JudikaturBVwG

W176 2322793-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
10. November 2025

Spruch

W176 2322793-1/7E

beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über den Antrag von XXXX , auf Entscheidung der Streitigkeit betreffend sein Informationsbegehren vom 01.09.2025 an XXXX (Mitbeteiligte Partei):

A.I.)

Das Verfahren wird wegen Gegenstandslosigkeit eingestellt.

A.II.)

Die Feststellungsanträge des Antragstellers werden als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit E-Mail vom 01.09.2025 begehrte der nunmehrige Antragsteller (AS) – unter Hinweis auf eine entsprechende Anfrage im Jahr 2023 und das inzwischen erfolgte Inkrafttreten des IFG – Auskunft “über alle Förderempfänger des Programms XXXX sowie die Höhe der gewährten Summe“. Dabei wies er darauf hin, dass er diese Anfrage als Journalist XXXX stelle und die Anhörung bzw. die Verständigung der betroffenen Person daher zu unterbleiben habe.

2. Mit E-Mail vom 26.09.2025 teilte die Mitbeteiligte Partei (MP) dem AS mit, dass Frist für die Beantwortung seines Informationsbegehrens um weitere vier Wochen bis zum 27.10.2025 verlängert werde. Grund dafür sei, dass die erforderliche Anhörung einer sehr großen Zahl betroffener Dritter nicht innerhalb von vier Wochen zu bewerkstelligen sei und ein Fall des § 10 Abs 2 IFG, in dem eine Anhörung unterbleiben könne, nach Einschätzung der MP im konkreten Fall nicht vorliege.

3. Mit am 16.10.2025 beim Bundesverwaltungsgericht eingebrachtem Schriftsatz stellte der AS gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 IFG den Antrag auf Entscheidung der Streitigkeit durch das Verwaltungsgericht, da die MP die beantragte Information nicht erteilt habe.

Die Nichterteilung beruhe auf einer rechtswidrigen Verlängerung der in § 8 Abs. 1 IFG normierten Frist zu dem unter Punkt 1. dargestellten Informationsbegehren. Die MP habe trotz eines ausdrücklichen Hinweises auf § 10 Abs 2 IFG daran festgehalten, Dritte zu verständigen.

Weiters wird dargelegt, aus welchen Gründen anzunehmen sei, dass die Fristverlängerung rechtswidrig erfolgt sei.

Abschließend wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge feststellen, dass die Fristverlängerung der MP vom 26.09.2025 rechtswidrig gewesen sei, sowie dass der Zugang zu den begehrten Informationen von der MP zu Unrecht nicht gewährt worden sei.

4. Mit Schreiben vom 20.10.2025 trug das Bundesverwaltungsgericht der MP auf, sich zu dem unter Punkt 3. dargestellten Antrag des AS zu äußern.

5. Mit Schriftsatz vom 27.10.2025 nahm die MP dazu wie folgt Stellung:

Sie habe dem AS die begehrte Information am 24.10.2025 vollumfänglich erteilt, wobei sie auf das betreffende, als Beilage übermittelte Schreiben verwies.

Was die Fristverlängerung angehe, führte die MP im Wesentlichen aus, dass im gegenständlichen Fall das Informationsinteresse des AS als Journalisten mit den schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen von einer Offenlegung betroffenen Förderungsnehmer und -nehmerinnen in einem Spannungsverhältnis stehe. Auch könne der bloße Hinweis des AS in seinem E-Mail vom 01.09.2025, dass er die Anfrage als Journalist XXXX stelle, den Entfall der Anhörungs- bzw. Verständigungspflicht gegenüber den Betroffenen nicht begründen, da er den Anforderungen an die Darlegungspflicht des Informationswerber nicht entspreche.

Es werde beantragt, das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Hinblick auf die Erteilung der begehrten Information wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses einzustellen. Die Anträge des AS im unter Punkt 3. dargestellten Antrag seien auf Feststellungen gerichtet. Dem Verwaltungsgericht komme jedoch, wie sich aus § 14 Abs. 8 IFG ergebe, alleine die Kompetenz zu, im Falle einer rechtswidrigen Informationsverweigerung einen Leistungsauftrag zu erteilen. Für die begehrten Feststellungen bleibe daher kein Raum.

6. Mit Schreiben vom 27.10.2025 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die zuvor dargestellte Äußerung der MP dem AS, teilte diesem mit, dass vorläufig davon ausgegangen werden, dass die von ihm begehrte Information nun erteilt wurde, und gab Gelegenheit zur Stellungnahme.

7. Mit Schriftsatz vom 04.11.2025 äußerte sich der AS wie folgt:

Die MP habe am 24.10.2025 die begehrte Information erteilt, allerdings erst nach rechtswidriger Verlängerung der Frist gemäß § 8 Abs. 1 IFG und unter Verletzung seiner Rechte als “public watchdog“ durch die Information von Betroffenen.

