JudikaturDSB

K202.076/0004-DSK/2009 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
18. September 2009

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. KOTSCHY, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Mag. ZIMMER und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 18. September 2009 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über den Antrag der Stadt Graz (Antragstellerin) vom 20. November 2008 auf Genehmigung der Zurverfügungstellung von Adressen zur Benachrichtigung und Befragung von Betroffenen (Auswahl von Bewohnern der Stadtteile J*** und K*** des Geburtsjahrgangs 19** aus dem örtlichen Melderegister zwecks Information über das „EU-Projekt SenEmpower – Hallo Nachbar“) wird entschieden:

- Der A n t r a g wird z u r ü c k g e w i e s e n.

Rechtsgrundlage: § 47 Abs. 2 Z 1 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF.

B e g r ü n d u n g

A. Vorbringen der Antragstellerin

Die Landeshauptstadt Graz beantragte mit Schreiben vom 20. November 2008, GZ. Präs. 0000**/20**-000 (ergänzt gemäß Telefonat zwischen der da. Projektverantwortlichen und dem Sachbearbeiter der Datenschutzkommission, siehe Aktenvermerk vom 26. November 2008, GZ: K202.076/0002-DSK/2008), gestützt auf § 47 Abs. 3 DSG 2000, eine Genehmigung, Daten von Einwohnern des Geburtsjahrgangs 19** (Personen, die im Jahr 2009 ihren siebzigsten Geburtstag feiern) mit Wohnsitz in den Stadtteilen K*** und J*** aus dem örtlichen Grazer Melderegister auswählen und für Zwecke des Versands eines Informationsschreibens betreffend das Seniorenunterstützungs- und Serviceprojekt „Hallo Nachbar“ (gefördert von der EU im Rahmen des Programms „SenEmpower“) zu verwenden.

B. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Antragsgegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Der Magistrat der Stadt Graz ist als Geschäftsapparat der Organe der Antragstellerin (darunter auch des Bürgermeisters als Meldebehörde erste Instanz) datenschutzrechtlicher Auftraggeber des örtlichen Melderegisters (DVR: 0000***, die Datenanwendung selbst ist eine nicht meldepflichtige Standardanwendung entsprechende SA010 aus Anlage 1 zur Standard- und Musterverordnung 2004 (StMV 2004), BGBl. II Nr. 312/2004).

Im Übrigen wird das bescheinigte Vorbringen der Antragstellerin (u.a. vorgelegter Musterbrief) zur Entscheidungsgrundlage erhoben.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf dem öffentlichen Datenverarbeitungsregister und dem Vorbringen der Antragstellerin bzw. sind allgemein bekannte Rechtstatsachen.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

§ 47 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

„Zurverfügungstellung von Adressen zur Benachrichtigung und Befragung von Betroffenen

§ 47. (1) Soweit gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, bedarf die Übermittlung von Adreßdaten eines bestimmten Kreises von Betroffenen zum Zweck ihrer Benachrichtigung oder Befragung der Zustimmung der Betroffenen.

(2) Wenn allerdings angesichts der Auswahlkriterien für den Betroffenenkreis und des Gegenstands der Benachrichtigung oder Befragung eine Beeinträchtigung der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen unwahrscheinlich ist, bedarf es keiner Zustimmung, wenn

1. Daten desselben Auftraggebers verwendet werden oder

2. bei einer beabsichtigten Übermittlung der Adreßdaten an Dritte an der Benachrichtigung oder Befragung auch ein öffentliches Interesse besteht oder

3. der Betroffene nach entsprechender Information über Anlaß und Inhalt der Übermittlung innerhalb angemessener Frist keinen Widerspruch gegen die Übermittlung erhoben hat.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor und würde die Einholung der Zustimmung der Betroffenen gemäß Abs. 1 einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, ist die Übermittlung der Adreßdaten mit Genehmigung der Datenschutzkommission gemäß Abs. 4 zulässig, falls die Übermittlung an Dritte

1. zum Zweck der Benachrichtigung oder Befragung aus einem wichtigen Interesse des Betroffenen selbst oder aus einem wichtigen öffentlichen Benachrichtigungs oder Befragungsinteresse oder zur Befragung der Betroffenen für wissenschaftliche oder statistische Zwecke erfolgen soll.

(4) Die Datenschutzkommission hat die Genehmigung zur Übermittlung zu erteilen, wenn der Antragsteller das Vorliegen der in Abs. 3 genannten Voraussetzungen glaubhaft macht und überwiegende schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen der Übermittlung nicht entgegenstehen. Die Datenschutzkommission kann die Genehmigung an die Erfüllung von Bedingungen und Auflagen knüpfen, soweit dies zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen, insbesondere bei der Verwendung sensibler Daten als Auswahlkriterium, notwendig ist.

(5) Die übermittelten Adreßdaten dürfen ausschließlich für den genehmigten Zweck verwendet werden und sind zu löschen, sobald sie für die Benachrichtigung oder Befragung nicht mehr benötigt werden.

(6) In jenen Fällen, in welchen es gemäß den vorstehenden Bestimmungen zulässig ist, Namen und Adresse von Personen, die einem bestimmten Betroffenenkreis angehören, zu übermitteln, dürfen auch die zum Zweck der Auswahl der zu übermittelnden Adreßdaten notwendigen Verarbeitungen vorgenommen werden.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

Die beabsichtigte Datenverwendung unterliegt keiner Genehmigungspflicht.

Verwendet werden sollen Daten, die der datenschutzrechtliche Auftraggeber „Magistrat der Stadt Graz“ verarbeitet. Eigentlicher Verarbeitungszweck ist die Führung des Melderegisters. Hier soll eine „virtuelle“ Übermittlung gemäß § 4 Z 12 („Verwenden für ein anderes Aufgabengebiet des Auftraggebers“) erfolgen. Meldedaten sollen zwecks Versendung eines Informationsschreibens an eine bestimmte Zielgruppe (Personen, die im Jahr 2009 ihren siebzigsten Geburtstag feiern) in zwei bestimmten Stadtteilen ausgewählt und verwendet werden.

Eine solche Datenverwendung ist, wenn „angesichts der Auswahlkriterien für den Betroffenenkreis und des Gegenstands der Benachrichtigung oder Befragung eine Beeinträchtigung der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen unwahrscheinlich ist“, gemäß § 47 Abs. 2 Z 1 DSG 2000 ohne Zustimmung der Betroffenen und ohne Genehmigung der Datenschutzkommission gestattet.

Da die Betroffenen lediglich über ein bestimmtes Serviceangebot informiert werden sollen und die Zielgruppe immer noch breit gestreut ist (Männer wie Frauen, ein ganzer Geburtsjahrgang, zwei Stadtteile), ist eine Beeinträchtigung der Geheimhaltung der Betroffeneninteressen unwahrscheinlich, wobei zusätzlich in Rechnung zu stellen ist, dass gemäß § 16 Abs 1 MeldeG das (zentrale) Melderegister hinsichtlich der Hauptwohnsitzdaten ein „öffentliches Register“ ist, was bei der Gewichtung der Betroffeneninteressen in Rechnung zu stellen ist.

Der Tatbestand gemäß § 47 Abs. 2 Z 1 DSG 2000 ist somit erfüllt, die geplante Datenverwendung damit nicht gemäß § 47 Abs. 3 DSG 2000 genehmigungspflichtig und damit in logischer Folge auch nicht genehmigungsfähig.

Der Antrag war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

Eine Aufforderung zur Gebührenentrichtung entfällt im Hinblick auf § 2 Z 2 des Gebührengesetzes 1957.

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