JudikaturBVwG

W265 2306370-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
01. August 2025

Spruch

W265 2306370-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde XXXX geb. XXXX , vertreten durch RA Mag. Bernhard SCHULLER, gegen den gemäß § 45 Abs. 2 in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 09.12.2024, nach Beschwerdevorentscheidung, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer war im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H. und begehrte mit Antrag vom 23.05.2024 die Neufestsetzung seines Grades der Behinderung (GdB) und legte einen Audiometrie Befund vor.

2. Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für HNO ein. In dem eingeholten Aktengutachten vom 26.06.2024 stellte der medizinische Sachverständige beim Beschwerdeführer die Funktionseinschränkung mittel- bis hochgradige Schwerhörigkeit bds, Z3/T4, Position 12.02.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung (EVO), Grad der Behinderung (GdB) 40 v.H., fest.

3. In einem weiteren, von der belangten Behörde eingeholten, Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 16.10.2024 wurde auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers die Funktionseinschränkung Blasenentleerungsstörung, Position 08.01.06, der Anlage der EVO, GdB 20 v.H., festgestellt.

4. In einer daraufhin eingeholten sachverständigen Gesamtbeurteilung einer Fachärztin für Neurologie vom 18.10.2024 wurden beim Beschwerdeführer basierend auf den zuvor eingeholten Sachverständigengutachten die Funktionseinschränkungen mittel- bis hochgradige Schwerhörigkeit bds Z3/T4, Position 12.02.01, der Anlage der EVO, GdB 40 v.H. und Blasenentleerungsstörung, Position 08.01.06, der Anlage der EVO, GdB 20 v.H., sowie ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. festgestellt.

Das führende Leiden 1 werde von Leiden 2 nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken bestehe.

Im Vergleich zum Vorgutachten vom 04/2010 wurde in der Gesamtbeurteilung ausgeführt, dass das Leiden 1 des Vorgutachtens weggefallen sei, da keine fachärztlich-neurologische Betreuung bestehe, sodass ein Leiden, welches nicht behandlungswürdig erscheine, vorliege. Neuaufnahme von Leiden 1 und 2.

5. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 23.10.2024 wurde der Beschwerdeführer über das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens informiert und wurden ihm die eingeholten Gutachten übermittelt sowie die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Erhalt des Schreibens dazu Stellung zu nehmen.

6. Mit Schreiben vom 04.11.2024 brachte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ein und führte darin zusammengefasst aus, dass seine Diagnose „Multiple Sklerose“ in den eingeholten Gutachten nicht berücksichtigt worden sei, auch würde das Leiden – anders als im Gutachten ausgeführt – neurologisch behandelt werden, dahingehende Befunde würde der Beschwerdeführer nachreichen. Weiters wurde vorgebracht, dass die Ausführungen im Gutachten, wonach dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei, falsch seien, da die Wegstrecke zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel in der Wohngegend des Beschwerdeführers weit sei und nicht zu Fuß zurückgelegt werden könnte, man sei jedenfalls auf das Auto angewiesen. Mit der Stellungnahme wurde ein Urologie Befund vom 29.02.2024 vorgelegt.

7. In einer daraufhin eingeholten Stellungnahme einer Fachärztin für Neurologie vom 13.11.2024 wurde ausgeführt, dass der vorgelegte Befund an der getroffenen Einstufung des urologischen Leiden nichts ändern würde, da dieses gemäß der EVO korrekt eingeschätzt und in der Gesamtbeurteilung unter Leiden 2 berücksichtigt worden war. Ein Befund zu MS wurde nicht vorgelegt und bestehe laut den Angaben des Beschwerdeführers keine neurologische Betreuung. Zur vorgebrachten Unzumutbarkeit der Benützung von öffentlichen Verkehrsmittel wurde ausgeführt, dass es auf die Schwere von dauernd bestehenden Gesundheitsschädigungen sowie deren Auswirkungen auf die Benützung der Verkehrsmittel ankomme, andere Umstände, die deren Benützung erschweren können, seien dabei jedoch nicht relevant. Es komme nach neuerlicher Durchsicht zu keiner Änderung der getroffenen Einschätzung.

