K121.805/0015-DSK/2012 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Mag. HUTTERER, Mag. HEILEGGER und Dr. GUNDACKER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 12. Juni 2012 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die undatierten Beschwerden 1. des Ägidius X*** (Erstbeschwerdeführer), 2. der Hanni X*** (Zweitbeschwerdeführerin) und 3. der Ida X*** (Drittbeschwerdeführerin), alle in Y***, ha. eingelangt am 19. Dezember 2011, gegen den Bürgermeister der Marktgemeinde Y***, Adalbert J*** (Beschwerdegegner), vertreten durch DDr. Egon U***, Rechtsanwalt in **** Y***, wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung, wird entschieden:
1. Die Beschwerde wird betreffend den Erstbeschwerdeführer
z u r ü c k g e w i e s e n.
2. Betreffend die Zweitbeschwerdeführerin wird der Beschwerde stattgegeben und festgestellt, dass der Beschwerdegegner die Zweitbeschwerdeführerin dadurch in ihrem Recht auf Geheimhaltung verletzt hat, dass er aus dem lokalen Melderegister der Marktgemeinde Y*** im Juni 2011 über die Funktion „Geburtstagsliste“ die Datenarten Vor- und Zuname sowie Adresse der Zweitbeschwerdeführerin zum Zweck der Versendung einer Einladung zu einem „Geburtstagsplauscherl“ abgefragt hat.
3. Im Übrigen – im Zusammenhang mit der Einladung der Drittbeschwerdeführerin zur Informationsveranstaltung „Y***er Jugend“ am 1. September 2011 – wird die Beschwerde abgewiesen.
Rechtsgrundlagen: § 1 Abs. 1 und 2, § 31 Abs. 2 und § 47 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF.
B e g r ü n d u n g :
A. Verfahrensgang und Vorbringen der Parteien
1. Die Beschwerdeführer behaupteten zunächst formell zwar eine Verletzung im Recht auf Auskunft, Richtigstellung und Löschung, inhaltlich allerdings eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass der Beschwerdegegner die Zweitbeschwerdeführerin (Frau des Erstbeschwerdeführers) zum monatlichen Geburtstagskaffee und die Drittbeschwerdeführerin (minderjährige Tochter des Erstbeschwerdeführers) zu einer parteipolitischen Jugendveranstaltung (samt Fragebogen) eingeladen habe. Diese Schreiben hätten keine DVR-Nummer enthalten, Absender sei immer der Bürgermeister und nicht die Gemeinde gewesen. Das Zentrale Melderegister (im Folgenden kurz: ZMR) sei verwendet worden (offenbar zur Beschaffung der Adressdaten). Die entsprechenden Schreiben waren der Beschwerde bzw. dem nach Aufforderung zur Verbesserung eingelangten Schreiben der Beschwerdeführer vom 2. Februar 2012 angeschlossen. Darin wird auch moniert, dass zur gegenständlichen Datenverwendung sowohl der gesetzliche Auftrag, als auch der Gemeinderatsbeschluss fehlen würde. Das Kuvert vermittle den Eindruck eines offiziellen Schreibens, die fehlende DVR-Nummer offenbare aber den privaten Charakter. Für die automatisierte Datenabfrage spreche die Angabe beider Vornamen (der Tochter) sowie eine Altersfilterung im Vergleich zu älteren und jüngeren Nachbarskindern, die nicht zwischen 12 und 18 Jahren alt seien. Alternativ zur gewählten Vorgangsweise wären etwa Flugblätter bzw. Artikel in der Gemeindezeitung zur Verfügung gestanden.
Die Beschwerdeführer beantragen schließlich mit Schreiben vom 7. Februar 2012, die Datenschutzkommission möge die Verletzung im Recht auf Geheimhaltung durch die Verwendung von Adressdaten aus dem ZMR für Zwecke der gegenständlichen Aussendungen feststellen.
