JudikaturJustiz10Bs353/05w

10Bs353/05w – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
04. November 2005

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat in der Strafvollzugssache des Johann S*****, derzeit Strafgefangener in der Justizanstalt Graz-Jakomini, über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 25.August 2005, 2 Ns 127/05z-4, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der ***** Beschwerdeführer verbüßt in der Justizanstalt Graz-Jakomini aus zwei Verurteilungen des Landesgerichtes für Strafsachen Graz Freiheitsstrafen von jeweils drei Monaten.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht seinen Antrag auf nachträglichen Aufschub des Strafvollzuges gemäß § 133 Abs 1 StVG mangels Vorliegens einer Vollzugsuntauglichkeit ab. Die dagegen erhobene Beschwerde des Strafgefangenen erweist sich als verspätet.

Rechtliche Beurteilung

Nach dem Akteninhalt wurde der bekämpfte Beschluss dem Strafgefangenen am 29.August 2005 eigenhändig zugestellt. Mit am 12. September 2005 per Telefax übermittelter Note wies sich Dr.Christine Lanschützer unter gleichzeitigem Hinweis auf eine angeschlossene Vollmachtskopie vom 20.Juli 2005 als Verteidigerin des Strafgefangenen aus und beantragte die Zustellung des Beschlusses an sie. Diesem Antrag entsprechend verfügte das Erstgericht die schließlich mit 16.September 2005 bewirkte Zustellung des Beschlusses auch an die Verteidigerin.

Mit weiterem per Telefax übermittelten Schriftsatz vom 30.September 2005, der irrig wiederum als „Antrag auf Zustellung des Beschlusses an die Verteidigerin" betitelt, inhaltlich aber als Rechtsmittel ausgeführt wurde, erhebt der Strafgefangene durch seine Verteidigerin das Rechtsmittel der Beschwerde.

Gemäß § 17 Abs 3 StVG hat das Gericht in den dem Vollzugsgericht obliegenden Angelegenheiten durch Beschluss zu entscheiden. Dieser Beschluss ist stets dem Verurteilten selbst bekannt zu machen. Unbeschadet des § 77 Abs 2 StPO ist auf Verlangen des Verurteilten eine Ausfertigung der Verfügung seinem Verteidiger (§ 44 StPO) zuzustellen.

Gemäß Abs 4 der genannten Gesetzesstelle steht gegen einen derartigen Beschluss dem öffentlichen Ankläger und dem Strafgefangenen die Beschwerde offen. Diese ist binnen 14 Tagen einzubringen. Hat der Verurteilte die Zustellung einer Abschrift der „Verfügung" an seinen Verteidiger verlangt, so läuft die Frist zur Erhebung der Beschwerde für den Verteidiger vom Tag dieser Zustellung.

In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft, die der Verteidigerin zur allfälligen Äußerung zugestellt wurde, geht das Beschwerdegericht davon aus, dass durch die zitierte Bestimmung eine dem § 43a StPO gleichgelagerte Verlängerung der Rechtsmittelfrist nicht eintritt.

Bereits bei wörtlicher Interpretation des § 17 Abs 4 zweiter Satz zweiter Halbsatz (arg. „Hat der Verurteilte ... verlangt") stellt diese Regelung auf den Fall ab, dass der Verurteilte im Rahmen seiner Antragstellung die Zustellung des Beschlusses an seinen Verteidiger begehrt. Wäre davon auch der Fall umfasst, dass während laufender Rechtsmittelfrist ein solches Begehren gestellt wird, so würde dies mit der sinngemäßen Wortfolge „verlangt der Verurteilte ..."

umschrieben werden.

Auch unter Bedachtnahme auf die subsidiär anzuwendenden Vorschriften der StPO ergibt sich für den Beschwerdeführer kein günstigeres Ergebnis. Zwar geht die ständige Rechtsprechung in Bezug auf die gerichtlichen Verfügungen des Vollzugsgerichtes von einer planwidrigen Regelungslücke der im StVG enthaltenen Verfahrensvorschriften aus und schließt diese, soweit im StVG nichts anderes bestimmt ist, durch Rechtsanalogie dahin, dass dem Sinne nach die Bestimmungen der StPO zu gelten haben (vgl SSt 53/73, 13 Os 46/03, Drexler StVG § 17 Rz 1 ua).

Nach der Bestimmung des § 43a StPO in der Fassung des Strafrechtsänderungsgesetzes 1996 tritt eine Verlängerung der Frist für die Ausführung eines Rechtsmittels oder für eine sonstige Prozesshandlung dann ein, wenn der Beschuldigte (Angeklagte) innerhalb der für die Ausführung offen stehenden Frist die Beigebung eines Verteidigers (§ 41 Abs 2 StPO) verlangt oder wenn ihm von Amts wegen ein solcher Verteidiger beigegeben wird. Diese Bestimmung hat jedoch lediglich Ausnahmecharakter. Weitere Ausnahmen sieht das Gesetz - abgesehen vom Fall der Verteidigerumbestellung gemäß § 45 Abs 4 RAO - nicht vor (vgl Mayerhofer StPO5 § 43a Rz 1, EvBl 1999/121).

Ist der Strafgefangene daher durch einen Verteidiger vertreten (vgl hier die Vollmachtserteilung per 20.Juli 2005) und verlangt er dessen ungeachtet erst während der durch die Zustellung des Beschlusses an ihn ausgelösten Rechtsmittelfrist eine Zustellung auch an den Verteidiger, so tritt eine Verlängerung der Beschwerdefrist nicht ein. Der letzte Tag der Johann S***** offen gestandenen Beschwerdefrist war daher der 12.September 2005, weshalb sich die erst per 30.September 2005 per Telefax übermittelte Beschwerde als verspätet erweist.

Oberlandesgericht Graz

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