8. Mit Bescheid vom 18.11.2024 sprach die belangte Behörde aus, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers mit 40% neu festgesetzt werde, da das durchgeführte Begutachtungsverfahren einen GdB von 40 v.H. ergeben habe, sodass eine Änderung des GdB des Beschwerdeführers eingetreten sei.

9. Mit Schreiben vom 20.11.2024 legte der Beschwerdeführer einen Neurologischen Befund vom 13.11.2024 vor.

10. Mit E-Mail vom 24.11.2024 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 18.11.2024 das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin aus, dass der von ihm nachträglich übermittelte Befund, welcher am 20.11.2024 bei der belangten Behörde einlangte, von ihm am 15.11.2024 übermittelt und nicht berücksichtigt worden sei. Der betreffende Befund wurde mit der Beschwerde abermals übermittelt.

11. Die belangte Behörde leitete in der Folge ein Beschwerdevorentscheidungsverfahren ein und holte ein Aktengutachten einer sachverständigen Fachärztin für Neurologie vom 03.12.2024 ein. Basierend auf den Vorgutachten sowie den vorgelegten Befunden wurden beim Beschwerdeführer die Funktionseinschränkungen Multiple Sklerose, Position 04.08.02 der Anlage der EVO, GdB 60% und mittel- bis hochgradige Schwerhörigkeit bds, Z3/T4, Position 12.02.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung (EVO), GdB 40% sowie ein Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H. festgestellt. Das führende Leiden 1 werde von Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da das Vorliegen einer funktionell relevanten Sinnesbeeinträchtigung das Gesamtbild negativ beeinflusse und wurde eine Nachuntersuchung für 11/2026 angeordnet.

12. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 05.12.2024 wurde der Beschwerdeführer über die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sowie über die Ausstellung eines neuen Behindertenpasses mittels Beschwerdevorentscheidung informiert und wurde ihm das eingeholte Gutachten übermittelt.

13. Mit Schreiben vom 09.12.2024 wurde dem Beschwerdeführer ein befristeter Behindertenpass übermittelt.

14. Mit Vorlageantrag vom 23.12.2024 bekämpfte der Beschwerdeführer die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde und brachte zusammengefasst vor, dass dem Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde weder die Fahrpreisermäßigung nach dem BBG gewährt noch die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausgesprochen wurde. Auch rügte der Beschwerdeführer, dass sein alter Behindertenpass ebenfalls einen GdB von 70% auswies, dieser jedoch – anders als der nunmehr ausgestellte neue Behindertenpass – unbefristet gewesen sei. Auch sei in dem von ihm vorgelegten Befund vom 13.11.2024 die Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel bejaht worden. Der Beschwerdeführer leide an MS und entbehre die Befristung seines Behindertenpasses schon aus diesem Grund jeder Grundlage. Der Beschwerdeführer begehre einen unbefristeten Behindertenpass, eine Fahrpreisermäßigung samt Zusatzeintragung im Behindertenpass sowie die Feststellung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Mit dem Vorlageantrag wurde der Neurologie Befund vom 13.11.2024 ein drittes Mal vorgelegt.

15. Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 22.01.2025 vor, wo dieser am 23.01.2025 einlangte.

16. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 27.01.2025 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger ist, und seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung langte am 23.05.2024 bei der belangten Behörde ein.

Der Beschwerdeführer hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland und besitzt einen Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H.

Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers:

Anamnese: Multiple Sklerose; Die letzte Begutachtung erfolgte am 15.04.2010 mit Anerkennung von 70 % GdB Dauerzustand für die Diagnose „Multiple Sklerose";

Derzeitige Beschwerden: Der AW kommt gehend ohne Hilfsmittel in Begleitung der Gattin, sie seien mit dem Auto und öffentlich gekommen. Die Erkrankung sei 1989 diagnostiziert worden. Neurologisch sei er nicht mehr in Betreuung, nur noch beim Hausarzt. Er wäre zuletzt vor ca. 10 Jahren bei der Neurologin Prof. XXXX in Betreuung gewesen. Die linke Seite sei stärker betroffen. Er leide unter einer Taubheit in beiden Fingern, weiters hätte er Gleichgewichtsstörungen beim Gehen. Radfahren funktioniere aber. Auf einem Bein könne er nicht mehr sicher stehen. Er wäre am Freitag von der Rehabilitation in der XXXX zurückgekommen, den Arztbrief hätte er noch nicht zugestellt bekommen. Er erhalte Immunglobuline alle 28 Tage über den Hausarzt (anamnetisch Privigen). Gehbehelfe verwende er nicht. Physiotherapie hätte er während der Rehabilitation gemacht.

