Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den gemäß § 45 Abs. 2 in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland, vom 22.05.2025, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer war seit 29.02.2024 Inhaber eines bis 01/2025 befristeten Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 von Hundert (v.H.) und der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“.
2. Am 23.12.2024 stellte er beim Sozialministeriumservice (in der Folge „belangte Behörde“ genannt) einen Antrag auf Neuausstellung eines Behindertenpasses sowie einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b Straßenverkehrsordnung (StVO) (Parkausweis), der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und vom Beschwerdeführer ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gilt und legte eine Reihe von ärztlichen Befunden sowie seinen befristeten Ausweis gemäß § 29 B StVO in Kopie vor.
3. Die belangte Behörde holte zur Überprüfung des Antrages ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 23.04.2025 erstatteten Gutachten vom 30.04.2025 (vidiert am 05.05.2025) stellte der medizinische Sachverständige fest, dass bei dem Beschwerdeführer folgende Funktionseinschränkungen
1. Multiples Myelom (ED 12/2022) Zustand nach zweimaliger Stammzelltransplantation (zuletzt 12/23) und Immunchemotherapie, Position 10.03.10 der Anlage der Einschätzungsverordnung (EVO), Grad der Behinderung (GdB) 50 %
2. Bluthochdruck, Position 05.01.01 der Anlage der EVO, GdB 10 %
mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. vorliegen würden. Der Gesamt GdB ergebe sich aus dem Leiden 1. Leiden 2 führe aufgrund zu geringer funktioneller Relevanz zu keiner Erhöhung. Das Lungenleiden (Diffusionsstörung – V.a Interstit. Lungenerk.) sei ohne Fachbefund nicht einschätzbar.
Im Vergleich zum Vorgutachten hielt der Sachverständige fest, dass zwischenzeitlich eine Erhaltungstherapie etabliert sei, wodurch ein guter Allgemeinzustand vorliege. Eine Anämie sei nicht mehr vorliegend und der Nierenfunktionsparameter liege im Normbereich, weshalb das Leiden 1 um eine Stufe niedriger beurteilt werde. Leiden 2 werde entsprechend der aktuellen Medikation erstmalig berücksichtigt. Es handle sich um einen Dauerzustand.
Weiters stellte der medizinische Sachverständige aus seiner fachlichen Sicht fest, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass aus medizinischer Sicht nicht vorlägen.
4. Die belangte Behörde übermittelte dem Beschwerdeführer dieses Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 05.05.2025 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte diesem eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein.
5. Der Beschwerdeführer machte mit einem Schreiben, welches am 14.05.2025 bei der belangten Behörde einlangte, von diesem Recht Gebrauch und führte darin aus, da er zu seinen Behandlungen in das Krankenhaus XXXX fahren müsse, sei es für ihn unmöglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Bei einer Fahr nach XXXX mit seinem privat PKW müsse er mindestens zwei Mal anhalten, um seine Blase zu erleichtern. Darüber hinaus würden die Therapiezeiten immer unterschiedlich beginnen und enden, wodurch äußerst unangenehme Wartezeiten in Kauf zu nehmen seien. Außerdem sei er seit Beginn seiner unheilbaren Krankheit sehr erschöpft und müde und brauche ausreichend Schlaf und Ruhezeiten auch unter Tag.
6. Die belangte Behörde ersuchte den befassten medizinischen Sachverständigen um die Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme. In dessen Stellungnahme von 19.05.2025 führt der medizinische Sachverständige zusammenfassend aus, im Vorgutachten aus 03/2024 sei die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass befristet zu gewähren gewesen, da es im Anschluss nach einer Stammzelltransplantation zu einer vorübergehenden schweren Funktionseinschränkung des Immunsystems gekommen sei. Bei der mittlerweile etablierten Erhaltungstherapie sei dies nicht mehr der Fall, weshalb ein Aufenthalt im öffentlichen Raum sowie die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wieder möglich sei. Die infrastrukturelle Situation im Wohnort stelle kein Beurteilungskriterium hinsichtlich der Zumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel dar. Der Transport zu den Behandlungsterminen wäre bei Bedarf mittels Krankentransport möglich. Es seien keine weiteren Befunde vorgelegt worden, die zu einer relevanten Änderung der Gesamteinschätzung führen würden, weshalb das Sachverständigengutachten aus 04/2025 unverändert bleibe.
7. Mit Schreiben vom 21.05.2025 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 50 % festgestellt worden sei. Die Voraussetzungen für folgende Zusatzeintragung würden vorliegen: „Der Inhaber/die Inhaberin kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen“. Der Behindertenpass im Scheckkartenformat werde in den nächsten Tagen übermittelt.
8. Mit Bescheid vom 21.05.2025 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab.
Die belangte Behörde schloss dem genannten Bescheid die Stellungnahme vom 19.05.2025 in Kopie an.
9. Mit Begleitschreiben vom 22.05.2025 wurde dem Beschwerdeführer der befristete Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H. in Scheckkartenformat übermittelt.