Die MP übersehe, dass der AS zur Einhaltung berufsethischer Standrads verpflichtet sei und – was die Darlegungspflicht angehe – es sich gegenständlich um Informationen von offensichtlich überwiegendem Interesse handle. Weiters wurde auf die Neuregelung nach Aufhebung von § 9 Abs. 1 DSG mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 14.12.2022, Zl. G 287/2022 ua., verwiesen, wo der Gesetzgeber explizit zwischen institutionellem Journalismus und sonstiger journalistischer Tätigkeit differenziere.

Durch die Verständigung der betroffenen Fördernehmer sei der journalistische Rechercheprozess offengelegt und erschwert worden. Die MP habe damit das in Art. 10 EMRK und Art. 22a B-VG garantierte Informationsrecht verletzt. Dem AS sei es nicht möglich, die konkrete Gefährdung seiner Recherche offenzulegen, ohne selbst seine Recherchen zu gefährden. Die erfolgte Information Dritter mache es zum jetzigen Zeitpunkt unwahrscheinlich, dass er seine Recherchen noch erfolgreich durchzuführen könne. Dennoch könne und wolle er, insbesondere zum Schutz seiner Quellen, die konkrete Gefährdung nicht ausdrücklich offenlegen.

Abschließend wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge aussprechen, dass die MP durch die Verlängerung der Frist des § 8 Abs. 1 IFG den Zugang zu den begehrten Informationen im Zeitraum von 29.09.2025 bis 24.10.2025 zu Unrecht nicht gewährt habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der rechtlichen Beurteilung wird der unter Punkt I. dargestellte Sachverhalt zugrunde gelegt. Insbesondere wird festgestellt, dass die MP dem AS die mit Informationsersuchen vom 01.09.2025 begehrten Informationen nunmehr erteilt hat.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsunterlagen in Verbindung mit der Beschwerde und sind zwischen den Verfahrensparteien nicht strittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.2.1. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten wie folgt:

“§ 8.

(1) Der Zugang zur Information ist ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen vier Wochen nach Einlangen des Antrages beim zuständigen Organ zu gewähren. Soweit die Information der Geheimhaltung unterliegt (§ 6), ist dem Antragsteller binnen derselben Frist die Nichtgewährung des Zugangs mitzuteilen.

(2) Kann der Zugang zur Information aus besonderen Gründen sowie im Fall des § 10 nicht innerhalb der Frist gemäß Abs. 1 gewährt werden, so kann die Frist um weitere vier Wochen verlängert werden. Dies ist dem Antragsteller unter Angabe der Gründe innerhalb der Frist gemäß Abs. 1 mitzuteilen.”

“§ 10.

(1) Greift die Erteilung der Information in die Rechte eines anderen (§ 6 Abs. 1 Z 7) ein, hat das zuständige Organ diesen vor der Erteilung der Information nach Möglichkeit zu hören. Hat sich die betroffene Person gegen die Erteilung der Information ausgesprochen oder wurde sie nicht gehört und wird die Information dennoch erteilt, ist sie davon nach Möglichkeit schriftlich zu verständigen.

(2) Geht aus dem Antrag (§ 7) hervor, dass er nicht nur die Privatinteressen des Antragstellers betrifft, sondern damit ein Recht auf Zugang zu Informationen gemäß Art. 10 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30. 03. 2010 S. 389, geltend gemacht wird, hat die Anhörung bzw. die Verständigung der betroffenen Person zu unterbleiben, soweit dies auf Grund dieser Bestimmungen geboten ist.”

“§ 13.

(1) Für die der Kontrolle des Rechnungshofes oder eines Landesrechnungshofes unterliegenden Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmungen (§ 1 Z 5) und den Rechtsschutz gegen deren Entscheidungen gelten, soweit sie nicht mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung oder der Landesverwaltung betraut sind, die Bestimmungen des 3. Abschnitts dieses Bundesgesetzes sinngemäß und nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.

(2) Nicht zugänglich zu machen sind Informationen, soweit und solange dies in sinngemäßer Anwendung des § 6 oder zur Abwehr einer Beeinträchtigung von deren Wettbewerbsfähigkeit erforderlich ist.

(3) Ausgenommen von der Informationspflicht nach diesem Bundesgesetz sind börsennotierte Gesellschaften sowie rechtlich selbständige Unternehmungen, die auf Grund von Beteiligungen oder sonst unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss einer börsennotierten Gesellschaft stehen (abhängige Unternehmungen).

(4) Der Antrag auf Information ist schriftlich einzubringen und als Antrag gemäß diesem Bundesgesetz zu bezeichnen. Im Antrag ist die begehrte Information zu bezeichnen. Die Identität des Antragstellers ist in geeigneter Form glaubhaft zu machen.“

sowie

“§ 14.

(1) Über die Nichterteilung der Information durch Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmungen, soweit diese nicht mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung oder der Landesverwaltung betraut sind, entscheidet

1. das Bundesverwaltungsgericht, wenn Stiftungen, Fonds oder Anstalten, die von Organen des Bundes oder von hiezu von Organen des Bundes bestellten Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, oder Unternehmungen, an denen der Bund alleine oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern zu mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die der Bund allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht, die Information nicht erteilen;

2. im Übrigen das Verwaltungsgericht im Land.