Angesucht hätte er wegen der Hörstörung.

Ein urologischer Befund wird vorgelegt. Er hätte einen Blasenschrittmacher (dies nicht befundbelegt). Weiters würde er sich 1-2 x abends katheterisieren. Er trinke zu wenig, auf der Rehabilitation seien überall Gläser gestanden, da wäre die Blasenstörung etwas gebessert gewesen. Im ADL- Bereich sei er selbstständig, beim Zuknöpfen benötige er Hilfe. Es bestehe keine Erwachsenenvertretung, auch kein PG Bezug.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Behandlungen: keine; Medikamente: laut eigenen Angaben: Thyrex, Privigen alle 4 Wochen Hilfsmittel: Brille, Hörgeräte

Sozialanamnese: Verheiratet, wohne mit der Gattin in einem Einfamilienhaus. 2 Kinder. Beruf: vormals Betriebselektriker, in Pension Nik: 0; Alk: ab und zu;

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Tonaudiogramm HNO DR. Schmid 11.6.2024 Rechts: 500 HZ 40 dB, 1000 HZ 45 dB, 2000 HZ 50 dB, 4000 HZ 55 dB // Links: 500 HZ 50 dB, 1000 HZ 45 dB, 2000 HZ 55 dB, 4000 HZ 55 dB Tonaudiogramm HNO DR. Schmid 2.1.2023 Rechts: 500 HZ 45 dB, 1000 HZ 45 dB, 2000 HZ 50 dB, 4000 HZ 55 dB// Links: 500 HZ 35 dB, 1000 HZ 45 dB, 2000 HZ50 dB, 4000 HZ 55 dB;

Vorgelegter Befund Dr. XXXX , FA für Urologie, 29.02.2024, Ordination vom 29.02.2024; Anamnese: Aktuelle Beschwerden: susp. geringe Harnmengen beim Kathetensieren, letzteres problemlos Miktion: spontan möglich Befunde: Sonographie: Blase: gut gefüllt, etwa 250 ml, deutliche Trabekulierung; Harn. Teststreifen: Leuko++++, Ery +++, Prot ++, Nitr. ++ sonst o B - Kultur fec.; Diagnose: Blasenentleerungsstörung, St.p. Harnwegsinfekt (Augmentin); Prozedere: urologische Kontrolle b. Bedarf Therapie: Cefuroxim 500, 2x1 für 1 Woche

Aktengutachten im Rahmen einer BVE; der AW ist mit dem GA vom 11/2024 nicht einverstanden; es wird ein neuer Befund vorgelegt.

Die letzte Gesamtbeurteilung (Neurologie, HNO) erfolgte am 18.10.2024 mit Anerkennung von 40 % GdB Dauerzustand für die Diagnosen „mittel bis hochgradige Schwerhörigkeit bds 40%, Blasenentleerungsstörung 20%".

Vorgelegter Befund: Dr. XXXX , Fachärztin für Neurologie, 31.11.2024

Erstuntersuchung in Begleitung der Gattin. Multiple Sklerose seit etwa 1988 diagnostiziert bei RBN links, war damals fast 3 Wochen stationär im KH XXXX , durchuntersucht inkl. Lumbalpunktion. Erste Symptome seien schon 1978 aufgetreten mit unklarem Schwindel und Benommenheitsgefühl. Später wechselte er zur Neurologin Prof XXXX , hatte in den folgenden Jahren noch mehrere Schübe mit sensomotorischen Defiziten bzw. auch Doppelbildern, ist seit etwa 10 Jahren schubfrei. Die parenterale Schubtherapie erfolgte dann jeweils am EKH mit Steroiden und teilweise auch Endoxan. Initial hatte er eine Langzeittherapie mit Interferonen, wegen Unverträglichkeit in Form massiver grippaler Symptome wurde er dann von Fr. Prof. XXXX umgestellt auf Immunglobuline (Venimmun, Privigen...). Derzeit Intratect 15g alle 28 Tage iv. Die letzten klinischen Kontrollen erfolgten vor Jahren, die jährlichen Kontrollen zwecks Verlängerung der immunmodulatorischen Langzeittherapie erfolgten zuletzt nur mehr telefonisch. 2009 bekam er einen Blasenschrittmacher im SMZ Ost bei anhaltender Restharnbildung.