10. Gegen den gemäß § 45 Abs. 2 in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und wiederholte darin die in der Stellungnahme vom 14.05.2025 getätigten Ausführungen.
11. Mit Schreiben vom 08.07.2025 legte die belangte Behörde den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo dieser am 09.07.2025 einlangte.
12. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 09.07.2025 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger ist, und seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.
13. Mit Schreiben vom 09.07.2025 erging seitens des Bundesverwaltungsgerichts ein Mängelbehebungsauftrag an den Beschwerdeführer. Darin wurde ausgeführt, dass in seiner Beschwerde vom 24.06.2025 der OB: 15090653900039 angeführt werde, der den Bescheid betreffend die Ausstellung des Behindertenpasses behandle. Inhaltlich richte sich die Beschwerde jedoch gegen die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass mit dem OB: 15090653900040. Für das Gericht sei nicht ersichtlich, gegen welchen der beiden Bescheide sich seine Beschwerde richte oder ob er gegen beide Bescheide eine Beschwerde erhoben wolle. Das Bundesverwaltungsgericht erteilte den Auftrag, den Mangel binnen zwei Wochen ab Zustellung zu verbessern.
14. Mit Schreiben vom 17.07.2025 brachte der Beschwerdeführer eine verbesserte Beschwerde ein und führte darin aus, dass er gegen OB: 215090653900039 und OB: 15090653900040 Beschwerde erhebe. Darin wiederholte er die in der Stellungnahme vom 14.05.2025 getätigten Ausführungen und ergänzte diese dahingehend, dass er weiterhin in ambulanter Therapiebehandlung im Krankenhaus in XXXX sei und das Medikament Pomalidomid benötige. Der Beschwerde angeschlossen war ein Behandlungsplan der Onkoambulanz.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Antrag auf Neuausstellung eines Behindertenpasses langte am 23.12.2024 bei der belangten Behörde ein.
Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers:
Anamnese:
Ein SVGA aus 3/2024 liegt vor. Ein GdB 60 v. H. sowie die ZE "UZM ÖVM" nach Stammzelloperation wurde befristet anerkannt. Herr XXXX kommt zur geplanten Nachuntersuchung. Aktuelle Befunde wurden vorgelegt (siehe unten).
Anamnese siehe VGA.
Derzeitige Beschwerden:
Starke Müdigkeit, matt, abgeschlagen, laufend Schnupfen, starkes Schwitzen, Kraftlosigkeit, Schifahren gehe nicht mehr, schnell erschöpft, 5 km gehen seien zuviel gewesen. Außerdem zunehmende Vergesslichkeit, orthostatischer Schwindel wird beschrieben. Erhaltungstherapie alle 4 Wochen, XGEVA laufend, Mexalen bei Bedarf.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Laufende Erhaltunstherapie mit Daratumumab/Pomalidomid seit 7/2024 Medikamente lt. Onkoambulanz 4/2025: Amlodipin, Agopton, Calciduran, Valaciclovir, TASS, Oleovit, Xgeva, Folsan, Fortecortin, Imnovid.
Sozialanamnese:
Pension, zuvor selbständig (Getränkeherstellung), wohnt in MFH mit Ehefrau und Mutter, PS 1, Unterstützung durch Ehefrau im Alltag.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
12/2024 Onkoambulanz KH XXXX , Kontrolle: Ergebnis Tumorstatus: keine Beurteilung möglich, BMI: 27, Karnofsky: 90 %, ECOG: 0, Gesundheitszustand: sehr gut, Lebensqualität: sehr gut, Schmerzen: fast keine
Anamnese: klinisch geht es em Pat. gut, er verträgt die Th. sehr gut, keine Infektneigung, k. Fieber, k. Schmerzen, k. Nebenwirkungen, keine PNP
4/2025 Onkoambulanz KH XXXX : Reifes B-Zell-Lymphom, Multiples Myelom IgG-Kappa. Klinisch verträgt der Patient die Therapie gut, immer wieder Schnupfen, aber kein Husten, keine Bronchitis, damit keine vermehrte Infektneigung, keine AP-Symptomatik, keine B- Symptomatik.
Labor: Hb 13,6, Krea 0,94
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
gut
Größe: 182,00 cm Gewicht: 90,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status - Fachstatus:
Caput/Collum: FFP-2-Maske bei Rhinitis, Kopfdrehung nicht eingeschränkt, keine zervikalen LK tastbar
Cor: HT rein und rhythmisch, normofrequent
Pulmo: VA, bds. belüftet, keine RG, Exspirium nicht verlängert, Eupnoe
OE: große Gelenke frei beweglich, Nackengriff bds. möglich, Faustschluss komplett,
Händedruck kräftig, Kraft seitengleich, DMS peripher unauffällig
WS: Skoliose, keine Klopfdolenz, Seitneigung bds. 30°, SIG bds. frei, FBA 20 cm
UE: große Gelenke frei beweglich und ohne akute Entzündungszeichen, Lasegue bds. neg.,
Kraft und MER seitengleich, DMS peripher unauffällig, keine Varikositas, diskrete US-
Ödeme bds., Integuement intakt
Einbeinstand, Fersen- und Zehenballenstand sicher möglich, Romberg sicher
Gesamtmobilität - Gangbild:
Anreise selbständig mit PKW, unnauffälliges, vollschrittiges Gangbild, Treppen problemlos, freies Stehen sicher.
