JudikaturDSB

2025-0.699.488 – Datenschutzbehörde Entscheidung

Entscheidung
Datenschutzrecht
03. September 2025

Text

GZ: 2025-0.699.488 vom 3. September 2025 (Verfahrenszahl: DSB-D124.1530/25)

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BESCHEID

SPRUCH

Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde von Henry R. A*** (Beschwerdeführer) vom 16. Juni 2025 gegen die N*** Motorradservice GmbH (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wie folgt:

- Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen .

Rechtsgrundlagen: Art. 6, Art. 51 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 lit. f sowie Art. 77 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1; §§ 1, 18 Abs. 1 sowie 24 Abs. 1 und Abs. 5 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF.

BEGRÜNDUNG

A. Sachverhaltsfeststellungen

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wird folgender Sachverhalt festgestellt:

1. Der Beschwerdeführer kaufte mit Kaufvertrag vom 5. Mai 2025 ein Motorrad der Marke PX***, Type K***1/3*, von der Beschwerdegegnerin. Im Zuge dessen verkaufte der Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin seinen Motorroller der Marke OT***-3* (Eintauschfahrzeug).

Beweiswürdigung : Dies ergibt sich aus der Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 4. Juli 2025 sowie dem von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Kaufvertrag vom 5. Mai 2025.

2. Der Beschwerdeführer brachte daraufhin sein Eintauschfahrzeug zur Beschwerdegegnerin, behielt sich aber den Typenschein, bis er das von ihm gekaufte Motorrad abholen und anmelden konnte.

Das Eintauschfahrzeug wurde von der Beschwerdegegnerin in weiterer Folge an Dieter B***, einen langjährigen Geschäftspartner der Beschwerdegegnerin mit Sitz in Slowenien, verkauft und mit ihm die Übergabe des Typenscheins ab 30. Mai 2025 vereinbart.

Beweiswürdigung : Dies ergibt sich zunächst aus der nicht bestrittenen Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 4. Juli 2025 sowie aus dem von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Kaufvertrag mit Dieter B*** vom 19. Mai 2025.

3. Am 30. Mai 2025 wollte der Beschwerdeführer die PX*** abholen, konnte sie aber nicht anmelden, weil die Zulassungsfrist abgelaufen war. Der Importeur konnte nicht erreicht werden. Aus diesem Grund übernahm der Beschwerdeführer alle Schlüssel und notwendige Dokumente und es wurde vereinbart, dass die Beschwerdegegnerin ihn kontaktiert, sobald eine Anmeldung möglich ist.

Am 2. Juni 2025 wurde die Beschwerdegegnerin vom Importeur der PX*** in Kenntnis gesetzt, dass eine Anmeldung nunmehr möglich ist. Die Beschwerdegegnerin versuchte daraufhin mehrmals, den Beschwerdeführer telefonisch zu erreichen, was jedoch nicht gelang.

Da Dieter B*** an diesem Tag gerade auf dem Weg nach Graz war, teilte ihm die Beschwerdegegnerin die Wohnadresse sowie die Telefonnummer des Beschwerdeführers mit, damit dieser unmittelbar vom Beschwerdeführer den Typenschein des Eintauschfahrzeuges erhalten und in weiterer Folge das Eintauschfahrzeug anmelden konnte.

Beweiswürdigung : Dies ergibt sich aus der nicht bestrittenen Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 4. Juli 2025 und aus jener vom 31. Juli 2025 sowie aus der ebenfalls nicht bestrittenen verfahrenseinleitenden Beschwerde vom 16. Juni 2025.

4. Am 16. Juni 2025 reichte der Beschwerdeführer die gegenständliche Beschwerde ein und behauptet darin eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung infolge Übermittlung seiner Daten an Dieter B***.

Beweiswürdigung : Dies ergibt sich aus der verfahrenseinleitenden Beschwerde vom 16. Juni 2025.

B. Beschwerdegegenstand

Aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers ist Beschwerdegegenstand die Frage, ob die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer dadurch in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt hat, indem sie dessen Wohnadresse und Telefonnummer an einen Dritten (Dieter B***) übermittelt hat.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. Gemäß § 1 Abs. 1 DSG hat jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, sofern daran ein schutzwürdiges Interesse besteht.