Seither erfolgte keine MRT-Untersuchung mehr. In den letzten Bildgebungen zeigten sich ausgedehnte supra- und infratentorielle Plaques inkl. Pons, eine Balkenatrophie sowie auch Demyelinisierungen im Bereich der cranialen HWS von C1-C4 reichend. Trotz des Blasenschrittmachers muss er noch mindestens 1x täglich selbst katheterisieren. Urologisch wird er von Dr. XXXX betreut. Wegen einer Presbyakusis trägt er einen Hörapparat. Seine Gehstrecke sei bereits deutlich eingeschränkt, er bleibe mit dem linken Fuß hängen, sei sturzgefährdet. Gehstrecke maximal 300 Meier ohne Hilfsmittel. Die Feinmotorik ist deutlich beeinträchtigt. Er kann sich weder ohne fremde Hilfe das Hörgerät einsetzen noch Knöpfe auf- oder zumachen. Ohne Begleitung lässt ihn die Gattin wegen der Sturzgefahr nicht mehr alleine aus dem Haus gehen. Obstipationsneigung wird mit Dörrpflaumen etc bekämpft, nachts leidet er oft an Beinkrämpfen.

Multiple Sklerose (EDSS 5, ED 1988), Blasenschrittmacher 05/2009 bei neurogener Blasenstörung, intermittierend ISK, Hypothyeose Hashimoto;

Therapie: Immunmodulatorische Langzeittherapie mit Intratect 15g iv alle 28 Tage weiter indiziert, jährliche Neurologische Kontrollen werden empfohlen;

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: Gut; Ernährungszustand: Gut; Größe: 170,00 cm Gewicht: 75,00 kg Blutdruck;

Klinischer Status - Fachstatus:

Neurologischer Status: wach, voll orientiert, kein Meningismus;

Caput: Hörstörung bds, übrige HNI unauffällig.

OE: Rechtshändigkeit, Trophik unauffällig, Tonus Spur rechts erhöht, grobe Kraft proximal und distal 5/5 links, rechts KG 5-, Vorhalteversuch der Arme: unauffällig, Finger-Nase-Versuch: Spur unsicher rechts, MER (RPR, BSR, TSR) seitengleich mittellebhaft auslösbar, Eudiadochokinese beidseits, Pyramidenzeichen negativ.

UE: Trophik unauffällig, Tonus Spur erhöht, grobe Kraft proximal und distal KG 5- rechts, links KG 4-5 prox, Vorfuß KG 4-, Positionsversuch der Beine: Spur Absinken linksbetont, Knie-Hacke-Versuch: links Ataxie, MER (PSR, ASR) links rechts übermittellebhaft auslösbar, Babinski links positiv, Spreizen rechts.

Sensibilität: intakte Angabe; Sprache: unauffällig; Romberg: unsicher; Unterberger: nicht demonstriert; Fersen- und Zehenstand: mit Anhalten möglich; Einbeinspringen rechst 5 , links 1x mit Anhalten

Gesamtmobilität - Gangbild: Mobilitätsstatus: Gangbild: Spur ataktisch mit lateralem Aufsetzen des linken Vorfußes ohne Hilfsmittel, Standvermögen: sicher, prompter Lagewechsel. Führerschein vorhanden;

Status Psychicus: wach, in allen Qualitäten orientiert, Duktus kohärent, Denkziel wird erreicht, Aufmerksamkeit unauffällig, keine kognitiven Defizite, Affekt unauffällig, Stimmungslage ausgeglichen, Antrieb unauffällig, Konzentration normal, keine produktive Symptomatik.