2. Der Beschwerdegegner, zur Stellungnahme zum Vorbringen der Beschwerdeführer aufgefordert, brachte, rechtsanwaltlich vertreten, mit Schreiben vom 29. Februar 2012 zusammengefasst vor: Die behaupteten Rechtsverletzungen lägen nicht vor, der bezogene Fragebogen des Landes Steiermark sei im Wege der Amtshilfe unter Bezug auf §§ 46f DSG 2000 sowie den Bescheid der Datenschutzkommission vom 18. September 2009, GZ K202.076/0004-DSK/2009, zulässigerweise verwendet worden.
Umfragen und Einladungen seien jahrelange Praxis und würden von nahezu allen Gemeindebürgern geschätzt. Auf diesem Wege würden wichtige im öffentlichen Interesse stehende Aufgaben der Gemeinde behandelt. So könne durch diese Einladungen über Jahre hinweg von einer grundsätzlichen Zustimmung der Gemeindebürger gesprochen werden. § 47 DSG 2000 erlaube diese Verwendung, da alle Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren zu ihrer Meinung zum Aufbau einer betreuten Jugendarbeit für die Y***er Kinder und Jugendlichen befragt worden seien. Weder Einladung noch Fragebogen enthielten sensible Daten. Der Fragebogen sei auch nicht parteipolitsch motiviert gewesen, viele Daten seien öffentlich zugänglich, die Auswertung sollte anonym erfolgen.
Auch das „Geburtstagsplauscherl“ diene dem Hauptzweck, die Bürger stärker in die Aufgaben der Gemeinde zu integrieren und ihnen ein Sprachrohr zur Verfügung zu stellen. Es handle sich trotz missverständlicher Bezeichnung um ein „Bürgerservice“, das in den Wirkungsbereich des Bürgermeisters und der Gemeinde falle. Inhaltlich sei es insbesondere um Fragen der örtlichen Raumplanung und Entwicklung der Gemeinde (Bau eines Kreisverkehrs, Errichtung einer Lärmschutzwand etc.) gegangen, die in verschiedenen Formen besprochen worden seien. Auch aktuelle Themen die Gemeinde betreffend seien präsentiert und erörtert worden. Ebenso Thema sei die örtliche Feuerwehr und der Beitritt zu dieser gewesen. Zu Fragen über den genauen Ablauf und Inhalt dieser Veranstaltungen wurden Zeugen angeboten.
Wenn sogar politische Parteien legal Meldedaten zu wahlpolitischen Zwecken verwenden dürfen, müsse es dem Bürgermeister umso mehr als Auftraggeber seiner eigenen Daten, als Behörde erster Instanz in Angelegenheiten der Feuerpolizei und als „Bürgerservice“-Dienstleister möglich sein, diese Meldedaten zum Wohle „seiner“ Gemeinde und „seiner“ Gemeindebürger zu verwenden.
Der Bürgermeister einer Gemeinde habe als Meldebehörde iSd § 13 Abs. 1 MeldeG im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes das LMR laufend evident zu führen. In diesem seien die Meldedaten aller in dieser Gemeinde angemeldeten Personen einschließlich der zugehörigen Abmeldungen gespeichert. Dazu erlaube § 14 Absatz 1 letzter Satz MeldeG die Abfrage von Meldedaten aus dem LMR nach allen Auswahlkriterien mit Ausnahme des Religionsbekenntnisses, was insofern auch die Reihung aller gemeldeten Personen nach ihrem Geburtsdatum mit einschließe. Das ZMR verknüpfe die lokalen LMR. Der Bürgermeister habe als Auftraggeber „seiner“ LMR-Daten auch Zugriff auf den gesamten Datensatz des ZMR.