Beschränkungen des Recht auf Geheimhaltung sind gemäß § 1 Abs. 2 DSG zur Wahrung lebenswichtiger Interessen des Betroffenen, mit dessen Zustimmung oder zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur aufgrund einer gesetzlichen Grundlage.

Die DSGVO und insbesondere auch die darin verankerten Grundsätze sind zur Auslegung des Rechts auf Geheimhaltung heranzuziehen (vgl. dazu den Bescheid vom 24. Februar 2025, 2025-0.045.624, RIS).

2. Zunächst ist - entgegen den Ausführungen der Beschwerdegegnerin - ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse des Beschwerdeführers an seiner Telefonnummer sowie seiner Wohnadresse zu bejahen, weil diese Daten nicht allgemein zugänglich sind. Daran ändert nichts, dass die Wohnadresse des Beschwerdeführers im Typenschein angeführt ist, welcher in weiterer Folge Dieter B*** übergeben wurde.

Da im vorliegenden Fall die Datenübermittlung weder durch eine Zustimmung (Einwilligung) des Beschwerdeführers gedeckt war, noch zur Wahrung seiner lebenswichtigen Interessen erfolgte und auch nicht durch eine gesetzliche Grundlage gedeckt war, bleibt zu prüfen, ob die Datenübermittlung im überwiegenden berechtigten Interesse eines anderen – hier: der Beschwerdegegnerin bzw. von Dieter B*** – notwendig und erforderlich war.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des EuGH zu Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO, welche zur Auslegung des berechtigten Interesses iSd § 1 Abs. 2 DSG herangezogen werden kann, müssen folgende Kriterien erfüllt sein:

Erstens muss vom Verantwortlichen oder Dritten ein berechtigtes Interesse wahrgenommen werden; zweitens muss die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erforderlich sein; drittens dürfen die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Person, deren Daten geschützt werden sollen, nicht überwiegen.

Die Abwägung der jeweiligen gegenüberstehenden Rechte bedarf einer Beurteilung im Einzelfall (siehe bspw. das Urteil vom 17. Juni 2021, C-597/19).

3. Im gegenständlichen Fall kann sich die Beschwerdegegnerin insofern auf ein berechtigtes Interesse stützen, als es um die ordnungsgemäße Abwicklung zweier Kaufverträge, deren Vertragspartei sie ist, ging. Dazu gehört auch die Übergabe der entsprechenden Fahrzeugdokumente, um ein Kfz an- und abmelden zu können.

Die Erforderlichkeit der Datenverarbeitung war gegenständlich ebenfalls gegeben, da die Beschwerdegegnerin zunächst mehrfach versuchte, den Beschwerdeführer telefonisch zu erreichen, um ihm mitzuteilen, dass er das von ihm gekaufte Motorrad anmelden könne und dass er den Typenschein des Eintauschfahrzeuges an die Beschwerdegegnerin übergeben solle. Erst, als sich eine telefonische Kontaktaufnahme als unmöglich erwies, wurden die Daten an den Käufer des Eintauschfahrzeuges übermittelt.

Betreffend das dritte Kriterium ist festzuhalten, dass im gegenständlich die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten des Beschwerdeführers insofern nicht überwiegen, als dass jene personenbezogenen Daten, die von der Beschwerdegegnerin an Dieter B*** übermittelt wurden (Wohnadresse und Telefonnummer), für eine rasche und unkomplizierte Kontaktaufnahme zur Übergabe und Übernahme der Fahrzeugdokumente des Eintauschfahrzeuges zweckmäßig waren.

An dieser Stelle kann auch das von der Beschwerdegegnerin ins Treffen geführte Argument herangezogen werden, dass Dieter B*** spätestens mit Übernahme des Typenscheins des Eintauschfahrzeuges Kenntnis von der Wohnadresse des Beschwerdeführers erlangt hätte, was ebenfalls gegen ein Überwiegen der Interessen des Beschwerdeführers an der Geheimhaltung dieser Daten spricht.

Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass es sich bei diesen Daten um keine Daten besonderer Kategorien im Sinne des Art. 9 Abs. 1 DSGVO („sensible Daten“) handelt, die einem strengeren Schutzregime unterliegen.

4. Zusammenfassend konnte sich die Beschwerdegegnerin somit bei der Übermittlung der personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO stützen, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.