Der Beschwerdeführer hat folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

- Multiple Sklerose

- Mittel bis hochgradige Schwerhörigkeit bds 12.02.01 Z3/T4

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 70 v. H.

Das führende Leiden 1 wird von Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da das Vorliegen einer funktionell relevanten Sinnesbeeinträchtigung das Gesamtbild negativ beeinflusst.

Der Behindertenpass wird befristet bis 11/2026 ausgestellt, da eine Besserung von Leiden 1 durch neurorehabilitative bzw. therapeutische Maßnahmen möglich ist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen, dem Wohnsitz des Beschwerdeführers im Inland und zum Behindertenpass ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Die Feststellungen zu den Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers gründen sich auf das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für HNO vom 25.06.2024 (vidiert am 27.06.2024), basierend auf den im Akt bei der belangten Behörde aufliegenden Unterlagen und Befunden sowie dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Audiometrie Befund, welches schlüssig und nachvollziehbar ist, es weist keine Widersprüche auf. Es wird auf den vorgelegten Audiometrie Befund sowie die Art des Leidens des Beschwerdeführers auf dessen Ausmaß ausführlich eingegangen.

Auch das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin vom 16.10.2024 (vidiert am 18.10.2024), basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 16.10.2024, das eingeholte Gesamtgutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 18.10.2024, sowie das aus Anlass der Beschwerde eingeholte ergänzende Sachverständigengutachten der bereits befassten Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Neurologie vom 03.12.2024 (vidiert am 04.12.2024), basierend auf der Aktenlage, ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wird auf sämtliche vorgelegten medizinischen Befunde und auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers eingegangen.

In den eingeholten Gutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die medizinischen Gutachter*innen setzen sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden sowie mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, den vorgelegten medizinischen Unterlagen und den Akten entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen, die Gesundheitsschädigungen sind nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Jenes Vorbringen, welches der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Beschwerde erstattete, führte dazu, dass seitens der belangten Behörde ein ergänzendes Sachverständigengutachten des bereits befassten Sachverständigen, basierend auf der Aktenlage, eingeholt wurde. Die medizinische Gutachterin setzte sich darin auch umfassend und nachvollziehbar mit dem neuen Befund einer Fachärztin für Neurologie vom 31.11.2024 auseinander, wodurch es im Vergleich zum Vorgutachten vom Oktober 2024 zu einer Neuaufnahme von Leiden 1 kam, wobei das Leiden 2 des Vorgutachten nunmehr im führenden Leiden 1 inkludiert ist. Leiden 2 blieb unverändert. Aufgrund der Neuaufnahme von Leiden 1 stellte die Sachverständige einen befristeten Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 70 % fest.

Insofern der Beschwerdeführer im Vorlageantrag moniert, dass bereits anlässlich der Ausstellung eines nunmehr abgelaufenen Behindertenpasses am 06.11.2029 einerseits die Behinderung ebenfalls mit 70 % festgestellt worden sei, so ist dem entgegen zu halten, dass die von der belangten Behörde beigezogene medizinische Sachverständige eine Fachärztin für Neurologie ist und diese die notwendige Fachkompetenz hat, um die beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen beurteilen zu können und diese nach den strengen Kriterien der Anlage der EVO entsprechend einzuschätzen. Die medizinische Sachverständige hat diese Einschätzung, wie bereits ausführt, richtig nach den Kriterien der EVO vorgenommen. Ein substantiiertes Vorbringen, welches tauglich gewesen wäre, die von der medizinischen Sachverständigen gezogenen Schlüsse zu entkräften, brachte der Beschwerdeführer sohin nicht vor.

Darüber hinaus darf noch darauf hingewiesen werden, dass die im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 03.12.2024 (vidiert am 04.12.2024) festgelegte Nachuntersuchung des Beschwerdeführers im November 2026 diesen keineswegs benachteiligt noch dem führenden Leiden 1 – wie im Vorlageantrag angedeutet – seine Schwere oder Bedeutung für den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers abspricht. Durch die angedachte Nachuntersuchung, und die damit verbundene Befristung des Behindertenpasses, wird viel mehr der zum Untersuchungszeitpunkt nicht abschätzbaren Progression des führenden Leidens 1 entsprechend Rechnung getragen. Eine „Schlechterstellung“ des Beschwerdeführers durch die angedachte Nachuntersuchung sowie die Befristung des ausgestellten Behindertenpasses kann folglich nicht erkannt werden.