Weiters sei der Bürgermeister gemäß § 20 Absatz 3 MeldeG berechtigt, die in seinem LMR enthaltenen Daten zu verwenden, wenn diese Informationen zur Wahrnehmung jener Aufgaben dienen, die ihm kraft Gesetz übertragen wurden. § 13 Stmk. Gemeindeordnung 1967 sehe beispielsweise die Ehrung von Personen vor, der Gemeinde obliege die Führung der ständigen Wählerevidenz, in der lt. StMV 2004 (SA011) unter anderem Namen, Titel, Geburtsdatum, Geschlecht, Hauptwohnsitz, Regionalwohnsitz und Wahlsprengelzugehörigkeit aufgelistet werden dürfen. Gemäß § 3 Abs. 1 WählerevidenzG dürfen die in allgemeinen Vertretungskörpern vertretenden Parteien Meldedaten, die Namen, Adressen und Geburtsdaten des jeweiligen Bürgers enthalten, mittels Erstellung einer Abschrift aus der Wählerevidenz jederzeit anfordern. Eine Überprüfung, ob die jeweilige Partei diese Daten wirklich benötigt, stehe außerhalb des Verantwortungsbereiches der Gemeinde. Gemäß § 3 Abs. 4 WählerevidenzG sei es sogar ausdrücklich erlaubt, dass Daten aus der Wählerevidenz zur Speicherung und unentgeltlichen Auskunftserteilung an die im Nationalrat vertretenen Parteien weitergeleitet und mit Daten aus dem ZMR verknüpft werden. Den in den allgemeinen Vertretungskörpern (zB Gemeinderäte, Landtage oder Nationalrat) vertretenen Parteien müssten somit jederzeit auf Antrag völlig legal sämtliche Daten aus der Wählerevidenz übermittelt werden, die den genauen Namen, das genaue Geburtsdatum und die Adresse der im konkreten Wahlkreis wohnhaften Bürger enthalten.
Ähnliche Bestimmungen existierten in den Wahlordnungen der Gemeinden, Länder, Hochschülerschaften und Kammern, wie zum Beispiel in § 27 der Steiermärkischen Landtagswahlordnung (LTWO) oder in § 29 Abs. 4 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996.
Jedem Staatsbürger stehe es gemäß §§ 4 ff leg cit WählerevidenzG zu, Einspruch gegen die Wählerevidenz zu erheben und so unter anderem die Streichung einer nicht zu erfassenden Person in die Wählerevidenz zu begehren. Jedoch stehe ihm kein Anspruch zu, die Weitergabe von personenbezogenen Daten aus diesem Register an politische Parteien zu verbieten. Für politische Parteien bestehe weiters die Möglichkeit, Meldedaten von Personen, die nicht in der Wählerevidenz ersichtlich sind, wie etwa von Personen unter 14 Jahren oder von vom Wahlrecht Ausgeschlossenen, durch eine „normale“ Meldeauskunft zu ermitteln.
Wenn nun schon politischen Parteien derartige Daten zur entsprechenden Verwendung legal zur Verfügung stünden, müssten diese umso mehr einem Bürgermeister zur Erfüllung seiner Aufgaben bzw zur Kontaktaufnahme mit der Bevölkerung zur Verfügung stehen.
Die Vorgangsweise der Gemeinde sei dem Erstbeschwerdeführer seit Jahren auch bekannt, ein Gemeinderatsbeschluss dafür nicht notwendig. Der Beschwerdegegner sei als Bürgermeister, jedenfalls nicht als Privatperson tätig geworden. Eine Anführung der DVR-Nummer aus einer nicht meldepflichtigen Datenanwendung bei einer offiziellen „Gemeindenachricht“ sei nicht notwendig.
Zusammenfassend seien die gegenständlichen Daten von befugten Personen der Marktgemeinde Y*** im Auftrag des Betroffenen vom Portal „Kommunalnet.at“ zu Recht im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben der Gemeinde abgefragt und verwendet worden. Der Grundrechtseingriff sei verhältnismäßig gewesen.
3. Im Parteiengehör dazu verwiesen die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27. März 2012 auf ihre bisherigen Ausführungen und verwiesen überdies auf eine Auskunftssperre zugunsten des Erstbeschwerdeführers.