Status Psychicus:
Wach, allseits orientiert, gut kontaktfähig, Ductus zielführend, dysthym
Bei dem Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Multiples Myelom (ED 12/2022), Zustand nach zweimaliger Stammzelltransplantation (zuletzt 12/23) und Immunchemotherapie
Bluthochdruck
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 v. H.
Der Gesamt GdB ergibt sich aus dem Leiden 1. Leiden 2 führt aufgrund zu geringer funktioneller Relevanz zu keiner Erhöhung.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen hinsichtlich der Antragsstellung basieren auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergibt sich aus dem Akt und einer am 09.07.2025 durchgeführten Abfrage im Zentralen Melderegister.
Die Feststellungen zu den Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers gründen sich auf das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 30.04.2025 (vidiert am 05.05.2025), beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 23.04.2025. Darin wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der medizinische Gutachter setzte sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen; die Gesundheitsschädigungen sind nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Insoweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde die Höhe des Gesamtgrades der Behinderung beanstandet, so ist auszuführen, dass unbestritten feststeht, dass der Beschwerdeführer an Funktionseinschränkungen leidet, was nicht zuletzt dadurch belegt ist, dass der medizinische Sachverständige das Leiden 1 mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 % einstufte. Im Vergleich zum Vorgutachten vom März 2024, welches das Leiden 1 mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 % einstufte, da ein Zustand nach zweimaliger Stammzelltransplantation, Immunchemotherapie und weiterer Behandlungsnotwendigkeit vorlagen, hielt der Sachverständige im Sachverständigengutachten vom 30.04.2025 (vidiert am 05.05.2025) fest, dass das Leiden 1 um eine Stufe niedriger beurteilt wird, weil zwischenzeitlich eine Erhaltungstherapie etabliert ist, ein guter Allgemeinzustand vorliegt, keine Anämie mehr vorliegend und die Nierenfunktionsparameter im Normalbereich liegen.
Jene medizinischen Unterlagen, welche der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde vorlegte, beinhalten keine anderen Informationen, als sie der medizinischen Sachverständige bereits in seinem medizinischen Sachverständigengutachten vom vom 30.04.2025 (vidiert am 05.05.2025) berücksichtigte. Dies ist aus dem Grund von Relevanz, weil ärztliche Atteste, die lediglich Schlussfolgerungen enthalten, aber keinen Befund, aus dem diese Schlussfolgerungen nachvollziehbar ableitbar wären, nicht geeignet sind, Bedenken gegen das vollständige und schlüssige Gutachten eines Amtssachverständigen zu erwecken (VwGH 02.05.2001, 95/12/0260; 22.03.1995, 94/12/0245). Sohin sind auch diese medizinischen Befunde nicht geeignet, ein anderes Ergebnis der medizinischen Beurteilung herbeizuführen.
Der Beschwerdeführer ist damit den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen nicht und damit insbesondere auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des oben genannten Sachverständigengutachtens, und wird dieses Sachverständigengutachten in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
„§ 40 (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
…
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41 (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
…
§ 42 (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
…
§ 45 (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
§ 46 Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung beträgt 12 Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.“
Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:
"Behinderung
§ 1 Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Grad der Behinderung
§ 2 (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gesamtgrad der Behinderung
§ 3 (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Grundlage der Einschätzung
§ 4 (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
...“
Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.
Das Leiden 1, das multiple Myelom (ED 12/2022), Zustand nach zweimaliger Stammzelltransplantation (zuletzt 12/23) und Immunchemotherapie, stufte der medizinische Sachverständige richtig im unteren Rahmensatz der Position 10.03.10 der Anlage der EVO mit einem GdB von 50 % bei etablierter Erhaltungstherapie ein.
Das Leiden 2 ist der Bluthochdruck, welches der medizinische Sachverständige richtig unter Heranziehung eines fixen Rahmenwertes der Position 05.01.01 der Anlage der EVO mit einem GdB von 10 % einstufte.
Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung hat bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 der Einschätzungsverordnung, sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN).
Wie oben unter Punkt 2. (Beweiswürdigung) ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 30.04.2025 (vidiert am 05.05.2025), beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 23.04.2025 zu Grunde gelegt.
Die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde vorgebrachten Beschwerdegründe waren nicht geeignet, die durch die medizinische Sachverständige getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Zustandes zu belegen.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v. H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v. H. ein Behindertenpass auszustellen ist, erfüllt. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und insbesondere aus dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, das auf einer persönlichen Untersuchung beruht, das auf alle Einwände und die im Verfahren vorgelegten Atteste der Beschwerdeführerin in fachlicher Hinsicht eingeht, und welchem der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten ist. Der Beschwerdeführer hat keine mündliche Beschwerdeverhandlung beantragt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.