Sofern der Beschwerdeführer in seinem Vorlageantrag ausführt, dass im angefochtenen Bescheid die Feststellung der Gewährung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel und die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz fehle, ist festzuhalten, dass im gegenständlichen Verfahren nicht über die Zusatzeintragungen abgesprochen wird, sondern ausschließlich darüber, ob die Voraussetzungen für den beantragten Behindertenpass vorliegen, oder nicht. Diesbezüglich steht dem Beschwerdeführer eine Antragstellung der begehrten Zusatzeintragungen bei der belangten Behörde offen.

Der Beschwerdeführer ist mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen in der Beschwerde bzw. im Vorlageantrag dem auf einer persönlichen Untersuchung basierenden Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 16.10.2024 (vidiert am 18.10.2024), basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 16.10.2024, sowie dem Gutachten eines Facharztes für HNO vom 25.06.2024 (vidiert am 27.06.2025), dem Gesamtgutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 18.10.2024 (vidiert am 21.10.2024) und dem anlässlich der Beschwerde eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 03.12.2024 (vidiert am 04.12.2024), aufgrund der Aktenlage, im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der oben genannten Sachverständigengutachten und werden diese Sachverständigengutachten in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

„§ 40 (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41 (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

§ 42 (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

§ 45 (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46 Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung beträgt 12 Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47 Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

"Behinderung

§ 1 Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2 (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3 (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4 (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen. (2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

...“

Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.

Bei Leiden 1 des Beschwerdeführers handelt es sich um Multiple Sklerose, welche die medizinische Sachverständige richtig im mittleren Rahmensatz der Position 04.08.02 der Anlage der EVO mit einem GdB von 60 % einstufte, da ein spastisch ataktisches Gangbild bei linksbetonter Parese sowie eine Blasenentleerungsstörung (Z.n. Blasenschrittmacher) vorliegt.

Das Leiden 2 des Beschwerdeführers, mittlere bis hochgradige Schwerhörigkeit, schätzte die medizinische Sachverständige richtig unter Heranziehung der Position 12.02.01 der Anlage der EVO am oberen Rahmensatz mit einem GdB von 40 % ein.

Auch wurde die wechselseitige Leidensbeeinflussung und die damit verbundene Erhöhung um eine Stufe seitens der Sachverständigen richtig eingeschätzt.

Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung hat bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 der Einschätzungsverordnung, sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN).

Wie oben unter Punkt 2. (Beweiswürdigung) ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 16.10.2024 (vidiert am 18.10.2024), basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 16.10.2024, sowie das Gutachten eines Facharztes für HNO vom 25.06.2024 (vidiert am 27.06.2025), das Gesamtgutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 18.10.2024 (vidiert am 21.10.2024), das Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 03.12.2024 (vidiert am 04.12.2024) sowie die eingeholten fachärztlichen Stellungnahme vom 13.11.2024 (vidiert am 13.11.2024) zu Grunde gelegt.

Die medizinische Sachverständige stellt in ihrem Sachverständigengutachten vom 03.12.2024 fest, dass das Leiden 1 durch das weitere Leiden erhöht wird, da eine funktionell relevante Sinnesbeeinträchtigung, welche das Gesamtbild negativ beeinflusst, vorliegt, woraus sich ein Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H. ergibt.

Die vom Beschwerdeführer im Rahmen des Vorlageantrages vorgebrachten Beschwerdegründe waren nicht geeignet, die durch die medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Zustandes zu belegen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und insbesondere auf das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das auf einer persönlichen Untersuchung beruht, sowie auf das aufgrund der Beschwerde eingeholte Aktengutachten, worin auf alle Einwände und die im Verfahren vorgelegten Atteste des Beschwerdeführers in fachlicher Hinsicht eingegangen wird, und welchen der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten ist. Beide Parteien haben keinen Verhandlungsantrag gestellt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.