4. Mit Schreiben vom 6. Mai 2012 legte der Erstbeschwerdeführer Vollmachten der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin zur Vertretung im Verfahren vor der Datenschutzkommission vor.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführer ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand ausschließlich die Frage ist, ob sie der Beschwerdegegner dadurch in ihrem Recht auf Geheimhaltung gemäß DSG 2000 verletzt hat, dass er für Zwecke von Aussendungen mit dem Titel „Geburtstagsplauscherl“ und betreffend das Jugendhaus Y*** im Juni bzw. September 2011 die Daten Vor- und Zuname sowie Adresse der Beschwerdeführer aus dem LMR der Marktgemeinde Y*** ermittelt und verwendet hat.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdegegner ermittelte vor bzw. im Juni 2011 als Bürgermeister über das seiner Gemeinde zur Verfügung stehende Portal www.kommunalnet.at mittels der Funktion „Geburtstagsliste“ die Daten Vor- und Zuname sowie Adresse (ua.) der Zweitbeschwerdeführerin für Zwecke folgenden wörtlich wiedergegebenen Schreibens, das ihr im Juni 2011 zugesendet wurde:
„[Faksimile Gemeindewappen]
Y***, im Juni 2011
[Adresse]
Sehr geehrte(r) …!
Zu Ihrem Geburtstag gratuliere ich Ihnen recht herzlich und wünsche alles Gute, viel Lebensfreude, Gesundheit und Heiterkeit an jedem Tag!
Als kleines Geschenk lade ich Sie am Donnerstag, den 30. Juni 2011, ab 17:00 Uhr, zu einem netten „Geburtstagsplauscherl“ bei Kaffee und Kuchen, zu mir ins Gemeindeamt ein!
Auf Ihr Kommen freut sich
Ihr Bürgermeister Adalbert J***
[Faksimile Unterschrift]“
Ein Schreiben des Beschwerdegegners betreffend das Jugendhaus Y*** an die Drittbeschwerdeführerin vom September 2011, wie von den Beschwerdeführern behauptet, hat sich nicht erweisen lassen.
Beweiswürdigung: Die Feststellungen betreffend die Zweitbeschwerdeführerin sind unbestritten. Die Quelle der gegenständlich verwendeten Daten wurde glaubwürdig vom Beschwerdegegner dargelegt. Hinsichtlich die Drittbeschwerdeführerin wurde zwar ein Schreiben mit dem Titel „Einladung zur Auftaktveranstaltung Jugendhaus Y*** Fragebogen“ vom 1. September 2011 (samt Fragebogen) vorgelegt, dieses Schreiben war allerdings an eine „**** M***“ in **** Y***, ***straße 00“, adressiert. Ein Schreiben adressiert an die Drittbeschwerdeführerin wurde nicht vorgelegt.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung des § 1 DSG 2000 lautet auszugsweise:
„§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
…“
Die §§ 7 und 8 DSG 2000 lauten auszugsweise:
„Zulässigkeit der Verwendung von Daten
§ 7. (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.
(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn
1. sie aus einer gemäß Abs. 1 zulässigen Datenanwendung stammen und
2. der Empfänger dem Übermittelnden seine ausreichende gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis - soweit diese nicht außer Zweifel steht - im Hinblick auf den Übermittlungszweck glaubhaft gemacht hat und
3. durch Zweck und Inhalt der Übermittlung die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nicht verletzt werden.
(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.
Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei
Verwendung nicht-sensibler Daten
§ 8. (1) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind bei Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn
1. eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung der Daten besteht oder
…
4. überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten die Verwendung erfordern.
…
(3) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind aus dem Grunde des Abs. 1 Z 4 insbesondere dann nicht verletzt, wenn die Verwendung der Daten
1. für einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder
…“
§§ 14 und 20 Meldegesetz 1991, BGBl. 9/1992 idgF, lauten:
„Melderegister
§ 14. (1) Die Meldebehörden haben die Meldedaten aller bei ihnen angemeldeten Menschen einschließlich der zugehörigen Abmeldungen evident zu halten (lokales Melderegister); sie sind ermächtigt, mit den Daten eines angemeldeten Menschen Hinweise auf Verwaltungsverfahren (Behörde, Aktenzeichen, Datum der Speicherung) zu verarbeiten. Es darf nicht vorgesehen werden, dass die Gesamtmenge der Meldedaten nach dem Religionsbekenntnis geordnet werden kann; andere Auswahlkriterien sind zulässig.
(1a) Die Meldebehörden können ihr lokales Melderegister auch im Rahmen des ZMR führen. Sie haben Meldedaten, die zur Änderung des lokalen Melderegisters führen, unverzüglich dem Betreiber des Zentralen Melderegisters zu überlassen und sicherzustellen, dass Anmeldungen gemäß § 3 Abs. 3 und Abmeldungen gemäß § 4 Abs. 2 im lokalen Melderegister nachvollzogen werden.
(2) Die Meldebehörden sind ermächtigt, die Identitätsdaten eines Menschen, der nicht gemeldet ist, zu ermitteln, sofern dessen Anmeldung oder ein ihn betreffender Antrag gemäß § 19 Abs. 2 für eine Fahndung oder ein bestimmtes Verwaltungsverfahren von Bedeutung ist (Personenhinweis). In solchen Fällen sind über Ersuchen der zuständigen Behörde die Identitätsdaten im Melderegister samt einem Hinweis auf die Fahndung (Art und Grund) oder das Verwaltungsverfahren (Behörde und Aktenzeichen) sowie auf die Gültigkeitsdauer des Personenhinweises (Datum des Ersuchens und spätestes Datum der Löschung) zu verarbeiten. Bezieht sich dieses Ersuchen auf ein Verwaltungsverfahren, so ist die Verarbeitung nur zulässig, wenn die ersuchende Behörde bestätigt, daß das öffentliche Interesse am Personenhinweis das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen überwiegt.
(3) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 33/2006)
(4) Die im Melderegister evident gehaltenen Meldedaten sind von der Meldebehörde nach Ablauf von 30 Jahren ab der Abmeldung zu löschen. Personenbezogene Daten, die darüber hinaus gemäß Abs. 1 und 2 verarbeitet wurden, sind zu löschen, sobald sie für die Erfüllung der Aufgabe, für die sie verwendet worden sind, nicht mehr benötigt werden.
…
Sonstige Übermittlungen
§ 20. (1) Sofern die Meldebehörde die Adresse als Auswahlkriterium für das Melderegister einsetzt, hat sie dem Eigentümer eines Hauses auf sein Verlangen bei Nachweis des Eigentums Namen und Adresse aller in dem Haus, einer Stiege oder einer Wohnung angemeldeten Menschen aus dem Melderegister bekanntzugeben. § 18 Abs. 5 gilt mit der Maßgabe, daß im Falle einer Auskunftssperre
Die Auskunft ist mit dem Satz: „Die Auskunftspflicht bezieht sich auf folgende Hausbewohner” einzuleiten. Der Hauseigentümer darf die ihm übermittelten Meldedaten nur benützen, um ihm durch dieses Bundesgesetz auferlegte Pflichten zu erfüllen und um Rechte gegen Hausbewohner geltend zu machen.
(2) [Anm.: Tritt mit dem Zeitpunkt der Aufnahme des Echtbetriebes des Zentralen Melderegisters außer Kraft (vgl. § 23 Abs. 5 iVm § 16b Abs. 4 idF Art. I BGBl. I Nr. 28/2001).]
(3) Organen der Gebietskörperschaften sind auf Verlangen die im Melderegister oder im Zentralen Melderegister enthaltenen Meldedaten zu übermitteln, wobei das Verlangen im konkreten Fall nur gestellt werden darf, wenn es für den Empfänger zur Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bildet; Übermittlungen auf Grund von Verknüpfungsanfragen (§ 16a Abs. 3) sind überdies nur zulässig, wenn die Verhältnismäßigkeit zum Anlaß und zum angestrebten Erfolg gewahrt bleibt. Die Bürgermeister sind ermächtigt, die in ihrem Melderegister enthaltenen oder ihnen gemäß Abs. 2 übermittelten Meldedaten zu verwenden, sofern diese zur Wahrnehmung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden.
(4) Bei einer den Bezirksverwaltungsbehörden oder Bundespolizeibehörden gemäß § 16a Abs. 4 eingeräumten Abfrageberechtigung ist für fremdenpolizeiliche Zwecke die Auswählbarkeit aller in ihrem örtlichen Wirkungsbereich mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft Angemeldeten vorzusehen.