Sofern die Rechtssache nicht zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts gehört, ist jenes Verwaltungsgericht im Land örtlich zuständig, in dessen Sprengel die Stiftung, der Fonds, die Anstalt oder die Unternehmung ihren oder seinen Sitz hat. Lässt sich die Zuständigkeit danach nicht bestimmen, ist das Verwaltungsgericht im Land Wien örtlich zuständig.

(2) Wurde die begehrte Information nicht erteilt, kann der Informationswerber binnen vier Wochen nach Ablauf der Frist zur Informationserteilung einen Antrag auf Entscheidung der Streitigkeit durch das Verwaltungsgericht stellen. Gegen die Versäumung dieser Frist ist auf Antrag des Informationswerbers die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn dieser glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und ihn kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. § 71 Abs. 2 bis 7 und § 72 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, sind sinngemäß anzuwenden.

(3) Auf das Verfahren nach dieser Bestimmung sind die §§ 2, 4 bis 6, 8a, 17, 21, 23 bis 26, 28 Abs. 1, 29 bis 34 und das 4. Hauptstück des VwGVG sinngemäß anzuwenden.

(4) Der Antrag (Abs. 2) hat zu enthalten:

1. das Informationsbegehren und Ausführungen dazu, inwieweit diesem nicht entsprochen wurde,

2. die Bezeichnung der Stiftung, des Fonds, der Anstalt oder der Unternehmung,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit der Nichterteilung der Information stützt, und

4. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Frist zur Informationserteilung abgelaufen und der Antrag rechtzeitig eingebracht ist.

(5) Ein solcher Antrag und Äußerungen im Verfahren sind unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.

(6) Das Verwaltungsgericht hat der Stiftung, dem Fonds, der Anstalt oder der Unternehmung den Antrag mitzuteilen und es dieser – wenn es nicht gleichzeitig eine mündliche Verhandlung anberaumt – freizustellen, eine Äußerung zu erstatten.

(7) Parteien des Verfahrens sind der Antragsteller und die Stiftung, der Fonds, die Anstalt oder die Unternehmung, von der bzw. von dem die Information begehrt wird.

(8) Über den Antrag hat das Verwaltungsgericht binnen zwei Monaten nach seinem Einlangen zu entscheiden. Im Fall der rechtswidrigen Nichtgewährung des Zugangs zu Informationen hat das Verwaltungsgericht auszusprechen, dass und in welchem Umfang Zugang zu gewähren ist. Die Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmungen sind verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.“

3.2. Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall:

Wie oben festgestellt, hat die MP dem AS die von ihm mit Informationsbegehren vom 01.09.2025 begehrten Informationen mittlerweile erteilt.

§ 14 Abs. 8 IFG sieht (nicht anders als § 11 Abs.3 IFG) bezüglich der vom Verwaltungsgericht zu treffenden Entscheidung vor, dass es (wenn es zum Ergebnis kommt, dass der Zugang zu den begehrten Informationen zu nicht zu gewähren ist), dies im Spruch seiner Entscheidung auszusprechen hat oder aber (wenn es zum Ergebnis kommt, dass die Information zu gewähren ist) – anders als dies nach dem AuskunftspflichtG der Fall war – einen (mit den Mitteln des VVG durchsetzbaren) Leistungsauftrag zu erteilen hat (vgl. Koppensteiner/Lehne/Lehofer, IFG §14 Rz 20ff, §11 Rz 38f [Stand 01.06.2025, rdb.at]).

Daraus folgt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts zum einen, dass in einem Fall wie dem gegenständlichen, in dem die begehrte Information während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erteilt wird und somit der Verfahrenszweck erreicht wurde, nur die Einstellung des Verfahrens wegen Gegenstandslosigkeit in Betracht kommt.

Zum anderen bleibt vor diesem Hintergrund für die vom AS gestellten Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der MP in der Vergangenheit abzielenden Anträge (einschließlich des im unter Punkt I.7. dargestellten Schriftsatz gestellten Antrags, das Bundesverwaltungsgericht möge aussprechen, dass die MP durch die Verlängerung der Frist des § 8 Abs. 1 IFG den Zugang zu den begehrten Informationen im Zeitraum von 29.09.2025 bis 24.10.2025 zu Unrecht nicht gewährt habe) kein Raum, sodass diese zurückzuweisen waren.

3.3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, da die Verfahrensakten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegensteht.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat unter Punkt 3.2. dargelegt, weshalb es davon ausgeht, dass in einem Fall wie dem gegenständlichen, in dem die in einem Informationsbegehren nach dem IFG begehrte Information während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erteilt wird, das Verfahren einzustellen ist. Zu dieser Frage kann jedoch schon in Hinblick auf das Inkrafttreten des IFG mit 01.09.2025 keine spezifische Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehen.