GZ: 2025-0.746.088 vom 23. September 2025 (Verfahrenszahl: DSB-D124.1429/25)
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BESCHEID
SPRUCH
Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde von Dietlinde A*** (Beschwerdeführerin) vom 4. Juni 2025 gegen die Notariatskammer für P*** (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wie folgt:
- Der Beschwerde wird stattgegeben und es wird festgestellt , dass die Beschwerdegegnerin die Beschwerdeführerin dadurch im Recht auf Geheimhaltung verletzt hat, indem sie eine E-Mail mit personenbezogenen Daten der Beschwerdeführerin an eine falsche E-Mail-Adresse übermittelt hat.
Rechtsgrundlagen: Art. 51 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 lit. f sowie Art. 77 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1; §§ 1, 18 Abs. 1 sowie 24 Abs. 1 und Abs. 5 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF.
BEGRÜNDUNG
A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang
Anmerkung der Datenschutzbehörde zum Verfahrensgang: Der Verfahrensgang stellt kein rechtlich zwingendes Element dar, sondern ist fakultativ. Es bedarf daher im Allgemeinen keiner gesondertenAnführung des Parteivorbringens in der Bescheidbegründung (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 60 Rz 22 (Stand 1.3.2023, rdb.at)).
B. Beschwerdegegenstand
Ausgehend von dem Vorbringen der Beschwerdeführerin stellt sich beschwerdegegenständlich die Frage, ob die Beschwerdegegnerin die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Geheimhaltung verletzt hat, indem diese eine E-Mail mit personenbezogenen Daten der Beschwerdeführerin an eine falsche E-Mail-Adresse übermittelt hat.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Die Beschwerdeführerin wandte sich unter der E-Mail-Adresse dietlindea***7@v***post.at im Rahmen einer Anfrage betreffend eine Verlassenschaft an die Beschwerdegegnerin.
Die Beschwerdegegnerin übermittelte die Antwort auf die Anfrage der Beschwerdeführerin an die E-Mail-Adresse dietlindea***@v***post.at und somit nicht an die richtige E-Mail-Adresse der Beschwerdeführerin.
Die Beschwerdegegnerin legte im Rahmen des Versands an die unrichtige E-Mail-Adresse dietlindea***@v***post.at personenbezogene Daten der Beschwerdeführerin offen.
Beweiswürdigung : Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der insofern unstrittigen verfahrenseinleitenden Eingabe der Beschwerdeführerin sowie der Stellungnahme der Beschwerdegegnerin, in der diese die Übermittlung an eine unrichtige E-Mail-Adresse bestätigte.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
§ 1 Abs. 1 DSG legt fest, dass jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten hat, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht.
Die DSGVO und insbesondere auch die darin verankerten Grundsätze sind zur Auslegung des Rechts auf Geheimhaltung zu berücksichtigen (vgl. den Bescheid der DSB vom 31. Oktober 2018, GZ DSBD123.076/0003-DSB/2018).
Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung sind gemäß § 1 Abs. 2 DSG dann zulässig, wenn personenbezogene Daten im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen verwendet werden, der Betroffene seine Zustimmung (bzw. in der Terminologie der DSGVO: Einwilligung) erteilt hat, wenn eine qualifizierte gesetzliche Grundlage für die Verwendung besteht, oder wenn die Verwendung durch überwiegende berechtigte Interessen eines Dritten gerechtfertigt ist.
Indizien für eine zulässige Beschränkung des Anspruchs auf Geheimhaltung bzw. eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der gegenständlichen personenbezogenen Daten iSd Art. 6 Abs. 1 DSGVO sind im gegenständlichen Fall nicht erkennbar und wurde hierzu auch nichts von der Beschwerdegegnerin vorgebracht.
Viel mehr räumte die Beschwerdegegnerin selbst ein, bei dem gegenständlichen Versand einem Fehler unterlegen zu sein. Die Datenschutzbehörde übersieht nicht, dass die in Rede stehenden Daten der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Fall nur aus einem Versehen an Dritte übermittelt wurden. Ein etwaiges Verschulden an der Offenlegung ist für die gegenständliche Feststellung einer Verletzung im Recht auf Geheimhaltung jedoch unerheblich .
Durch das Versenden der personenbezogenen Daten der Beschwerdeführerin durch die Beschwerdegegnerin an eine Dritte wurden personenbezogene Daten der Beschwerdeführerin offengelegt . Ob der unbefugte Empfänger (grundsätzlich denkbar sind auch mehrere Personen) die personenbezogenen Daten der Beschwerdeführerin auch tatsächlich eingesehen hat, kann dahingestellt bleiben, da bereits der Tatbestand der unzulässigen Übermittlungin das elektronische Postfach des Dritten eine Verletzung im Grundrecht auf Geheimhaltung begründet (vgl. das Erkenntnis des BVwG vom 3. September 2019, GZ: W214 2219944-1/9E, wonach weder § 1 Abs. 2 DSG noch Art. 4 Z 2 iVm Art. 6 DSGVO auf eine gewisse „Mindestverarbeitung“ abstellt).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rückverweise