(5) Bei einer dem Militärkommando jedes Landes gemäß § 16a Abs. 4 eingeräumten Abfrageberechtigung ist die Auswählbarkeit aller in ihrem örtlichen Wirkungsbereich angemeldeten Wehrpflichtigen, die das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, vorzusehen.
(6) Die Meldebehörden sind verpflichtet, die auf Grund eines Personenhinweises (§ 14 Abs. 2) gebotene Verständigung einer Verwaltungsbehörde vorzunehmen; hiebei ist auf den Anlaß hinzuweisen.
(7) Die Bürgermeister sind verpflichtet, den gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften auf Verlangen die Meldedaten all jener in der Gemeinde angemeldeten Menschen zu übermitteln, die sich zu diesen Religionsgesellschaften bekannt haben. Eine Verknüpfungsanfrage nach einem bestimmten Religionsbekenntnis darf nur auf Grund eines entsprechenden Verlangens verarbeitet werden.“
§ 13 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967, LGBl. Nr. 115/1967 idgF, lautet:
„§ 13
Ehrungen durch die Gemeinde
(1) Der Gemeinderat kann Personen, die sich um die Gemeinde verdient gemacht haben, durch Ehrungen, wie Ehrenringe, Ehrenurkunden u. a., auszeichnen.
(2) Insbesondere kann der Gemeinderat Personen, die sich um die Gemeinde besonders verdient gemacht haben, zu Ehrenbürgern ernennen.
(3) Die Ehrungen begründen weder Sonderrechte noch Sonderpflichten. Sie können vom Gemeinderat mit Zweidrittelmehrheit widerrufen werden, wenn sich der Ausgezeichnete dieser Ehre durch sein Verhalten unwürdig erwiesen hat. Die Ernennung zum Ehrenbürger ist zu widerrufen, wenn der Ausgezeichnete wegen einer strafbaren Handlung, die nach der Gemeindewahlordnung einen Wahlausschließungsgrund bildet, rechtskräftig verurteilt wurde.“
2. Rechtliche Schlussfolgerungen:
a. Passivlegitimation des Beschwerdegegners
Entgegen der Meinung der Beschwerdeführer war der Beschwerdegegner bei der gegenständlichen Datenverwendung (Ermittlung aus dem LMR sowie Verarbeitung für die Aussendungen) nicht als Privatperson und auch nicht als Mitglied einer politischen Partei tätig. Für sein Handeln als Organ einer Gebietskörperschaft (Bürgermeister) spricht schon der Inhalt der Aussendungen selbst. Sollte die Abfrage des LMR als Privatperson geschehen sein, so wäre die Datenschutzkommission für eine damit verbundene Rechtsverletzung auch nicht zuständig (vgl. § 5 DSG 2000 iVm § 32 DSG 2000).
b. in der Sache selbst
Der Erstbeschwerdeführer tritt zwar als Antragsteller auf, behauptet aber in sämtlichen Schreiben, weder selbst Betroffener der gegenständlichen Datenverwendung gewesen zu sein noch legt er Beweismittel dazu vor. Mangels behaupteter Betroffenenstellung war die Beschwerde daher im Hinblick auf den Erstbeschwerdeführer zurückzuweisen.
Hier ist entsprechend dem kürzlich ergangenen Bescheid vom 25. April 2012 GZ K121.760/0016-DSK/2012 rechtlich folgendes auszuführen:
Da der Beschwerdegegner als Organ einer Gebietskörperschaft (Gemeinde) tätig war, bedarf er für die Verwendung von personenbezogenen Daten, unabhängig ob automationsunterstützt oder nicht, gemäß § 1 Abs. 2 DSG 2000 einer (formal)gesetzlichen Grundlage.
Die Adressdaten für Zwecke der gegenständlichen Verwendung wurden aus dem LMR der Marktgemeinde Y*** ermittelt. Die geforderte gesetzliche Grundlage für diese Ermittlung fehlt aber im gegebenen Zusammenhang, mag auch das Portal www.kommunalnet.at eine Abfrage für den Zweck der Bildung einer Geburtstagsliste (die offenbar der nachfolgenden Gratulation dienen soll) vorsehen.
