätzlich ebenfalls vom Anklagesachverhalt (ON 11) gedeckt wäre.

Im Übrigen verfehlt die Beschwerde ihr Ziel.

Die Prämisse der Mängelrüge (Z 5), die Bestellungen Manuel H*****s „weisen nicht 150 bzw 120 Stangen Zigaretten, sondern nur 84 Stangen aus", bezieht sich nicht auf konkrete Verfahrensergebnisse und ist solcherart einer inhaltlichen Erwiderung nicht zugänglich. Der Einwand, die Urteilsannahme einer durchschnittlichen Verkaufsmenge von wöchentlich 120 Stangen Zigaretten (US 4) finde der angefochtenen Entscheidung (US 12) zuwider keine Deckung in den zollamtlichen Protokollen über die Vernehmung Manuel H*****s, entfernt sich seinerseits von der Aktenlage (S 39). Demgemäß ist auch dem weiteren diesbezüglichen Vorbringen, die Feststellungen zu den verhandelten Mengen seien in keiner Weise objektiviert und nur auf eine „Hochrechnung" gegründet, der Boden entzogen.

Der - von der Rüge im Übrigen erneut ohne Bezugnahme auf konkrete Verfahrensergebnisse angesprochene - Umstand, dass beim Beschwerdeführer bei zwei Zugriffen 25 und (richtig:) 151 Stangen Zigaretten sichergestellt worden sind (vgl S 95), steht den tatrichterlichen Konstatierungen nicht entgegen und ist solcherart auch nicht erörterungsbedürftig im Sinn des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.

Die Verantwortung des Beschwerdeführers hat das Erstgericht - der Rüge zuwider - sehr wohl in seine beweiswürdigenden Erwägungen einbezogen (s insb US 7 f, 12).

Mit der Behauptung Manuel H*****s, seine Erstaussage sei unter (verfälschendem) Druck zustandegekommen, hat sich das Erstgericht - entgegen der Beschwerde - ebenso auseinandergesetzt (US 9 f) wie mit dem Umstand, dass bislang nur eine Abnehmerin Manuel H*****s ausgeforscht worden ist (US 10 f).

Die - unsubstantiierte - Behauptung, die im Vorverfahren abgelegte Aussage des Beschwerdeführers sei „nicht ganz freiwillig erfolgt", kann auf sich beruhen, weil dessen Angaben der angefochtenen Entscheidung ohnedies nicht zugrundegelegt worden sind (US 7 f). Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit b), es lägen „sämtliche Voraussetzungen für die Annahme mangelnder Strafwürdigkeit nach § 42 StGB vor", entzieht sich mangels argumentativen Substrats einer sachbezogenen Erwiderung.

In ihrem erfolglosen Teil war die Nichtigkeitsbeschwerde daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft, die Privatbeteiligte und der Angeklagte auf den kassatorischen Teil der Entscheidung zu verweisen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.