§ 14 MeldeG trifft keine Aussage darüber, für welche Zwecke das lokale Melderegister in welcher Weise abrufbar ist. Er regelt lediglich die Führung des Melderegisters.
Gemäß § 20 Abs. 3 letzter Satz MeldeG sind die Bürgermeister ermächtigt, die in ihrem Melderegister enthaltenen oder ihnen gemäß Abs. 2 übermittelten Meldedaten zu verwenden, sofern diese zur Wahrnehmung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden. Dies trifft auf Einladungen zum Geburtstag nicht zu. Der Einwand des Beschwerdegegners, mit diesen Veranstaltungen sei auch eine gemeinschaftsfördernde Funktion verbunden, vermag daran schon deshalb nichts zu ändern, weil ein derartiger Zweck aus dem Wortlaut der Aussendung in keiner Weise ersichtlich ist. Bei der Gratulation zum Geburtstag, sei diese auch bei der wohl überwiegenden Zahl der Gemeindebürger beliebt, handelt es sich aber nicht um eine gesetzlich übertragene Aufgabe des Bürgermeisters. § 20 Abs. 3 MeldeG ist daher nicht einschlägig.
Gleiches gilt für die Bestimmung des § 13 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967, die eine gesetzliche Grundlage für Ehrungen durch die Gemeinde vorsieht. Ehrungen können aber gemäß Abs. 1 leg.cit. nur Personen betreffen, die sich um die Gemeinde verdient gemacht haben. Einladungen aus Anlass des Geburtstags sind keine Ehrungen im Sinn dieses Gesetzes.
Auch die ua. vom Beschwerdegegner angeführten §§ 177ff des Steiermärkischen Volksrechtsgesetzes 1986, §§ 3ff WählerevidenzG, § 27 der Steiermärkischen Landtagswahlordnung (LTWO) und § 29 Abs. 4 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 betreffen andere Fälle als die der gegenständlichen Aussendungen, weshalb aus deren Anführungen für den Beschwerdegegner nichts zu gewinnen ist.
Schließlich führt der Beschwerdegegner § 47 DSG 2000 ins Treffen. Diese Bestimmung regelt die Verwendung von Adressdaten für den besonderen Verwendungszweck Benachrichtigung und Befragung von Betroffenen. Die Regelung geht davon aus, dass für diesen Verwendungszweck grundsätzlich die Zustimmung des Betroffenen eingeholt werden muss (vgl. Abs. 1). Nur in den Fällen des Abs. 2 kann die Zustimmung entfallen (und muss auch keine Genehmigung der Datenschutzkommission eingeholt werden). Bei einer Gratulation handelt es sich aber entgegen dem Verständnis des Beschwerdegegners nicht um eine Benachrichtigung des Betroffenen, muss dieser doch ein gewisser Informationsgehalt unterstellt werden (die EB zur RV sprechen in diesem Zusammenhang von „berechtigten Informationsinteressen“; wohl aus Sicht des Empfängers gemeint).
Die Datenschutzkommission verkennt nicht, dass es sich bei Gratulationen zum Geburtstag durch Gemeindeorgane um ein verbreitetes und oftmals auch beliebtes Phänomen handelt. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich aber, dass für die Abfrage des LMR für Zwecke der gegenständlichen Aussendungen eine gesetzliche Grundlage erforderlich ist. Eine solche Grundlage wurde etwa auch in Niederösterreich mit dem NÖ Ehrungsgesetz oder im Burgenland mit dem Burgenländischen Ehrungsgesetz geschaffen. Im Bundesland Steiermark fehlt hingegen eine solche gesetzliche Grundlage, weshalb die Datenschutzkommission der Beschwerde teilweise entsprechend dem Spruch stattgeben muss.
Eine Aussendung an die Drittbeschwerdeführerin hat sich nicht erweisen lassen, sodass Ausführungen zur Zulässigkeit von Aussendungen solcher Art unterbleiben konnten und die Beschwerde insoweit spruchgemäß abzuweisen war.